Die Zuckerbäckerin
Katharina sich zum wiederholten Male. Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Und zwar das schönste Geschenk, das man sich denken kann!« Sie strahlte. »Glaube dennoch nicht, deine Gattin hätte dich vergessen! Wenn du mein Geschenk erst einmal siehst, weiÃt du auch, warum ich es mit einem Tag Verspätung übergebe.« Sie schickte ein kurzes StoÃgebet zum Himmel, daà die fünfzig arabischenPferde gesund und rechtzeitig auf dem Festplatz ankommen mochten. Der Weiler Stallmeister war zwar ein zuverlässiger Mann, doch allmächtig war er nicht. Um die Ankunft der Pferde vor Wilhelm geheimzuhalten, hatte er diese in den umliegenden Gehöften untergebracht, von wo sie heute allesamt wieder eingesammelt werden muÃten. Und das war ein aufwendiges und schwieriges Unterfangen, da sämtliche StraÃen wegen des Festes überfüllt waren. Wilhelm genoà den Blick nach drauÃen.
»Ist der Cannstatter Festplatz nicht eine sehr gute Wahl gewesen?«
»Die beste«, pflichtete Katharina ihm bei. »Wenn man die Fruchtsäule von hier so gut sehen kann, dann sicherlich auch schon von weit vor den Toren der Stadt!« Die vom Hofbaumeister gänzlich mit Früchten und Ãhren des Feldes geschmückte Säule war so hoch wie ein zweistöckiges Haus, und groÃe Körbe, gefüllt mit bunten Blumen, schmückten ihren hölzernen Sockel.
»Thourets Geistesblitz! Gibt es ein strahlenderes Symbol für dieses Fest als eine erhabene Säule?« Seine Augen wurden unruhig. »Ob wohl alles so verlaufen wird, wie wir es uns ausgedacht haben? Was, wenn zur Viehprämierung kein Bauer vorstellig wird? Was, wenn sich niemand für das ausgestellte Ackergerät interessiert? Oder wenn â¦Â«
Katharina glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Wilhelm und Unsicherheiten? Hätte sie diese Zweifel geäuÃert, nach ihren Erfahrungen mit der unglücklich verlaufenen Eröffnungsfeier der Mädchenschule, wäre das verständlich gewesen. Aber Wilhelm, dessen Beraterstab seit Monaten mit der Planung des ersten landwirtschaftlichen Festes beschäftigt war?
Drei Stunden später war es soweit. Während Wilhelm hoch zu Roà auf den Festplatz einritt, folgte Katharina,eskortiert von der Stadtgarde, in ihrer Kutsche. Nur schwer hatte der königliche Zug sich seinen Weg durch die überfüllte Stadt bahnen können, immer wieder war es zu einem Stillstand gekommen, während Reiter der Stadtgarde für freien Durchgang sorgen muÃten. So viele Besucher in der Stadt â für nur einen Tag! Katharina schalt sich, ihren ursprünglichen Gedanken, das Fest auf mehrere Tage auszudehnen, nicht mit mehr Nachdruck verfolgt zu haben. Doch es war nicht ihre Art, ihrem Gatten in die Amtsgeschäfte zu reden. Sie gab lediglich Anregungen und konnte nur hoffen, daà er sich diese zu eigen machte. In diesem Fall hatte er gesagt, ein mehrtägiges Fest würde die Leute nur unnötig von der Arbeit abhalten und hätte somit den gegenteiligen Effekt als erwünscht.
Unter den Tönen der Königshymne, die von mehreren Musikchören gleichzeitig gespielt wurde, erschallten aus tausend Kehlen Lobesrufe auf das Königspaar. Wohin Katharina auch blickte, überall strahlten ihr freundliche, glückliche Menschen entgegen. Keine mageren Lumpengestalten, keine mutterlosen Bettelkinder säumten mehr den Wegesrand, sondern stolze, zufriedene Menschen. In ihren Augen konnte Katharina vor allem eines lesen: Freude auf die Zukunft, keine Angst vor dem Morgen, sondern Zuversicht. Dieses Fest war wie eine Siegesfeier am Ende eines langen Kampfes, von dem man nicht immer gewuÃt hatte, ob er überhaupt zu gewinnen war. Und doch: Sie hatten den Hunger und das Elend bezwungen und waren nun hier, um das Leben zu feiern.
An der Fruchtsäule hielt die Kutsche an, und Wilhelm öffnete die Tür, um Katharina eigenhändig hinauszugeleiten. Vor ihnen, auf der abgesteckten Rennbahn, wo später als Höhepunkt des Tages das Pferderennen stattfinden sollte, hatten sich die Bauern mit ihren Kühen, Pferden und anderem Vieh aufgestellt. Katharina spürte, wie sich Wilhelm bei ihrem Anblick etwas entspannte.
Nachdem sie hier und da ein paar Worte gewechselt hatten, übernahm einer der Preisrichter das Wort. Mit einem Trompetentusch wurden den Besitzern der jeweils besten Tiere die Geldgeschenke und Gedenkmedaillen verliehen. Kaum einem
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