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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Räuberinnen? Nicht einmal Johann, der Hauptkoch, wurde zu ihr zitiert, um eine Menüfolge oder ein Festmahl zu besprechen. Das war die Aufgabe des Hofzeremonienmeisters, der die Wünsche der Königin oder des Königs in Form eines täglichen Speiseplanes an Johann weitergab. Zutiefst beunruhigt blickte Leonard den beiden Frauen nach. Dann aber schüttelte er sich wie ein nasser Hund, der sich von einem kalten Regenguß befreien will. Daß die Königin nach Eleonore und Sonia verlangte, war zwar ungewöhnlich und wert, sich darüber Gedanken zu machen. Andererseits war es nichts im Vergleich zu dem inneren Aufruhr, wie er ihn derzeit erlebte. Nein, das wilde Durcheinander, das seine Muskeln verkrampfen und sein Herz bis zum Hals hochschlagen ließ, hatte andere Gründe, und die brauchte ihm niemand zu sagen. Er stöhnte. Wäre er ein schwächerer Mensch gewesen, so hätte er mit seinem Schicksal gehadert, hätte Gott und die Welt beschuldigt, ihm gerade jetzt, wo er den Weg in sein zukünftiges Glück zu kennen glaubte, eine solche Ablenkung zu präsentieren. Doch Leonard tat nichts dergleichen. Wie weggeblasen waren die wilden, aufschäumenden Gefühle, die ihm zuvor die Worte verschlagen hatten. Während er immer wieder den gleichen Weg zwischen Holzschober und Küche zurücklegte, Ladung um Ladung Brennholz herbeischleppte, arbeitete sein Kopf unablässig. Mit derselben Bestimmtheit, mit der er vor sechs Jahren eine Bestandsaufnahme seines Lebens gemacht und daraufhin den Hof seines Bruders verlassen hatte, zwang er sich auch jetzt, sämtliche Möglichkeiten in seinem Kopf durchzuspielen. Viele waren es nicht. Doch dann kam ihm ein Gedanke, der so ungeheuerlich war, so wagemutig und gleichzeitig so einleuchtend, daß er vor Erregungurplötzlich stehenblieb. Er hörte weder das Fluchen von Martini, dem Tischdiener, der samt einem Tablett heißer Speisen fast auf ihn gerannt wäre, noch reagierte er auf die groben Witze seiner Kameraden. Er wußte nur eines: Gleich am nächsten Tag würde er Erkundigungen einholen, um zu prüfen, ob seine Pläne durchführbar waren. Ha, wie würde sein Bruder schauen, wenn er schon eine Braut mitbrächte! Und dann, wenn seinen Plänen wirklich nichts mehr im Wege stand, würde er Eleonore fragen! Doch zuvor, oder besser gesagt, heute nacht wollte er sie erst einmal in seine Arme schließen wie noch keine vor ihr.
    Kaum hatte sich die schwere Eichentür des Küchentraktes hinter den beiden Schwestern geschlossen, wurden sie von einer samtigen Stille eingehüllt, in der das blecherne Scheppern von Sonias Armreifen laut und aufdringlich klang. Während sie lange Treppen hinaufstiegen, wechselten die beiden Schwestern kein Wort. Auch Fräulein von Baur, die Vertraute der Königin, sagte nichts, sondern führte sie unter stummer Mißbilligung weiter. Mit jeder ihrer Bewegungen entfaltete sich ein lieblicher Duft nach frischen Maiglöckchen, der Eleonore den eigenen Körpergeruch nach Schweiß, Fisch und grünen Kräutern unangenehm bewußt werden ließ. Kein Wunder, daß die feine Dame mit schnellen Schritten den Abstand zwischen sich und den beiden Schwestern zu vergrößern suchte. Verstohlen rieb sich Eleonore mit der flachen Hand den Schweiß von der Stirn und wischte dann beide Hände heftig an ihrem Rock ab. Hätte sie sich nur gestern abend nicht geziert und sich im kalten Wasserstrahl des Brunnens gewaschen! Statt dessen war sie vor lauter Müdigkeit wieder einmal unmittelbar nach dem Abendbrot auf ihr Bettlager gefallen und eingeschlafen.
    Die Pracht der langen Korridore ließ sie immer langsamerwerden, bis sie Sonias spitzen Fuß in der Wade zu spüren bekam. In jedem Geschoß herrschte eine bestimmte Farbe vor: Auf der unteren Ebene war es ein zartes Gelb gewesen, das Wände, Leuchter und Lampen schmückte. Im ersten Stockwerk, wo laut Niçoise der große und der kleine Speisesaal lagen, waren die Wand- und Fensterbehänge in einem rauchigen Taubenblau gehalten. Schwere, silberne Kerzenhalter schmückten die Wände, und über kleinen Tischen hingen silbergerahmte Spiegel.
    Schließlich, im obersten Stockwerk, wo sich wohl die herrschaftlichen Räume befanden, war alles in ein Rot getaucht, das Eleonore an überreife Erdbeeren erinnerte. Erdbeeren, über die Lili dicke Sahne gegossen hatte. Leuchter, die aus

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