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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Tausenden von geschliffenen Glassteinen zu bestehen schienen, hingen von der Decke, und an den Wänden konnte man wunderschöne Landschaftsbilder in schweren, goldenen Rahmen bewundern. Mit steifen Schritten bewegte sich Eleonore über die farbenprächtigen Bodenteppiche, die sich unter den durchgelaufenen Sohlen ihrer Schuhe wie dickes Moos anfühlten. Sie wußte nicht mehr, wohin sie zuerst blicken sollte, deshalb hielt sie ihre Augen auf den Boden gerichtet. Nie im Leben hätte sie es für möglich gehalten, daß Menschen so lebten. Sicher hatte sie gewußt, daß die Königsfamilie in großem Reichtum lebte, doch was man sich genau darunter vorzustellen hatte, das hätte sie nie erahnt! Reichtum – das war in Eleonores Augen genug zu essen, Kleidung zum Wechseln, vielleicht sogar besonders feine Kleider und Schuhe, dazu eine warme Behausung, die einem niemand streitig machen konnte. Aber dieser Glanz? Diese unzähligen Gegenstände, die nur dastanden, um das Auge der Besitzer zu erfreuen? Diese Farbenpracht, in der jedes Bild, jede Vase und jede Elle Stoff in einer ganz besonderen Weise zusammenwirkten?
    Mit jedem Schritt bekam Eleonore es mehr mit der Angstzu tun, doch statt sich nach Sonia umzudrehen, um wie bisher in der Zweisamkeit Trost zu suchen, marschierte sie weiter. An der vorletzten Türe hielt Fräulein von Baur endlich an und wartete, bis die beiden Schwestern bei ihr angekommen waren. Eleonore zwang sich ein letztes Mal zum Durchatmen, in ihrem Kopf sauste es, daß ihr ganz schwindlig wurde. Was hatte dieser Besuch zu bedeuten? Was konnte die Königin nur von ihnen wollen? War womöglich etwas von den ganzen Reichtümern weggekommen und sie wurden nun des Diebstahls verdächtigt?
    Â»Es ist gut, Fräulein von Baur. Sie können uns alleine lassen.«
    Unsicher schaute die Hofdame von der Königin zu den beiden Küchenhilfen. Katharina war irritiert.
    Â»Haben Sie noch etwas auf dem Herzen?«
    Â»Nein, nein. Es ist nur …«
    Â»Gut. Gut. Dann gehen Sie. Wenn ich Ihre Hilfe benötige, lasse ich Sie rufen.« Freundlich nickte Katharina ihr zu. Fräulein von Baur war wirklich eine sehr hilfreiche, kluge und hochgeschätzte Person, wie Wilhelm dies bei ihrer Ernennung zu Katharinas Hofdame vorausgesagt hatte. Dennoch war sie für Katharinas Geschmack manchmal ein wenig zu konventionell. Des öfteren hatte sie das Gefühl, sich bei ihr dafür entschuldigen zu müssen, in gewissen Dingen auch einmal einen neuen Weg zu beschreiten. Und so weit mußte es noch kommen, schalt Katharina sich verärgert. Nicht genug, daß sie Wilhelm Rede und Antwort zu stehen hatte, bald verlangten ihre Untertanen dasselbe! Sie riß sich zusammen und lächelte die beiden unsicher dreinschauenden Mädchen an, bemüht, den Geruch nach Zwiebeln und Fisch und mehr zu ignorieren.
    Â»So kommt doch näher.« Mit ihrer rechten Hand winkte sie die beiden Schwestern zu sich her.
    Â»Ihr fragt euch sicherlich, warum ich euch habe holenlassen. Nun, ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Ich brauche eure Hilfe.«
    Unsicher warfen sich die beiden Schwestern einen Blick zu. Keine wußte auf diese völlig überraschende Eröffnung der Königin etwas zu sagen.
    Â»Wie ihr am eigenen Leib verspüren mußtet, kann Armut die Menschen zu seltsamen Taten treiben«, fuhr Katharina fort. »Leider muß ich sagen, daß es im ganzen Land immer schlimmer wird. Mir wird berichtet, daß die Menschen weder genug zu essen noch genug Arbeit haben.« Als sie die verstörten Blicke der beiden jungen Frauen sah, wurde sie unsicher. Vielleicht erwartete sie zuviel? Nun, man würde sehen.
    Â»â€¦ lange Rede, kurzer Sinn: Ich will den Armen helfen, der Armut zu entkommen. Und da ihr beide deren Schicksal kennt, ja, es sogar am eigenen Leib erfahren mußtet, wünsche ich, daß ihr mir von den dringlichsten Wünschen und Nöten dieser Unglücklichen erzählt.« Ihre Augen leuchteten erwartungsvoll.
    Die beiden Schwestern blickten sich sprachlos an. Mit allem hätten sie gerechnet – daß man sie eines Diebstahls bezichtigt oder daß man sie wieder auf die Straße jagt –, nur damit nicht!
    Â»Wir Euch helfen?« Sonia fand als erste ihre Sprache wieder. »Was wissen wir denn schon? Wir sind doch nur einfache Mädchen, die nicht einmal regelmäßig die

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