Die Zuflucht
meiner Pflegemutter mich tief in meinem Innersten berührte.
Ich vertraute meiner weichen Seite nicht, zumindest nicht ganz, denn sie hatte etwas Heimtückisches. Wenn ich ganz zu dem Mädchen im Spiegel wurde, lief ich Gefahr, die Fähigkeit zu verlieren, mich körperlich und emotional zu schützen. Also weigerte ich mich, dieses Mädchen zu sein. Und doch gab es diese zwei Hälften in mir, die einen stillen Krieg gegeneinander führten.
Wir erreichten den Vorposten ohne Zwischenfälle. Ich behielt die Umgebung fest im Auge, aber das Wetter war so schlecht, dass selbst die Freaks lieber in ihren trockenen Hütten bliebenâ was eine Menge über ihre neu erwachte Intelligenz und unsere verzweifelte Lage aussagte. Wir hatten keine Wahl. Die Pflanzer mussten sich um die Felder kümmern.
Und unsere Aufgabe war es, sie zu beschützen.
Der Sommer kam schnell, auch wenn das Wetter manchmal etwas rau war. Ich gewöhnte mich an meine Pflichten, und die Männer schienen mich zu akzeptieren. Die Feldfrüchte gediehen unter den kundigen Händen der Pflanzer, deren Schutz unsere wichtigste Aufgabe war. Sie waren nervös und ängstlicher als je zuvor, Erlösung auch nur einen Tag lang zu verlassen. Ich konnte ihre Angst gut nachvollziehen. Ich sprach mit Tegan, so oft es ging, aber sie hatte kaum Zeit, weil wir nur so wenige Pflanzer hatten. Ab und zu überbrachte sie mir Nachrichten von den Oaks. Nichts Wichtiges, aber es half mir, mich daran zu erinnern, weshalb ich hier war.
» Stummies!«, brüllte der Mann auf dem Wachturm und riss mich aus meinen Gedanken.
Es war ein heftiger Angriff, aber wir hatten lange genug trainiert, und niemand brach in Panik aus. Ich zog meine Messer und machte mich bereit. Diese hier waren groÃ, Bestien geradezu im Vergleich zu denen, die wir in dem Dorf gesehen hatten, und sie waren deutlich in der Ãberzahl.
Dank des Scharfschützen auf dem Turm lag die Hälfte von ihnen blutend auf dem Boden, noch bevor sie uns erreichten. Ich hielt die Stellung, während andere zu den Feldern rannten, um die Pflanzer zu holen. Entsetzen stieg in mir auf, bis ich sah, dass Tegan in Sicherheit war. Mein Herz pochte wie Donner, und ich merkte, wie sehr ich das Kämpfen vermisst hatte. Für Angst war kein Platz im Herzen einer Jägerin. Und wenn ich Angst hatte, dann meist um jene, die mir lieb waren.
Fünfzehn Freaks kamen die Anhöhe heraufgestürmt. Ich blickte mich kurz um und sah Hobbs und Frank neben mir stehen. Pirscher und Bleich preschten vor, warfen sich dem Feind entgegen, und ich folgte ihnen mit einem Entzücken, das mir sagte, dass etwas mit mir nicht ganz stimmen konnte.
Das Monster hatte weniger offene Stellen auf der Haut als die in den Ruinen, aber es stank trotzdem nach Verwesung, und Speichel tropfte von seinen gelben Fangzähnen, als es mich angriff.
Ich wich dem Biss aus und revanchierte mich mit einem KlingenstoÃ, der ihm den Unterarm aufschlitzte. Dunkles Blut quoll aus der Wunde, aber ich konnte erst aufhören, wenn das Biest tot am Boden lag. Der Kampf dauerte länger als sonst, denn der Freak duckte sich immer wieder, wehrte sogar einige meiner Schläge ab und schlug im Gegenzug nach meinem Gesicht. Ich brauchte all meine Reflexe, um seinen Klauen auszuweichen. Um ein Haar hätte er mich erwischt, was mich nur noch mehr in Rage versetzte, denn mir gefiel mein Gesicht, so wie es warâ ohne Narben. Mit wilder Entschlossenheit stürzte ich mich auf meinen Gegner, und meine Klingen wirbelten, dass sie kaum noch zu sehen waren. Dreimal stieà ich blitzschnell hintereinander zu, wie Pirscher es mir beigebracht hatte. Die Bewegung war zu schnell für jeden Konter. Die Stiche trafen ihr Ziel, der Freak blutete in Strömen, wurde langsamer und sank zu Boden, wo ich ihm mit einem Stoà ins Herz ein Ende machte.
Ãberall um mich herum starben sie. Gewehre bellten, und die Wachen kämpften mit was immer sie gerade zur Hand hatten. Als die Schlacht endlich vorüber war, stützte ich meine Hände auf die Knie und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Die meisten der Pflanzer weinten, aber diesmal war keiner von ihnen geflohen. Sie konnten sich noch gut erinnern, was mit denen passiert war, die es beim letzten Mal versucht hatten.
Wir hatten zwei Männer verloren, Ross Massey, den ich nicht kannteâ und Jeremiah Hobbs. Ein tiefer Schmerz befiel mich und brach in einem
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