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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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berührte das Mädchen. »Alder, Liebes!«, murmelte sie. »Was ist passiert?«
    Alder sackte an ihr zusammen und ließ sich in den Arm nehmen. »Es ist dumm … Es ist nichts … Nur die Hormone.«
    Dana strich Alder über das glatte schwarze Haar. Natürlich war etwas. Irgendetwas hatte diesen kleinen Anfall ausgelöst. Da sie sich im vergangenen Jahr selbst mehr als ein Mal in der winzigsten Ecke verkrochen hatte, kam Dana sich vor wie die Königin von Dumm-Nichts-Hormonien. »Wann hat das angefangen?«, fragte sie.
    Â»Ich weiß nicht. Vor einer Stunde vielleicht.« Alder wischte sich die Nase am Saum ihres T-Shirts ab.
    Â»Hat jemand angerufen? Hat deine Mutter …«
    Â»Nein, sie war es nicht«, murmelte Alder. »Ich war dabei, diesen dämlichen Aufsatz zu schreiben, und dann hab ich angefangen, zu viel nachzudenken.«
    Â»Worüber denn?«, fragte Dana.
    Â»Etwas, worüber ich gar nicht nachdenken will. Auch nicht sprechen.« Ihr Gesicht sah absolut düster aus. Bei Morgan war Dana an Launen gewohnt, aber Alder hatte immer den Eindruck erweckt, als könnten die üblichen Fallstricke des Mädchenseins ihr nichts anhaben. Als wäre sie mit einem inneren Geigerzähler zur Welt gekommen, seltsam empfänglich für den Unterschied zwischen nur oberflächlichem Gerumpel und der echten Gefahr einer Plattenverschiebung.
    Â»Gut.« Dana drückte Alders Hand und half dem Mädchen, sich aus dem Eckchen herauszuschälen. »Wenn du aber deine Meinung änderst, kannst du jederzeit zu mir kommen – Tag und Nacht, okay? Ich bin immer da, wenn du mich brauchst.«
    Â»Ich weiß«, sagte Alder. »So bist du eben.«
    Am Freitag hatte Morgan einen Zahnarzttermin. Sie und Dana saßen, beide eine People in der Hand, im Wartezimmer. Auf dem Titelbild von Morgans Nummer war ein weiblicher Teenager-Superstar zu sehen, der, eine Flasche Grey Goose Wodka im Schoß und zur Freude der Paparazzi bei geöffnetem Fenster, im Fond einer Limousine eingeschlafen war. Das kleinere Nebenbild zeigte den Star und dessen Mutter beim Verlassen eines Gerichtsgebäudes. Die Mutter hielt die Hand hoch, so als könnte ihre kleine Handfläche mit den kurzen Fingern den Angriff lärmender Reporter und das Schnellfeuer von maschinengewehrgroßen Kameras abwehren. Das Mädchen, das sich an seine Mutter drängte, sah aschfahl aus. Und durchschnittlich, fand Dana. Diese Millionärsteenagerin, die ganz sicher in jeder Wellblechhütte in jedem beliebigen Land der Dritten Welt erkannt wurde, sah aus, als hätte man sie aufs Geratewohl aus der Feldhockeymannschaft irgendeiner Highschool herausgepickt.
    Dana hätte Morgan gerne gefragt, was sie von diesem Mädchen hielt. Ob es befriedigend war zu sehen, wie eine, die vermutlich alles hatte, ebenso zur Rechenschaft gezogen wurde. Oder ob Morgan genau wie Dana erkannte, dass das Mädchen irgendwo hinter den überteuerten Klamotten und überkronten Zähnen eine reale Person war, mit realem Schmerz, und viel zu jung, um auf diese Weise Missbrauch an sich selbst zu üben. Doch Morgans Augen huschten jedes Detail einsaugend über die Seiten, und Dana wusste, dass sie, wenn sie sie unterbrach, lediglich ein gereiztes Schulterzucken ernten würde.
    Danas Blick fiel auf die Zeitschrift in ihrer Hand. Das Titelbild zeigte eine ältere Schauspielerin, die Hände auf schmalen Hüften, ein durch glänzenden Lippenstift betontes, siegreiches Lächeln. Auf dem körnigen Nebenbild war sie zu sehen, wie sie, eine Plastikeinkaufstüte an die Brust gedrückt, vom Bordstein auf die Straße trat. Sie trug eine Jogginghose und eine Jacke in Übergröße, die sich auf einer Seite bauschte und sie korpulent und abgerissen aussehen ließ. Die Bildunterschrift lautete: »Wieder in Größe 36, ich bin wieder ich!«
    Dana hatte diese Schauspielerin als die süße Ulknudel aus einer Fernsehkomödie der Achtziger vor Augen. Eine Art Comeback also. Und Dana freute sich für sie, wenn auch mit einem Hauch von Eifersucht. Größe 36 , dachte sie. Ich wäre ja schon mit Größe 40 zufrieden. Doch dann ging es ihr auf: Ein Comeback wozu? Die Karriere der Frau war nicht wiederaufgelebt. Sie war jetzt nur dünner.
    Die Tür des Wartezimmers ging auf, und Marie, die Zahnhygienikerin, sagte: »Morgan, jetzt bist du dran.« Morgan bemühte

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