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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sie sich noch einmal zu Sonia um, die gelangweilt vom Spiegel herüberstarrte. »Glaub ja nicht, daß du mit deiner billigen Erpressung durchkommst«, zischte sie. »Ich kenne eine Menge einflußreicher Leute, die es gar nicht schätzen würden, zu wissen, daß ein dahergelaufenes Biest ihre hochverehrte Hofschauspielerin erpreßt … Deshalb hier und jetzt ein letzter Rat von mir: Wenn du nicht augenblicklich mit deinen Drohungen aufhörst, dann gnade dir Gott!«
    Mit einem Donnerschlag ließ sie die Tür hinter sich zuknallen. Dann atmete sie erst einmal durch. Leere Worte, sicherlich. Nie und nimmer hätte sie sich einem Mitglied der feinen Gesellschaft anvertraut! Aber nach diesem großen Abgang konnte Sonia wenigstens nicht ahnen, wie erbärmlich es in Melia aussah, wie sehr sie wegen Sonias Drohungen zitterte.
    Melia legte sich mit allen Kleidern auf ihr seidenes Bett. Stunde um Stunde verging. Das Öl in der kleinen Lampe auf dem Tischchen brannte bis zum letzten Tropfen nieder, und mit einem letzten Flackern wurde es dunkel im Zimmer. Ohne sich darum zu kümmern, blieb Melia liegen und starrte Löcher in die stuckverzierte Decke. Dunkelheit kam in ihr Leben gekrochen. Dunkelheit, die Angst einflößte. Dunkelheit, die wie ein Schatten jedes Licht aus ihrem Leben vertrieb.
    Mitternacht war längst vorbei, als Melia einen Entschluß faßte.
    Sie würde sich dieses Schattens entledigen. War es im Guten, mit ein wenig Einschüchterung, nicht gelungen, so mußte sie zu anderen Mitteln greifen. Sie mußte sich etwas einfallen lassen … Und bei Gott, es würde ihr etwas einfallen!

34
    T iefer Schnee verdammte das Dorf seit Wochen zur Untätigkeit. Kaum tat Leonard einen Schritt nach draußen, schmerzten seine Augen: Die weiße Unendlichkeit warf das Sonnenlicht zurück, machte es doppelt grell. Doch alles war besser als der ewige Nebel des Herbstes, versuchte Leonard sich zu trösten, als er mit zusammengekniffenen Augen durch den tiefen Schnee stapfte. Natürlich bemühten sich die Bewohner von Carlsthal, dem Schnee Herr zu werden. Mit Besen und Schaufeln, Ackergerät und Schippen – allesamt bei Leonard gekauft – wurde tagtäglich die Straße von den weißen Bergen geräumt.
    Mit der rechten Hand wischte sich Leonard den Schweiß aus der Stirn, während er mit der linken die Tasche mit der schweren Last schulterte. Fünf Flaschen Wodka, jede davon in ein Stück Leinen gepackt, waren darin verstaut. Wie jeden Freitag wollte er sie zu Doktor Gschwend bringen und im Tausch dafür ein kleines Fläschchen mit dem weißen Pulver bekommen. Opium, ohne das Barbara nicht mehr leben konnte. Gift gegen Gift.
    Bei dem Gedanken an sie wurden seine Schritte unwillkürlich schneller. Es war ihm nicht wohl, Lea mit Barbara allein zu Hause zu wissen. Beim Weggehen hatte er sich zwar vergewissert, daß die Kleine tief und fest in ihrer Krippe schlief und daß auch Barbara unter dicken Federdecken vor sich hin döste. Was aber wäre, wenn Lea aufwachte?Wie würde Barbara reagieren? Josef würde ihr keine Hilfe sein, wie immer. Den lieben langen Tag saß er am Tisch und schnitzte mit einem Messer, das er von Leonji bekommen hatte, seltsame Muster ins Brennholz. Hätte er doch Grete oder Martha herübergeholt, schalt Leonard sich jetzt. Andererseits brauchte er nicht länger als eine halbe Stunde für seine Besorgung, was konnte da schon passieren? Die beiden Nachbarinnen sprangen schon oft genug ein, wenn es galt, Lea zu beaufsichtigen und nebenbei auch noch ein Auge auf Barbara zu haben. An normalen Arbeitstagen, wenn er von morgens bis abends im Laden hinter der Verkaufstheke stand, war er selbst für seine Familie da. Dann stand Leas Krippe neben ihm am Fenster, durch das die Wintersonne fiel und ihr Gesicht wärmte. Zwischendurch hastete er immer wieder kurz in die hinteren Räume, um nach Barbara zu schauen. Meistens schlief sie, doch manchmal lachte sie vor sich hin oder erzählte unendlich lange Geschichten, die niemand verstand. Mittags brachte Grete oft ein warmes Mahl herüber. Einen Teil davon zerdrückte Leonard zu einem weichen Brei, mit dem er Lea fütterte, die alles manierlich und ohne Widerspruch verzehrte. Erst wenn sie mit sattem, rundem Bäuchlein wieder in ihrer Krippe lag, teilte er den Rest in zwei Teller auf, holte Barbara an den Küchentisch

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