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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Fackelträger gegendas Ende der Rille, entzündete die Mischung, und gelbliche Flämmchen begannen dem ebenmäßig zylinderförmigen, ganz oben spitz zulaufenden Brennofen entgegenzuwandern.
    Kurz bevor die gelben Flämmchen das Ende der Zündrille erreichten, stellte ich schnell den Salbentopf zwischen meine Füße und hielt mir die Ohren zu. Smosmo sah mich verwundert an. Wahrscheinlich erstaunte ihn meine Ängstlichkeit. Die Arbeit der Feuerwerker galt zwar noch immer als gefährlich, aber zu einer großen Explosion war es seit dem Unglück am Tag der Zündpechentdeckung nicht mehr gekommen. Inzwischen hatten Geschirrbrenner wie Blechschmelzer in geduldig vorsichtigen Versuchen herausgefunden, in welchem Verhältnis man den schwarzen Stoff mit anderem Gestein mischen und wie man diese Mischung schichten muss, um ein sanftes Entflammen und gleichmäßiges Abbrennen zu gewährleisten.
    Wenn es heute noch zu Verletzungen kommt, geschieht dies fast immer bei den Schmelzern. Fast könnte man die Verbrennungen, die sie sich an ihren immer aufs Neue umgebauten Öfen zuziehen, für eine Strafe halten. Denn weiterhin taugt das, was sie aus den kleinteiligen, blechdünnen Fundstücken, die Ihr vielleicht Schrott nennen würdet, herauslösen und in Formen gießen, nicht zu einer weiteren Bearbeitung. Twitwi hat mir einmal in ihrer Werkstatt einen kleinen Barren aus brüchigem, unrein stumpfbraunem Schmelzkupfer gezeigt und ohne Kommentar ein kunstvoll geformtes, wunderbar glattes, gleichmäßig glänzendes Stück aus dem Altmaterialfundus daneben gehalten.
    Der Ofen, dessen Ingangsetzung Smosmo und ich mitansehen durften, schien auf gutem Wege. Als die Flämmchen in sein Inneres gewandert waren, puffte ein Wölkchen weißen Qualms aus der Zündöffnung, und schließlich wurde die Luft über dem Loch der Ofenspitze schlierig. Zündpechfeuerspendet ein gleichmäßig starkes, zart rötliches Licht, sein Rauch jedoch ist unsichtbar, reflektiert nicht einmal diese Röte. Auch wenn sie immer noch nach der richtigen Ofenhitze suchen, zumindest was unseren Zugriff auf Helligkeit angeht, ist den Blechschmelzern ein Erfolg gelungen. Beiläufig, auf einem Nebenpfad im Verlauf ihrer Missgeschicke, fanden sie heraus, wie man erweichtes Zündpech mit Mockmockfasern und verschiedenen Steinmehlen vermischen muss, um ein neuartiges Leuchtmittel zu erhalten. Die kostbaren, wunderbar langsam abbrennenden schwarzen Fackeln, die von den Blechschmelzern hergestellt werden, sind den Mockmock-Beobachtern vorbehalten. Wenn sie eine kleine Kaverne erhellen und ihr Rauch sich auf begrenztem Raum verdichtet, kann man einen feinen, seltsam schweißigen Geruch bemerken. Zu unserem bescheidenen Nothelferwissen gehört, dass dieser Schwarzfackelduft nicht allen gleich gut bekommt. Auf irgendeine rätselhafte Weise kann seine Inhalation das Merkvermögen beeinträchtigen. Nicht wenige, die aus guten Gründen zu Mockmock-Beobachtern berufen worden waren, mussten wegen bestürzender Gedächtnislücken, ob sie wollten oder nicht, den Dienst in der Tiefe aufgeben.
    Deutlich, gewiss inniger als alle anderen in der Kolonie, habe ich den Tag in Erinnerung, als erstmals Zündpech gefunden wurde. Denn am Morgen dieses Tages half ich meiner Mutter festzustellen, ob sie sich am Nachmittag zu denen gesellen durfte, aus deren Schar das Trommelorakel die neuen Ratsmitglieder bestimmen würde. Sie bezweifelte, dass die Zahl ihrer grauen und weißen Haare hinreichte. Mir war natürlich aufgefallen, wie übervorsichtig sie in letzter Zeit die acht Zacken ihres Rotsteinkamms von der Stirn in den Nacken zog, wie sorgfältig sie die ausgekämmten Haare prüfte. Dennoch war ich, als ich in aller Frühe, noch vor dem Morgengong, im Licht einer eigens hierfür ausdem Gang hereingeholten Fackel die Arbeit aufnahm, nicht sicher, welches Ergebnis sie sich wünschte.
    Das Zählen erwies sich als aufwendig. Über Nacht hatte meine Mutter frischen Mockmockgummi in Bittersalzwasser weich werden lassen. Ich formte daraus kleine Kugeln, klebte sie um die Spitzen der fraglichen Haare und senkte die so beschwerten Enden vorsichtig in einen Becher mit Leuchtsand, weil dieser, so er frisch genug ist, feuchten Gummi im Nu hart werden lässt. Ich hatte an der linken Schläfe meiner Mutter begonnen. Sie hielt den Blick fest auf die polierte Glanzsteinscheibe gerichtet, und als ich irgendwann, vom Scheitel kommend, in der Mitte ihres Nackens angelangt war, schüttelte sie ärgerlich den Kopf und

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