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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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Angst machte. Ich kämpfte sie nieder und ließ meine Sachen bei Pirscher. Er hatte sich im hohen Gras in der Nähe des Sees versteckt, weit genug entfernt, damit die Freaks ihn nicht entdeckten. Falls ich es vor Sonnenaufgang nicht zurückschaffte, würde ich meinen Beutel ohnehin nicht mehr brauchen, und das zusätzliche Gewicht störte nur, wenn ich mich hinter die feindlichen Linien schlich. Wenn ich es schaffen wollte, musste ich mich bewegen wie ein Geist.
    Ich kann nicht glauben, dass ich das hier tatsächlich tue.
    Zuvor war ich noch einmal in den Wald zurückgekehrt, um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Was ich vorhatte, war entsetzlich, aber ich hatte keine andere Wahl. Freaks jagten, indem sie die Witterung ihrer Beute aufnahmen, und das durfte nicht passieren. Also schloss ich die Augen, nahm die Eingeweide, die ich aus dem Kadaver eines Freaks herausgeschnitten hatte, und rieb mich am ganzen Körper damit ab. Als ich fertig war, beschmierte ich mich noch mit ihrem stinkenden Blut.
    Pirscher beobachtete mich ausdruckslos. » Ich will dich immer noch«, sagte er.
    Â» In dem Zustand?« Ich lachte und tat so, als hätte er einen Scherz gemacht. Das war immer noch besser, als seinen Stolz noch weiter zu verletzen. » Gute Jagd«, fügte ich hinzu. Es war das größte Kompliment, das ich ihm machen konnte, weil ich ihn damit als Gleichgestellten anerkannte, und Pirscher schien das zu merken. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, schnell und flüchtig wie ein Funken im Sturm.
    Ohne ein weiteres Wort schlich ich mich durchs hohe Gras davon. Ich bewegte mich langsam, falls sie Wachen aufgestellt hatten oder ein paar von ihnen nachts umherstreiften. Der Gestank, der von der Siedlung herüberwehte, war entsetzlich, aber ich musste es riskieren. Als ich schon beinahe dort war, hörte ich leise Geräusche. Es klang wie ein Gurgeln, kehlig und feucht, aber nicht wegen einer Lungenverletzung, sondern als würden sie schnarchen, ruhig und selbstzufrieden. Noch nie hatte ich einen Freak einen solchen Laut von sich geben hören. Bisher kannte ich nur ihre Schreie, ihr Klagen und Knurren.
    Hoffentlich, hoffentlich, hoffentlich schlafen sie .
    Ich hatte recht gehabt: Wie Tiere lagen sie in Haufen übereinander und schlummerten, und wie Tiere hatten sie schreckliche Klauen und Zähne, mit denen sie jede Beute zerreißen konnten. Bei dem Anblick versagten mir die Nerven. Ich blieb stehen und dachte darüber nach umzukehren. Bleich konnte nicht überlebt haben, nicht wenn sie ihn hierhergebracht hatten. Bestenfalls würde ich die Überreste seiner Leiche finden, um dann selbst einen sinnlosen Tod zu sterben.
    Besser eine tote Jägerin , flüsterte Seide, als ein Feigling .
    Ich straffte die Schultern und schlich mit kleinen Schritten lautlos weiter. Als ich an einem Haufen schlafender Freaks vorbeikam, standen mir alle Haare zu Berge. Sie könnten jeden Moment aufwachen, die anderen aus dem Schlaf reißen und sich in blindem Hass auf mich stürzen.
    Ich hätte nicht den Hauch einer Chance .
    Aber all das spielte keine Rolle. Ich hatte einen Plan gefasst. Wenn ich hier starb, dann nicht umsonst, sondern für Bleich.
    Ich schluckte und atmete leise durch den Mund.
    Er kann es nicht einmal ertragen, wenn Pirscher dich berührt. Und jetzt sieh, was du ihm angetan hast , schoss es mir in den Kopf, aber ich schüttelte den Gedanken ab. Wen ich küsste und weshalb, war im Moment das geringste meiner Probleme. Ich durfte mich von nichts ablenken lassen, wenn ich das hier überleben wollte. Mit meinen Gefühlen konnte ich mich beschäftigen, wenn ich Bleich gerettet hatte.
    Finde ihn, Jägerin .
    Da hörte ich ein weiteres Geräusch und schöpfte neue Hoffnung. Irgendwo in dem Lager weinte jemand, ein Mensch. Ich glaubte nicht, dass es Bleich war, andererseits konnte ich nur schwer einschätzen, wie er in so einer Situation reagieren würde. Vielleicht würde ich an seiner Stelle auch weinen. Dankbar folgte ich dem Wimmern, und während ich mich an den schlafenden Monstern vorbeischlich, fragte ich mich, ob es ihnen in unserem Lager ähnlich ergangen war, ob sie unsere Gewehre fürchteten, ob sie genauso Angst hatten, entdeckt zu werden.
    Haben Freaks Angst vor dem Tod?
    Diese Frage hätte ich mir besser früher stellen sollen. Mein Herz pochte mit jedem Schritt wilder, aber irgendwann hatte ich die Mitte

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