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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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jedermanns Sache.
    Auf der kleinen Porzellanuhr neben ihrem Bett war es fast sechs Uhr morgens. Sie fühlte, daß der Schlaf jetzt bereitwillig zu ihr kommen würde, doch genau dies konnte sie nicht zulassen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Niçoise mit ihrem Frühstück vor der Tür stand. Und kurz danach würde die Kinderfrau mit der kleinen Marie kommen. Der Gedanke an ihre erste Tochter ließ Katharinas ermüdete Gesichtszüge weich werden. Mit einem Ruck setzte sie sich auf. Der Tag, der vor ihr lag, würde lang werden, und da konnte es nicht schaden, ihn so früh wie möglich zu beginnen.
    Nachdem sie den Brief an ihre Mutter verschlossen undversiegelt hatte, ging sie zum Fenster. Wie schön, sich wieder ohne den enormen Leibumfang der letzten Wochen bewegen zu können! Die kalte und feuchte Luft tief in ihre Lungen einsaugend, blickte sie über die langsam erwachende Stadt. Wie Glühwürmchen leuchteten die Straßenlaternen die einzelnen Gassen und Wege aus und erzeugten eine trügerische Wärme. Vom Schloßhof drangen die ersten Küchengeräusche zu ihr herauf. Jemand ließ scheppernd einen Eimer zu Boden fallen, doch sonst war es noch still. Frühaufsteher wie Katharina waren selten am Stuttgarter Hof, selbst Wilhelm ließ sich in den Wintermonaten vor acht Uhr morgens nicht blicken. Doch Katharina schätzte die frühen Morgenstunden, die sonst niemand haben wollte.
    Sie lächelte. Wie schnell hatte sie sich hier in Stuttgart eingelebt! Sie empfand weder Fremdheit noch Einsamkeit. Selbst hier, im Stuttgarter Schloß, fühlte sie sich zu ihrem eigenen Erstaunen wohl und geborgen. Nur wenige Tage nach Friedrichs Tod hatte Wilhelm darauf bestanden, das kleine Bellevue mit dem gesamten Hofstaat auf unbestimmte Zeit zu verlassen und statt dessen mitten in der Stadt zu residieren. In der Stadt, die Katharina so zu lieben gelernt hatte. Vielleicht lag es daran, daß ihre Mutter ihr und den Geschwistern von klein auf Geschichten aus der Heimat erzählt hatte. So hatte Katharina schon bevor sie nach Württemberg kam, das Gefühl gehabt, Land und Leute zu kennen.
    Wie sehr sie Maria Feodorowna vermißte! Immerhin fühlte Katharina die Kraft und innere Stärke ihrer Mutter in sich, die davon herrührt, daß sich ein Mensch von Eitelkeiten freispricht. Wie sehr sie dagegen Petersburg mit seiner eingebildeten, einfältigen und oberflächlichen Gesellschaft haßte! Pitta, wie es im affektierten Ton seiner Bewohner genannt wurde – als handele es sich um ein kleines, mit Juwelen behängtes Schoßhündchen. Nein, dorthin zog sienichts mehr. Spätestens im nächsten Frühjahr, wenn die Straßen wieder passierbar waren, würde sie ihre Mutter und vielleicht auch Alexander bitten, Stuttgart einen Besuch abzustatten.
    Wenn sie weiterhin so untätig herumsaß, würde sie bis dahin nicht viel Rühmliches vorzuweisen haben, schalt sie sich und schloß mit einem Ruck das Fenster. Auf dem Weg in ihr Arbeitszimmer stattete sie der kleinen Marie einen kurzen Besuch ab. Die kleine Prinzessin war in einem anderen Flügel des Schlößchens zusammen mit Milena untergebracht. Obwohl sich Katharina nach ihrer eigenen, oft einsam verbrachten Kindheit geschworen hatte, selbst mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, zwang sie sich nach einer knappen Viertelstunde, Maries Wiege den Rücken zu kehren. Bei Milena war sie in den besten Händen, das wußte sie. Trotzdem hatte sie ein schlechtes Gewissen, als sie sich gegen acht Uhr morgens in ihr Arbeitszimmer begab, ohne ihre beiden Söhne auch nur kurz gesehen zu haben.
    Und dazu sollte sie auch den ganzen Tag über nicht kommen. Die Debatte mit ihren drei engsten Beratern über den von ihr geplanten Wohltätigkeitsverein dauerte bis in den späten Nachmittag hinein und wurde lediglich von einem kurzen Mittagsmahl unterbrochen. Doch als Katharina schließlich die Tür ihres Arbeitszimmers hinter sich zuzog, tat sie dies mit einem Gefühl seltener Zufriedenheit. Zugegeben, ihren ursprünglichen Plan, den Wohltätigkeitsverein ausschließlich mit Damen der Gesellschaft betreiben zu wollen, hatte sie fallenlassen müssen. Aber insgeheim hatte sie von Anfang an damit gerechnet, daß weder der Stuttgarter Verleger von Cotta, noch Bankier Rapp oder Geheimrat von Hartmann Gefallen daran finden würden … Für die Aufgaben

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