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Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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mich beugte, mit der Messerspitze in die Schnur.
    Ich spannte die Schultern, und die letzten Fasern rissen entzwei. Ich bekam ein Gefühl in der Hand wie von tausend Nadelstichen.
    Nachdem er wieder Platz genommen hatte, fragte Vodalus, ob ich ihm nicht danken wolle.
    »Ihr habt mir auch nicht gedankt, Herr. Ihr habt mir statt dessen eine Münze gegeben. Ich glaube, ich habe irgendwo eine.« Ich kramte in meiner Gürteltasche nach dem Geld, das mir Guasacht ausbezahlt hatte.
    »Behalt deine Münze. Ich hab’ eine viel größere Bitte. Bist du bereit, mir zu sagen, wer du bist?«
    »Dazu bin und war ich stets bereit, Herr. Ich bin Severian, ehemals Geselle der Folterergilde.«
    »Und bist du weiter nichts als ein ehemaliger Geselle dieser Gilde?«
    »Nein.«
    Vodalus seufzte und lächelte, lehnte sich in seinen Stuhl zurück und seufzte abermals. »Mein Diener Hildegrin hat immer behauptet, du seist ein wichtiger Mann. Wenn ich ihn nach dem Grund dafür fragte, war er schnell mit allerlei Mutmaßungen bei der Hand, wovon meines Erachtens keine stichhaltig war. Dachte immer, er wollte sich mit ein klein wenig Spionieren etwas Silber verdienen. Dennoch hat er recht gehabt.«
    »Ich bin nur einmal wichtig gewesen für Euch, Herr.«
    »Jedesmal wenn wir uns treffen, erinnerst du mich daran, daß du mir das Leben gerettet hast. Weißt du, daß Hildegrin dich einmal gerettet hat? Er hat deinem Gegner ›Lauf!‹ zugeschrien, als du dich in der Stadt duelliert hast. Du warst gestürzt, und er hätte dich erstechen können.«
    »Ist Agia hier?« fragte ich. »Sie wird Euch umbringen, wenn sie das hört.«
    »Keiner kann uns hören. Du kannst’s ihr erzählen, wenn du willst. Sie wird dir nie glauben.«
    »Seid Euch dessen nicht so sicher.«
    Er grinste. »Nun gut, ich übergeb’ dich ihr, dann kannst du ja ausprobieren, wer von uns recht hat.«
    »Wie Ihr wollt.«
    Er tat meine Ergebung mit einer eleganten Handbewegung ab. »Du meinst, du kannst mich patt setzen mit deiner Todesbereitschaft. Eigentlich bietest du mir damit einen einfachen Ausweg aus einem Dilemma. Deine Agia kam zu mir mit einem höchst wertvollen Thaumaturgen im Gefolge und verlangte als Preis für seine und ihre Dienste nur, daß du, Severian vom Orden der Wahrheitssucher und Büßer, ihr auszuliefern seist. Nun sagst du, du bist dieser Severian der Folterer und niemand sonst, und ich käme in Verlegenheit, ihrer Forderung nicht nachzukommen.«
    »Und wer wollt Ihr, daß ich wäre?« fragte ich.
    »Ich habe – oder besser gesagt: hatte – einen wirklich exzellenten Diener im Haus Absolut. Du kennst ihn natürlich, denn er ist’s gewesen, dem du meine Botschaft übermittelt hast.« Vodalus hielt inne und lächelte wieder. »Vor etwa einer Woche erhielten wir von ihm eine Meldung. Sie war sicherheitshalber nicht offen an mich gerichtet, doch hatte ich mich kurz zuvor darum gekümmert, daß er unseren Standort kannte, und wir waren nicht weit von ihm entfernt. Weißt du, was er gemeldet hat?« Ich schüttelte den Kopf.
    »Das ist seltsam, weil du zu dem Zeitpunkt bei ihm gewesen sein mußt. Er meldete, er sei in einem abgestürzten Flieger – und der Autarch sei bei ihm in diesem Flieger. Normalerweise wäre es idiotisch gewesen, eine solche Meldung durchzugeben, denn er nannte seinen genauen Standort – und war hinter unsren Linien, wie er gewußt haben mußte.«
    »Dann gehört Ihr also zur ascischen Armee?«
    »Wir erledigen für sie gewisse Erkundungen, ja. Ich sehe, es betrübt dich, daß Agia und der Thaumaturg ein paar ihrer Soldaten getötet haben, um dich zu bekommen. Doch sei unbesorgt, ihre Führer bewerten sie noch niedriger als ich, und Verhandlungen sind nicht möglich gewesen.«
    »Aber sie haben nicht den Autarchen gefangengenommen.« Ich bin kein guter Lügner; freilich war ich so ausgezehrt, daß Vodalus es nicht leicht hatte, mir etwas anzumerken.
    Er beugte sich nach vorne, und seine Augen funkelten, als brennten darin Fackeln. »Er war also dabei. Wie schön. Du hast ihn gesehn. Du bist mit ihm im königlichen Flieger gefahren.«
    Ich nickte wiederum.
    »Weißt du, so lächerlich es auch klingen mag, ich dachte, du seist er. Man kann nie wissen. Ein Autarch stirbt, und der nächste tritt an seine Stelle, und der neue Autarch regiert vielleicht für ein halbes Jahrhundert oder vierzehn Tage. Ihr wart also zu dritt? Nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Wie hat der Autarch ausgesehn? Ich will eine ganz genaue Beschreibung.«
    Ich tat, worum er

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