Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
Entzücken. Vielleicht war ich einfach nur nervös.
    Ich gab ihr das Geschenk und murmelte meine Glückwünsche.
    Justine nahm es und stellte es zu den anderen.
    Die Bigwaters waren wichtige Persönlichkeiten, wie Oma Oaks mir zu verstehen gegeben hatte. Wenn ich ihre Worte richtig interpretierte, war ihr Vater so etwas, wie Dreifuß, der Oberste des Ältestenrates in College, gewesen war. Wenn ich also nicht in Ungnade fallen wollte, durfte ich es mir mit Justine nicht verscherzen.
    Der Platz hinter ihrem Haus war eigens für das Fest hergerichtet worden. Tische und Stühle standen bereit, alles war mit bunten Girlanden dekoriert. Ein Mann, den ich vom Sehen kannte, spielte eine fröhliche Melodie auf seiner Flöte, Mädchen standen in Zweier- und Dreiergruppen zusammen. Ich kam mir ziemlich fehl am Platz vor und hielt mich an Tegan. Wie gut ich mit meinen Messern war, zählte hier nicht. Hier ging es ums Reden, und darin war ich schon immer schlecht gewesen.
    Sie führte mich zu einer Gruppe von Klassenkameradinnen. Ich kannte keine einzige davon. Es mochte kleinlich von mir sein, aber Mädchen, die lachten, wenn ich vorlas, interessierten mich nicht. Glücklicherweise– und wahrscheinlich mit Absicht– begrüßte Tegan sie alle einzeln mit Namen, und ich versuchte, sie mir zu merken.
    Die Größte, sie hieß Hannah, lächelte mich an. » Ich sehe dich immer mit diesem vernarbten Kerl zusammen essen«, sagte sie. » Knutscht ihr auch miteinander?«
    Ich wurde unsicher. Das Wort knutschen hatte ich noch nie gehört. Wäre Bleich hier gewesen, hätte ich ihn fragen können, aber vor diesen fremden Mädchen wollte ich mir diese Blöße nicht geben.
    Tegan sprang für mich ein. » Dafür hat Zwei einen viel zu guten Geschmack«, antwortete sie in scharfem Ton, was ich wiederum unfair gegenüber Pirscher fand.
    Ich fühlte mich drei Menschen gleichzeitig verpflichtet, und einem von ihnen würde ich immer unrecht tun, egal wie ich mich verhielt. Ich verstand, warum Tegan Pirscher hasste. Andererseits konnte ich ihm sein Verhalten nicht wirklich übel nehmen angesichts dessen, wie er aufgewachsen war. Er hatte nichts anderes gekannt als Gewalt. Auch ich schämte mich mittlerweile für vieles, was ich auf Befehl der Ältesten getan hatte. Als Beweis meiner Loyalität hatte ich einen Unschuldigen getötet. Außerdem hatte ich zugelassen, dass sie einen hilflosen Jungen kaltblütig ermordeten. Auch an meinen Händen klebte Blut– im Gegensatz zu Tegans. Vielleicht hatte sie nie jemandem etwas zuleide getan, der es nicht verdient hatte, und würde es auch nie tun. Trotzdem konnte ich nicht rückgängig machen, was ich getan hatte. Ich konnte es nur in Zukunft besser machen, und das Gleiche galt für Pirscher, auch wenn niemand außer mir dieser Meinung war. Ob er ein besserer Mensch werden würde, als er es bei den Wölfen gewesen war, lag allein in seiner Hand.
    Tegan hatte mich gebeten, niemandem davon zu erzählen, was sie durchgemacht hatte. Diese oberflächlichen Gören würden es nicht verstehen. Sie würden ihr nur aus dem Weg gehen, als hätte sie eine ansteckende Krankheit, und das war ein Fehler. Tegans Geschichte hatte sie nur stärker gemacht, viel stärker, als diese Mädchen sich vorstellen konnten. Aber sie wollte zu ihnen gehören, und deshalb würde ich ihr Geheimnis schützen. Wenn es sein musste, mit meinem Leben.
    » Er sieht unheimlich aus«, fügte Merry hinzu. Sie war kleiner als ich, hatte glattes rotes Haar und unglaublich viele Sommersprossen.
    Ich nickte. » Er kann auch unheimlich sein.«
    » Ich habe gehört, du hast meinem Bruder Frank eine kleine Abreibung verpasst.« Der Kommentar kam von einem Mädchen, das gerade erst zu uns gestoßen war. Ich hatte noch nie mit ihr gesprochen. Sie war schlank und hatte dunkles Haar. Die Ähnlichkeit mit Frank war unverkennbar. » Ich wäre gern dabei gewesen. Bestimmt hat er es verdient gehabt«, erklärte sie kichernd.
    Ich lächelte erleichtert. » Es war nichts Persönliches. Ich wollte Draufgänger nur zeigen, was ich kann.«
    » Tegan sagt, du hättest Hunderte Stummies umgebracht«, warf Merry ein.
    » Da hat sie wohl ein bisschen übertrieben«, murmelte ich und wurde rot.
    » Aber du hast schon mit welchen gekämpft«, hakte Hannah nach.
    Ich nickte. » Das war meine Aufgabe.«
    Franks Schwester erschauerte und rieb sich die nackten Unterarme. » Wenn ich mir vorstelle, dass du dich ganz allein durch die Wildnis geschlagen hast…«
    » Wir waren

Weitere Kostenlose Bücher