Die Zuckerbäckerin
fiel auf, daà die Zuschauer nur Augen für das geliebte Königspaar hatten und der Viehprämierung lediglich am Rande ihre Aufmerksamkeit schenkten. SchlieÃlich stand man nicht alle Tage seinem König gegenüber, einem Rindvieh dagegen allemal!
»Schau, da drüben! Der König und die Königin!« Ungeduldig zog Eleonore Johann am Ãrmel. »Jetzt laà uns halt hinübergehen zur Rennbahn, sonst bekommen wir nachher nichts mehr zu sehen!«
»Gleich, gleich«, antwortete Johann und war sofort wieder in sein angeregtes Gespräch mit Martini, dem königlichen Tischdiener, vertieft.
Nachdem Katharina allen Angestellten des Schlosses für den heutigen Tag freigegeben hatte, war es schnell beschlossene Sache gewesen, gemeinsam zum Festplatz nach Cannstatt zu gehen. Für jeden hatte dieses einen anderen Anreiz: Während die Knechte sich nach einem oder zwei ordentlichen Krügen Bier sehnten, erhofften die Küchenmägde sich ein paar Augenblicke mit ihren Auserkorenen. Für fast alle Männer war natürlich das Pferderennen ein wichtiger Anziehungspunkt, genau wie das für den Nachmittag angesetzte Fischerstechen auf dem Neckar. Die Frauen dagegen freuten sich, mit ins Haar gebundenen Bändern in ihren guten Schürzen ein wenig zu flanieren, so wie sie es bei den feinen Damen bewunderten. Das wichtigste jedoch war: einen Blick auf Katharina zu erhaschen, ihre prachtvolle Robe zu bestaunen und ihr kastanienbraunes, glänzendes Haar, welches Niçoise sicherlich wieder in eine besonders kunstvolle Form gebracht hatte.
So sehr sie ihre Arbeit auch liebte, Eleonore freute sich doch, endlich einmal aus der Küche herauszukommen und das zu essen, was andere zubereitet hatten. Und davon gab es genug: Backfische verströmten einen rauchigen Geruch nach frischen Kräutern und Holz. Daneben tropften dicke Bratwürste fettig ins Feuer, welches daraufhin qualmte und pustete. Es gab gebackene Kartoffeln, dazu salzige Gurken aus einem groÃen Holzfaà und dunkles, schaumiges Bier. An einer Ecke bot ein altes Weib gebrannte Mandeln und in roten Zuckerguà getauchte Ãpfel feil, in die ein dünner Holzspieà gebohrt worden war. »Liebesäpfel« wurden sie genannt, und kaum waren Eleonore und Johann auf dem Fest angekommen, hatte er ihr einen dieser Ãpfel gekauft und ihr dabei so tief in die Augen geblickt, daà Eleonore als erste wegschauen muÃte. Ganz davon abgesehen hätte ihr der Sinn viel mehr nach einer Bratwurst gestanden. Doch ein Liebesapfel muÃte es wohl sein.
Und das warâs auch schon gewesen, was er an Aufmerksamkeit zeigte, schoà es Lore wütend durch den Kopf. Wenn doch wenigstens Sophie dabei wäre, dann hätte sie mit ihr den Festplatz erkunden können! Doch die war gleich zu Beginn mit den anderen Mägden davongezogen. Seit Eleonore an Liselotte Hofstätters Stelle Zuckerbäckerin geworden war, hatte Sophie sich seltsam von ihr entfernt. Unbeschwerte Gespräche und fröhliches Gekicher kamen zwischen ihnen nur noch ganz selten vor, und auch nur dann, wenn keine der anderen Mägde in der Nähe waren. Ansonsten zog Sophie deren Gesellschaft vor. So sehr Eleonore dies auch bedauerte, konnte sie doch nichts dagegen tun. Dafür versuchte nun Ludovika, die alte Köchin, immer öfter, mit Eleonore ins Gespräch zu kommen, doch dazu hatte sie keine Lust. Lieber würde sie stumm dasitzen wie ein Fisch, statt mit dem boshaften alten Weib über alle anderen Küchenangestellte zu hetzen â vielen Dank!
Seit Sonia im Theater untergebracht war, lieà auch sie nichts mehr von sich hören, sonst hätte Eleonore mit ihr über den Festplatz schlendern können. Doch wahrscheinlich wäre Sonia hier durch ihre flinken Hände oder ihr freches Mundwerk sowieso nur in Schwierigkeiten geraten.
Sie machte einen erneuten Versuch, Johann von seinem Zechkumpan wegzubekommen, allerdings ohne Erfolg. Gerade hatte er lachend seinen Kopf in den Nacken geworfen â wahrscheinlich hatte Martini einen seiner trockenen Scherze gemacht. Genug! Mit einem Ruck stand Eleonore auf. Sollten sich die Leute doch das Maul über sie zerreiÃen, das war ihr heute egal. Sie hatte nicht vor, ihren ersten freien Tag nach langer Zeit damit zu verbringen, Johann beim Biertrinken zuzuschauen! Bevor sie der Mut wieder verlieÃ, überquerte sie mit eingezogenem Kopf die für den Abend
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