Die Zufalle des Herzens
Teufel mit der Vertrauensbildung! , hätte Dana am liebsten gebrüllt. »Es würde mir wirklich helfen, wenn ich es wüsste«, sagte sie, bemüht, die Zähne nicht zusammenzubeiÃen. »Sonst könnte ich unabsichtlich dazu beitragen, dass sie sich noch schlechter fühlt.«
Einen Moment lang schwieg Bethany. »Da könnten Sie recht haben«, murmelte sie, sagte aber nichts weiter. Dana zermarterte sich das Gehirn. Diebstahl , dachte sie, vielleicht Ladendiebstahl ⦠oder das Verbreiten von Gerüchten â eine Art von Rache an Kimmi Kinnear â¦
»Sie macht sich Sorgen um Sie«, sagte Bethany.
»Um mich ?«
»Sie weiÃ, dass ihr Vater den Anstoà zur Scheidung gegeben und dass Sie das schwer getroffen hat. AuÃerdem hat sie die ganze Interaktion zwischen Ihnen und der Mutter ihrer Freundin mitbekommen. Sie weià also, dass Sie wegen ihr zwei Freundinnen verloren haben â die Mutter des Mädchens und die Frau aus der Nachbarschaft.«
»Polly«, hauchte Dana. »Aber Morgan hat nichts Verkehrtes getan â die Erwachsenen haben die Probleme verursacht, nicht sie.«
»Das ist eins dieser seltsamen psychologischen Phänomene â manchmal meinen Kinder, sie seien schuld am Unglück ihrer Eltern. Und oft nehmen sie die Gefühle ihrer Eltern sehr deutlich wahr. Deutlicher, als sie sich anmerken lassen. Sie weiÃ, dass Sie nicht â¦, dass viel auf Ihren Schultern lastet.«
Sie weiÃ, dass ich nicht glücklich bin , dachte Dana. Das war es, was Bethany auf der Zunge lag.
Sie brauchte mehr Zeit, um darüber nachzudenken. War sie ein unglücklicher Mensch? Connie hatte ihr immer vorgeworfen, eine unverbesserliche Optimistin zu sein, die in allem noch das letzte Quäntchen Gutes fand. Wie kam es, dass ihre Tochter das Gegenteil in ihr sah?
Nachdem sie Bethany gedankt hatte, vereinbarten sie den nächsten Termin. Bethany sagte: »Ich hätte gerne, dass Sie irgendwann im Laufe des nächsten Monats einmal mitkommen. Es ist immer gut, Eltern in eine laufende Therapie einzubeziehen, sobald ein gewisses Vertrauen hergestellt ist. Wäre Ihnen wohl dabei, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt auch Morgans Vater mitkäme?«
Kenneth in Therapie. Dana hätte fast aufgelacht. Er hatte ein heftiges Jahr hinter sich: Scheidung, berufliche Sorgen, seine Kinder, die ihn mehr brauchten als je zuvor, ein Baby, das unerwarteterweise unterwegs war, eine neue Ehe ⦠Er könnte sicherlich eine kleine Therapie gebrauchen. »Ja, natürlich«, sagte sie. »Das wär für mich in Ordnung.«
Sie steckte gerade das Handy in ihre Handtasche, als sie das Schritt-Tock von Marie näherkommen hörte.
»Hier«, sagte Marie und gab ihr ohne groÃe Umstände einen kleinen Beutel aus Musselin.
Dana nahm ihn und löste die Schnüre. Heraus rutschte ein silbernes Amulett â ein Kreis mit einem kleinen, purpurroten Stein in der Mitte und zu beiden Seiten eine nach auÃen geöffnete Mondsichel.
»Marie!«, sagte Dana. »Das ist wunderschön! Sie hätten mir kein Abschiedsgeschenk kaufen müssen.«
»Es ist kein Abschiedsgeschenk«, sagte Marie.
»Ach so, okay ⦠Das ist jedenfalls sehr aufmerksam. Ich glaube, zu Hause habe ich genau die richtige silberne Kette dafür.«
Marie stand mit gerunzelter Stirn da. »Sie wissen, was das bedeutet? Dieses Symbol?«
Dana betrachtete eingehend das Amulett, das ihr vage bekannt vorkam. Irgendwie glaubte sie sich zu erinnern, dass sie so etwas vor Jahren auf einem Mittelalter-Jahrmarkt gesehen hatte.
»Es ist eine dreifache Göttin«, sagte Marie ungeduldig. »Ich habe es selbst gemacht.«
»Sie haben das gemacht? Ich wusste gar nicht, dass Sie Goldschmiedin sind, Marie. Was symbolisiert es?«
»Jungfrau, Mutter und Greisin«, sagte Marie, als wäre das klar ersichtlich. »Während ich es gemacht habe, sind Sie mir aus irgendeinem Grund immer wieder eingefallen, und deshalb muss ich es Ihnen jetzt geben.«
Jungfrau, Mutter und Greisin ⦠Das setzte eine vage Erinnerung an einen Dokumentarfilm frei, den sie auf dem History Channel gesehen hatte. Hexenkunst. Druiden. Sie blickte zu Marie auf.
Die verdrehte die Augen. »Ja, ja, es ist Wicca! Sie sind ja keine Frömmlerin, oder?«
»Nein!«, sagte Dana, ohne auch nur einen Moment zu überlegen, ob sie es doch sein könnte.
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