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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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des Wohltätigkeitsvereins sei es vor allem wichtig, hatten sie angeführt, daß kräftig Spendengelder flössen – und dazu durfte man die Herren der Gesellschaft nichtunnötig brüskieren. Katharina zuckte mit den Schultern, was hätte sie diesem Argument entgegensetzen sollen? Nur ein Dummkopf war für gute Ratschläge taub. Sie würde auch so beweisen können, daß Frauen sehr wohl zu Höherem in der Lage waren, als den Tag mit Feinstickereien und Kaffeekränzchen zu verbringen. Außerdem: In allen anderen Punkten waren sie sich rasch einig geworden. Sie würde die Schirmherrschaft über den Verein haben, sein Stammsitz hier in Stuttgart sein, und es würde zwölf Unterorganisationen geben, verteilt auf die einzelnen Landvogteien. Trotzdem hielt das Gefühl der Zufriedenheit nicht lange an, im Gegenteil. Den ganzen Abend über wurde Katharina von nagenden Zweifeln geplagt. Es hing so viel davon ab, daß sie die richtigen Entscheidungen traf!
    Doch woher sollte sie immer und bei allem wissen, was richtig und was falsch war? Sicher, sie hatte gute Berater, und sie vertraute deren Urteil in den meisten Fällen. Auf der anderen Seite: Was wußten von Cotta, der Geheimrat von Hartmann oder gar der Bankier Rapp von bitterster Armut? Was wußten diese Männer davon, wie es in der Seele der Ärmsten aussah? Welche Bedürfnisse am dringlichsten gestillt werden mußten, außer der puren Nahrungsaufnahme? Nachdem Katharina sich vorgenommen hatte, die schon hie und da existierenden Hilfsmaßnahmen der Kirchen und einzelner wohltätiger Adeliger in einem zentral geführten Verein zusammenzufassen, wollte sie keinen Fehler begehen. Die Organisation war dabei das kleinere Problem, ging es ihr zum wiederholten Male durch den Kopf, während sie sich für das Abendmahl mit dem König umkleidete. Dafür zu sorgen, daß die Lebensmittel und Gelder nicht in trüben Kanälen versickerten, sondern wirklich das ausgedörrte Feld befruchteten, war mit straffer Überwachung zu gewährleisten. Doch was kam danach? Was würde sein, wenn Alexanders Getreidelieferungenaufgebraucht, der gute Wille des Königs und ihre eigenen Gelder erschöpft waren und die Hungersnot immer noch andauerte?

6
    L eonard, wir brauchen mehr Holz!« – »Leonard, wo bleibt die Kohle?« – »Leonard, der Ofen in der Hauptküche geht aus!«
    Mit hochrotem Kopf rannte Leonard zwischen den einzelnen Küchenabteilen hin und her, trieb die für den heutigen Tag zusätzlich bestellten Holzträger zu schnellerem Laufen an und half selbst aus, wo Not am Manne war. Und das war heuer fast überall der Fall: Der große Ofen der Hauptküche, auf dem schon längst die zwanzig Schmortöpfe für das Festdiner simmern sollten, hatte sich gerade den Jahreswechsel dazu ausgesucht, seinen Geist aufzugeben. Erst nach einer geschlagenen Stunde konnte Leonard die Ursache – eine verklemmte Klappe in der Abzugshaube – finden, doch bis es soweit war, drohte Johann vor Ärger überzuschnappen. Kaum war der große Ofen wieder in Gang, hörte er Lili kreischen: »Leonard, was ist das für ein Holz? Schau dir das an, alles ist verrußt von dem elenden Zeugs! Alles schwarz! Die Küche und meine Kuchen gleich mit dazu!« Tatsächlich lag neben ihrem Ofen ein ganzer Stapel feuchtes Holz aufgetürmt. Nachdem er einen der Holzträger angewiesen hatte, der Zuckerbäckerin trockenes Holz zu bringen und das feuchte wieder zurückzutragen, hielt er für einen Augenblick inne. Seine dichten, roten Haare klebten verschwitzt auf der Kopfhaut und juckten fürchterlich. Am liebsten wäre er nach draußen gegangen undhätte seinen Kopf unter den kalten Strahl der Wasserpumpe gehalten, doch die Gefahr, sich dabei zu erkälten, war einfach zu groß. Jetzt krank zu werden – das würde ihm gerade noch fehlen! Wo es so viel zu tun gab! Er schnaufte tief durch, streifte sich mit beiden Händen durch die roten Haarstoppeln und wollte sich wieder an die Arbeit machen, als er hinter sich eine leise Stimme hörte.
    Â»Ist alles in Ordnung? Kann ich dir helfen?«
    Er drehte sich um und sah direkt in Eleonores dunkelbraune Augen. Tief drinnen in seinem Bauch machte etwas einen kleinen Sprung. »Ja, ja, alles ist in Ordnung. Soweit dies an einem solchen Tag überhaupt möglich sein kann.« Er

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