Die Zuckerbäckerin
die â¦Â«
Melia hob sofort die Hand. »Schon gut, Sonia. Es dauert nicht mehr lange, dann sind wir wieder im Theater. Du kannst so lange die Augen zumachen und ein wenig ruhen. Ich bin dir sehr dankbar für alles, das weiÃt du ja.« Sie legte ihre kalte, weiÃe Hand auf Sonias dunkelgebräunte. Die Haut unter ihren Augen war fast durchsichtig, was die Augen selbst dunkel und riesengroà erscheinen lieÃ. Die Hofschauspielerin war schon eine besondere Schönheit, das muÃte sich Sonia ungern eingestehen. Kein Wunder, daà sie einen geheimnisvollen hohen Herrn zum Liebhaber hattegewinnen können. Auf der anderen Seite hatte dieser Melia in die gleichen Nöte gebracht wie jedes andere Weib auch, frohlockte Sonia. Dann tat sie, als ob sie schliefe, und beobachtete derweil immer wieder aus den Augenwinkeln ihre Fahrtroute. Zuerst konnte sie sich keinen Reim daraus machen, doch dann erkannte sie das trübe Wasser des Neckars, an dessen Ufer die Kutsche plötzlich anhielt.
Mit einem kurzen Blick versicherte Melia sich, daà Sonia schlief. Dann stieg sie aus, wobei sie das messingfarbene Geländer der Kutsche fest mit ihren Händen umklammerte.
Kurze Zeit später hörte Sonia, die miÃmutig im Inneren der Kutsche zurückgeblieben war, daà ein weiteres Gefährt anhielt. Vorsichtig steckte sie ihren Kopf so weit es ging zum Fenster hinaus. Trotzdem konnte sie nicht erkennen, wen Melia hier traf. Während die Hofschauspielerin sich seitlich von Sonia befand, hielt sich der Mann â daà es einer war, davon ging sie aus â hinter der Kutsche auf, so daà Sonia ihn nur von hinten sehen konnte. AuÃer einer dunklen Uniform â oder war es nur ein Anzug? â konnte sie nichts erkennen. Wütend blies sie die angehaltene Luft aus den Backen. Doch dann hielt sie inne. Sein rechter Arm kam in Sicht. Der Mann überreichte Melia einen cremefarbenen Umschlag ⦠und dessen nicht genug! Er hielt auÃerdem ein dunkelblaues Etui in der Hand, das er Melia nun umständlich übergab. Seine gemurmelten Worte konnte sie nicht verstehen, aber Sonia wuÃte: Schmuck! Es war ein Schmuckstück, das Melia dort geschenkt bekam! Sie hatte schon oft genug die leeren, dunkelblauen Samtetuis auf Melias Frisiertisch bewundert. Auf einmal hörte sie Melia laut aufschluchzen. Mit einem Ruck lehnte sich Sonia wieder zurück und schloà die Augen. Im nächsten Augenblick erklomm Melia mühsam die zwei Stufen der Kutsche und lieà sich Sonia gegenüber nieder. Diese stellte sich weiterhinschlafend. Melia starrte aus dem Fenster. »Mon cheri, was tust du mir an?« flüsterte sie der eilig davonfahrenden Kutsche nach. Dann öffnete sie das Etui und zog eine goldene Halskette heraus. Sie war über und über mit roten und weiÃen Steinen besetzt. Kein Juchzen, kein Jubelschrei kam über ihre Lippen, nur ein abgrundtiefes Seufzen. »Juwelen und Edelsteine â ist das der Lohn für meine selbstlose Aufgabe der Frucht unserer Liebe? Oh, mon amour â was tust du mir an!« wiederholte sie und streichelte gedankenverloren über das Schmuckstück. Die roten Steine glitzerten in der Sonne, sie schienen zu glühen, aber im gleichen Augenblick wurde ihr Feuer von dem kalten Glanz der Diamanten abgekühlt. Melia merkte nicht, daà eine kleine, cremefarbene Karte hinunterfiel, dichtbeschrieben mit kleinen Buchstaben.
Sonia verrenkte sich beinahe den Hals, um etwas zu erkennen. Ihr Herz klopfte so laut und fest, daà sie Angst hatte, Melia würde es hören. Endlich wurde ihre Geduld, ihr langes Warten belohnt! Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie auf den Boden, doch mehr als einzelne Wortteile konnte sie auf diese Entfernung nicht entziffern. »â¦Â geliebte Melia, ⦠möchte ich um Verzeihung bitten ⦠in ewiger Liebe und Leidenschaft verbunden ⦠danksagend â¦Â« Und dann entdeckte sie das königliche Wappen und die Unterschrift. Ihr ganzer Körper wurde von einem Zittern erfaÃt. Konnte es wahr sein? Doch, es muÃte wahr sein: Wilhelm der Erste, König von Württemberg, verheiratet mit der ach so wohltätigen, vom ganzen Volk verehrten Russin Katharina, war Melia Feuerwalls Liebhaber! Und Vater ihres soeben beseitigten königlichen Bastards!
Nur mit allergröÃter Anstrengung stellte Sonia sich weiter schlafend. Wenn das Eleonore
Weitere Kostenlose Bücher