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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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hörte kein verräterisches Gurgeln, das auf eine Lungenverletzung hindeutete.
    Â» Ich wollte dich retten«, keuchte er.
    Ich musste beinahe lachen. » Vor Miles ?«
    Pirscher rang sich ein Grinsen ab. » Ich hätte es besser wissen sollen.«
    Â» Wie schlimm ist es?« Ohne auf eine Antwort zu warten, hob ich sein Hemd an und inspizierte die Wunden. Er hatte mehrere Schnitte, und einer davon, direkt unter den Rippen, sah verdammt tief aus.
    Â» Wir müssen sie säubern, damit sie sich nicht infizieren«, sagte ich.
    Â» Willst du mich beleidigen? Ich hatte schon viel schlimmere.«
    Â» Versuch jetzt nicht, den Helden zu spielen.«
    Seine Mundwinkel zuckten. » Ich glaube, wir wissen beide, dass ich keiner bin.«
    Â» Und du weißt, dass mir das egal ist«, erwiderte ich. » Gehen wir wohin, wo ich dich versorgen kann.«
    Â» Ein kurzes Stück vom Waldrand entfernt ist ein See.«
    Â» Schaffst du es bis dahin?«
    Pirscher versuchte ein Achselzucken, und ich konnte sehen, welche Schmerzen ihm selbst diese kleine Bewegung bereitete. » Sieht nicht so aus, als ob ich eine Wahl hätte. Wir haben nicht genug Wasser, um es für meine Wunden zu verschwenden.«
    Da hatte er recht. Ich hielt ihm meine Schulter hin, damit er sich darauf abstützen konnte, denn er musste noch andere Verletzungen haben, die ich noch gar nicht gesehen hatte. Unter anderem konnte er sein rechtes Bein nicht richtig strecken. Warum, wusste ich nicht.
    Ich fragte ihn nicht, was aus Ellis geworden war. Ich würde es auch so früh genug erfahren. Als wir den Waldrand erreichten, sah ich die Spuren des Kampfes, der dort getobt hatte. Wie eine Nebelwolke hing der Geruch von Blut in der Luft. Ich stieg über Ellis’ Leiche hinweg und sah in einiger Entfernung den See. Wenn ich Pirscher dorthin brachte, würden wir noch weiter hinter Bleichs Entführern zurückfallen. Ich stand vor der Wahl, das Leben des einen aufzugeben, um das eines anderen zu retten, von dem ich nicht einmal wusste, ob er nicht bereits tot war.
    Es war die schwerste Entscheidung meines Lebens.

LEGION
    Der Anblick von so viel Wasser verschlug mir jedes Mal den Atem.
    Unten hatten wir mit dem wenigen auskommen müssen, das wir davon hatten, doch hier erstreckte sich eine schier endlose grünlich schimmernde Fläche, an deren anderem Ende eine goldene Ebene glänzte. Die Sonne versank gerade hinterm Horizont und tauchte den Himmel in gleißendes Feuer. Ich musste wegsehen, konnte den Anblick von so viel Licht nicht ertragen, wenn es in mir so finster war.
    Am Ufer dieses Sees, dessen Namen ich nicht kannte, zog ich Pirscher halb nackt aus und untersuchte seine Wunden. Die Klauen der Freaks hatten blutige Spuren auf ihm hinterlassen, aber er war nicht gebissen worden. Zum Glück. Freak-Mäuler waren dreckig, und die Bisse entzündeten sich häufig. Ich schnitt mein Ersatzhemd in Streifen, tauchte sie in den See und wusch Pirscher damit ab. Es wäre besser gewesen, das Wasser über einem Feuer abzukochen, aber dazu hatten wir nicht genügend Zeit. Mit jeder Minute, die verging, drohten wir Bleich und Frank endgültig zu verlieren. Eine behelfsmäßige Wundversorgung musste genügen.
    Mit halb geschlossenen Augen stand Pirscher regungslos da, als würde er genießen, was ich mit ihm machte, selbst dann noch, als ich die Wunden mit Salbe einrieb. Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie stark sie brannte. Leider war nicht mehr viel davon übrig. Eine Freundin von Bleich hatte sie gemacht, und wenn sie aufgebraucht war, waren meine Messer das einzige Andenken an die Enklave, das mir noch blieb. Schließlich verband ich die Schnitte mit den restlichen Stofffetzen, so gut es ging, um sie sauber zu halten.
    Â» Zeig mir dein Bein. Ist es gebrochen?«
    Er schüttelte den Kopf. » Nur verstaucht, glaube ich. Ich bin deiner Spur hinterhergerannt wie ein Geisteskranker, nachdem die Freaks erledigt waren. Das wird von allein wieder.«
    Â» Dasselbe würdest du auch sagen, wenn der Knochen aus dem Gelenk ragte.«
    Er grinste breit. » Wahrscheinlich.«
    Schließlich legte ich auch noch eine Bandage um das verletzte Gelenk an. Es war ein eigenartiges Gefühl, vor ihm auf die Knie zu gehen, aber er machte keine anzüglichen Anspielungen, weil er wusste, ich würde ihn dafür bezahlen lassen. Als ich sicher war, dass die Bandage halten würde, ging ich zum See

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