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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Eleonores Herkunft egal. »Leonard und Eleonore« – hatte das nicht einen süßeren Geschmack als Lilis Zuckerbrezeln? Er verspürte ein wildes Pochen im Hals.
    Gerade in dem Augenblick, als sein Herz weit offen und verletzlich war, fiel ihm der Brief seines Bruders ein, den er schon dutzende Male gelesen hatte und bei sich in der Hosentasche trug. Seine Lippen bebten, und er spürte, wie sich eine kalte Wand zwischen Eleonore und ihn schob. Es ging nicht! Er konnte, nein, er durfte sein Herz nichtverlieren! Weder sein Herz noch seinen Verstand! Nicht jetzt, wo er beides so dringend brauchte … Und vor allem – nicht hier.
    Eleonore, die nichts von Leonards inneren Kämpfen ahnte und mit weichen Knien und verwirrtem Herzen vor ihm stand, schaute hoch. Sie registrierte jede Regung in seinem Gesicht, war versucht, jede noch so kleinste Falte auf seiner Stirn glattzustreichen. Doch traute sie sich nicht. Statt dessen legte sie unbeholfen eine Hand auf seinen Arm und drückte ihn sanft.
    Es war diese kleine Geste, die Leonard am meisten zu schaffen machte. Die eisige Wand der Entscheidung, die vor ihm stand, wurde wie von Geisterhand weggeschoben – und mit ihr alle nüchternen Überlegungen seine Zukunft betreffend. Er verspürte nur noch den blanken Schmerz der Liebe. Hilflos empfand er, wie sich sein Herz von ihm verabschiedete und sich zu Eleonores Füßen legte. Und er wußte, daß ihm seine Entscheidung nun um ein Vielfaches schwerer fallen würde.
    Während um sie herum Dutzende von Küchenangestellten hin und her rannten – nicht ohne die beiden für ihre Untätigkeit böse zu beschimpfen –, spürte auch Eleonore, daß etwas mit ihr geschah. Doch genau wie Leonard bäumte sie sich innerlich gegen die aufkeimenden Gefühle auf. Sie machten ihr angst. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Sie empfand diese starken Gefühle für einen beinahe Fremden! Sicher, auf der Wanderschaft hatte es den einen oder anderen Burschen gegeben, der ihr schöne Augen machte und dem gegenüber auch sie sich nicht völlig abweisend gezeigt hatte. Doch mehr als eine heftige Umarmung oder einige leidenschaftliche Küsse waren nie draus geworden. Mit Leonhard war das anders, das spürte und ängstigte sie. Trotzdem schaffte sie es nicht, ihre Hand von Leonards Arm zu nehmen und wegzugehen. Wie angewurzelt stand sie da und schaute ihn an.
    Â»Heut nacht«, flüsterte er heiser. »Laß uns heute nacht zusammenkommen. Nach der Arbeit, im Holzschober.«
    Eleonore nickte beklommen.
    Keiner von beiden bemerkte Sonia. Minutenlang hatte sie wie zur Salzsäule erstarrt im Türrahmen gestanden. Mit steifen Gliedern ging sie nun auf ihre Schwester und den Rothaarigen zu. Erst als sie unmittelbar neben ihnen stand, spürte Eleonore ihre Gegenwart und drehte sich um. Und erschrak.
    Es waren Sonias Augen. Deren übliche braune Farbe hatte sich in ein hartes Grau verwandelt. Kalte, schmerzende Blitze zuckten unaufhörlich darin hin und her, und Eleonore hatte das Gefühl, als würde Sonia innerlich vor Haß verbrennen.
    Â»Wo steckst du denn? Ich suche dich schon überall! Die Königin hat uns beide rufen lassen! Wir sollen sofort zu ihr kommen!« Mit einem harschen Kopfnicken deutete Sonia auf Katharinas Hofdame, die mit unbeweglicher Miene mitten im Treiben der Küche stand.
    Eleonore zwang sich, ihren Blick von Sonia abzuwenden. Erst jetzt begann sie, das Gehörte zu verstehen. »Die Königin will uns sehen? Das hat nichts Gutes zu bedeuten …« Mit aller Kraft versuchte sie, ihre Stimme alltäglich klingen zu lassen, statt dessen hörte sie sich in ihren Ohren hohl und blechern an. Unter Sonias Blick hatte sie plötzlich das Gefühl, Leonard schützen zu müssen. Mit einem dumpfen, angstvollen Pochen im Kopf folgte sie Sonia und der Hofdame, die mit hastigen Schritten der heißen Küche und ihren vielen Gerüchen entfloh.
    Â»Was ist?« »Was wollen’s von den beiden Schwestern?«
    Â»Die Königin verlangt nach den beiden?«
    Leonard hörte die Fragen und die Aufregung um sich herum, doch konnte auch er nicht mehr Licht in die seltsame Angelegenheit bringen. Es war in der Tat höchstungewöhnlich, eigentlich war es noch nie vorgekommen, daß die Königin einen der Küchenangestellten direkt zu sprechen wünschte. Und dann ausgerechnet die beiden

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