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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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gut?« Sonia, im Kostüm einer arabischen Haremsdame, trat mit besorgter Miene auf sie zu. Vertraulich legte sie ihren Arm auf Melias. Sie zuckte, als habe ein glühendes Eisen sie berührt. »Du wirst doch nicht krank werden, so kurz vor dem großen Tag?« fragte Sonia mit zuckersüßer Stimme.
    Melia spürte die Blicke in ihrem Rücken, die Gespräche der anderen wurden leiser. Keiner wollte auch nur den Hauch eines Skandals verpassen. Die so plötzlich erwachte Freundschaft zwischen der Hofschauspielerin und der Putzmagd war schon seltsam genug. Daß Sonia zur gleichen Zeit allerdings auch noch zur Schauspielerin aufgestiegen war, erfüllte einige mit kuriosem Staunen, die meisten aber mit Neid.
    Â»Nein, nein, es geht schon. Ich gehe lediglich im Geiste schon die nächsten Szenen durch«, antwortete Melia ebenso süßlich. Gönnerhaft tätschelte sie Sonias Hand, währendihre Augen eisige Pfeile mit kaltem Gift abschössen. »Und es wäre besser, wenn auch du dich mit deinem Auftritt befassen würdest«, fügte sie in Anspielung auf Sonias dreimal verpatzten Abgang hinzu.
    Es war nur eine geringfügige Rolle, bei der Sonia nicht ein Wort zu sprechen brauchte: Zusammen mit fünf anderen Frauen mußte sie während einer Wüstenszene über die Bühne huschen, in ein Haremsgewand gekleidet. Dabei war sie bisher jedoch jedes Mal zu langsam gewesen und hatte sich noch auf der Bühne befunden, als alle anderen schon hinter dem letzten Vorhang verschwunden waren. Melia war sich sicher: Wäre das Kostüm nicht so aufwendig gewesen – über und über mit goldenen Perlchen und silbernen Kugeln besetzt –, hätte Sonia sich mit dieser Nebenrolle nicht zufriedengegeben. So wie sie sich auch mit anderen Dingen nicht zufriedengab.
    Â»Du hast ja recht, Melia.« Als wäre ihr der unprofessionelle Auftritt peinlich, schlug Sonia die Augen zu Boden. »Es ist nur so …«, flüsterte sie mit verzweifelter Stimme, »daß mich andere Dinge beschäftigen. Geschehnisse, die mich nicht mehr richtig zur Ruhe kommen lassen …«
    Elendige Schlange! Was wollte sie dieses Mal? Noch mehr Geld? Eines von Melias Kleidern? Eine bessere Kammer? Nein, die hatte sie seit letzter Woche schon. Melia spürte, daß ihre Backenzähne aufeinander mahlten wie Mühlenräder. Wie hatte sie es nur so weit kommen lassen können? Sie, die Grande Dame des Stuttgarter Theaters, in der Hand einer dahergelaufenen Schlampe! Aber was war ihr schon anderes übrig geblieben, als Schweigegeld zu zahlen? Schweigegeld – Melia grauste es. Ja, es war an der Zeit, die Dinge beim Namen zu nennen! Keinem konnte daran gelegen sein, daß ihre Affaire d’amour ans Licht des Tages kam, so sehr sie die Heimlichkeiten manchmal haßte, ihr nicht und ihrem Geliebten schon gar nicht. Wie oft hatteMelia schon den Tag verflucht, an dem sie Sonia ihr Vertrauen geschenkt hatte! Hätte sie sich doch selbst um die Lösung ihres Problems gekümmert, statt sich heulend in die Arme einer Dienstbotin zu werfen! Daß Sonia zudem die Identität von Melias Geliebten aufgedeckt hatte – wie schrecklich! Ein jammervoller Seufzer entfloh Melias Kehle. Womit hatte sie das verdient!
    Wilhelm konnte sie damit nicht belästigen. Wenn er zu ihr kam, wollte er weder Probleme wälzen noch sich welche anhören. Natürlich hatte sie dafür Verständnis. Andererseits: Wem konnte sie sich anvertrauen? Die traurige Wahrheit war, daß es niemanden gab. Sie war Sonias Forderungen mit Haut und Haaren ausgeliefert. Noch reichten ihre Gelder aus, um deren Wünsche zu erfüllen. Doch Melia ahnte, daß es bald mit Geld nicht mehr getan sein würde. Der Anfang war schließlich schon gemacht: Eine Rolle im neuen Stück sollte es sein. Mit zusammengebissenen Zähnen war Melia zum neuen Hofkapellmeister gegangen und hatte für sie vorgesprochen. Noch heute könnte sie im Erdboden versinken, wenn sie sich an seinen fragenden Blick erinnerte! Natürlich war Melia ihr berühmter Ruf vorausgeeilt, und Lindpaintner hatte ihre Bitte deshalb umgehend erfüllt. Nochmals würde sie so etwas jedoch nicht tun, das hatte sie sich geschworen! Vor allem jetzt, nachdem Sonia sich als völlig unfähig erwies, auch nur einen gelungenen Schritt auf der Bühne zu tun! Nur – was würde als nächstes

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