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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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überrascht. Während ihrer Ehe hatte er oft scherzhaft gesagt, sie sei von einer unbeirrbaren Freundlichkeit, selbst Vertretern gegenüber. »Ich kann doch nicht einfach so reinplatzen«, sagte er. »Ich wohne ja nicht mehr hier.«
    »Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst. Du wohnst jetzt in Hartford. Zusammen mit Tina, wie’s aussieht.« Sie verspürte ein Zucken in den Fingern und hätte am liebsten nach etwas gegriffen und fest zugedrückt. Nicht nur wegen der bei ihm eingezogenen Freundin oder dem lästigen Klingeln, auch wegen Morgan. Diese Wut schien prähistorischen Ursprungs zu sein, und wenn Dana nicht aufpasste, würde sie Kenneth an einem empfindlichen Körperteil packen – vielleicht an der Kehle oder auch etwas südlich davon – und sich dort festkrallen. Kenneth knetete mit den Fingern seine Ärmelaufschläge, und er bekam vor lauter Beklommenheit ganz rote Wangen. Hatte sie es nach all den Jahren geschafft, ihn einzuschüchtern?
    »Ich hätte es dir sagen müssen«, sprudelte es aus ihm heraus. »Ich hatte es vor, und dann war es einfach schon so weit. Aber die Kinder mögen sie wirklich, glaube ich.«
    Dana schnaubte sarkastisch. Das war mal etwas anderes, Kenneth in der Defensive zu haben. Es fühlte sich gut an. »Ob sie sie mögen oder nicht, ist nicht mein Problem. In Zukunft musst du mir aber bei großen Veränderungen wie dieser Bescheid sagen. Sie fragen mich ja danach, und dann sollte ich in der Lage sein, zu antworten und nicht sprachlos dastehen wie eine unbedeutende … Ich muss auf dem Laufenden sein, verstehst du?«
    »Ja«, sagte er, den Blick auf die Schuhe gesenkt. »Ja, vollkommen.«
    Als er mit den Kindern losfuhr, dachte Dana über die Konfrontation mit Kenneth nach. Wie selten hatte sie ihn auf diese Weise ins Gebet genommen! Das war das Highlight ihres Tages, wurde ihr bewusst. Wie erbärmlich .

- 8 -
    W ie unter einem Dunstschleier verbrachte sie den Samstag damit, über Morgans Problem nachzudenken. Sie versuchte, sich nicht hineinzusteigern, nur um sich anschließend dafür zu tadeln, dass sie sich dem Problem nicht stellte. Und die ganze Zeit trank sie literweise zuckerfreie Limonade. Nachmittags hatte sie Bauchschmerzen. Sie zwang sich, eine Website über Essstörungen zu suchen, doch noch ehe sie den ersten Abschnitt gelesen hatte, bekam sie wieder Durst und holte sich noch ein Glas ihres bevorzugten Schmerzmittels.
    Das Einzige, was sie zustande brachte, war ein Essen für die McPhersons. »Alder?«, rief sie, während sie einen Laib Sauerteigbrot in Folie einwickelte. »Ich muss dieses Abendessen hier wegbringen. Bin in einer Viertelstunde wieder da!«
    Als Dana das kleine, einstöckige Haus sah, kam es ihr wie das falsche Gebäude vor, sodass sie noch einmal die Nummer auf dem Briefkasten überprüfte. Es sah ordentlicher aus, weniger trist als beim letzten Mal. Jemand hatte den Rasen gemäht, fiel ihr auf, und die Sträucher geschnitten. Die Aluschale mit Huhn à la Tetrazzini und die Einkaufstasche mit dem restlichen Abendessen für die McPhersons jonglierend, ging sie zur Tür und klingelte. Als Schritte zu hören waren, trat Dana ein Stück von der Tür zurück und setzte eine angemessen freundliche (aber nicht übermäßig fröhliche) Miene auf.
    Die Frau, die sie beim letzten Mal gesehen hatte, hochgewachsen und mit hängenden Schultern, öffnete die Fliegengittertür. Obwohl sie wahrscheinlich erst Mitte dreißig war, hatte die Anspannung ihr Falten zwischen die Augenbrauen gegraben. Sie holte tief Luft und brachte ein Lächeln hervor. »Das muss das Abendessen sein!«
    »Ganz genau«, sagte Dana. »Kann ich es Ihnen reinbringen?«
    »Oh, geben Sie acht auf den Koffer!«, sagte sie, als Dana fast darüberfiel. »Mein Bruder war für ein paar Tage hier, um uns zu helfen, aber heute Abend fährt er wieder nach Hause.« Bei der Erwähnung dieses bevorstehenden Abschieds wurde ihre Stimme härter. »Er hat ja selbst Familie.«
    Dana stellte das Essen auf einem kleinen Beistelltisch neben der Tür ab. »War sicher schön, ihn dazuhaben.«
    Sie nickte. »Er ist ein letztes Mal mit den Kindern auf dem Spielplatz schaukeln gegangen, bevor er fährt.«
    »Wie viele haben Sie?«
    »Drei«, antwortete sie. »Mein Ältester ist sechs, dann vier, und der Kleine ist fast zwei.«
    Oh Gott , dachte Dana, drei kleine Kinder und ein sterbender Mann. »Sie müssen ganz schön beschäftigt sein!«, sagte sie, bemüht, über unverfängliche Themen zu reden.
    »Ja, ein bisschen.«

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