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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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abhalten, ihm jedes längere Umherlaufen sogar zu einer rechten Qual machen mussten.
    Beide Feuerwerkstätten sind nah, aber nicht zu nahe bei unseren Oberflächengebäuden. Für die Geschirrbrenner wie für die Blechschmelzer wurde eigens eine weite, mannstiefe Grube in den Braunstein gestochen. Diesen Aufwand hat die Kraft des Zündpechs erzwungen. Bis in mein drittes Kugelhausjahr war im Zusammenhang mit der Feuerwerkerei nur vom Klebstein die Rede gewesen, davon, dass er weit im Norden, noch hinter dem Purpurspalt, als heißer Brei aus Bodenritzen tritt und an der Luft zu einer zähen Substanz erkaltet. Ein erfahrener Geschirrbrenner hatte Proben in den Unterricht gebracht. Wir durften alle mit den Fingerspitzen daran tupfen, um die unterschiedlich starke Klebrigkeitkennenzulernen. Einer der dickköpfigen Brüder griff mit der ganzen Hand nach dem größten Stück und quiekte erschrocken, als es ihm nicht gleich gelang, die Finger wieder von der Oberfläche des Brockens zu lösen.
    Als Smosmo und ich, der frisch berufene Nothelfer, an der Grube der Blechschmelzer eintrafen, sahen wir zu unserer großen Überraschung, dass offenbar auch alle Geschirrbrenner, fast ein Dutzend Männer und Frauen, anwesend waren. Mit großem, merkwürdig stillem Eifer waren beide Feuerwerkergruppen dabei, letzte Vorbereitungen abzuschließen. Der Versuch, der gleich unternommen werden sollte, zog jede Aufmerksamkeit auf sich, mit einer Gewalt, die selbst das Eintreffen der Barmherzigen Schwester nebensächlich machte. Ich entdeckte den Gesuchten, die Verbände zeichneten sich unter seinen Hosenbeinen ab. Smosmo rief seinen Namen. Aber er drehte nur kurz den Kopf in unsere Richtung, hob den rechten Arm zu einem flüchtigen Gruß und humpelte dann auf die andere Seite des ungetümen Dings, um das sich ausnahmslos alle versammelt hatten und das nichts weiter als ein ungewöhnlich großer, mehr als mannshoher Rotsteinofen der Blechschmelzer zu sein schien.
    Zündpech ist nicht leicht zu entflammen. Als dies das erste Mal gelang, kamen zwei Geschirrbrenner zu Tode, und auch ihre überlebenden Kollegen trugen schlimme Verletzungen davon. Sie hatten einige der erstmals in die Siedlung geschafften schwarzen Fladen einfach probeweise zusammen mit der üblichen Menge Klebstein in einen ihrer Öfen geschoben. Der Knall war bis an die Bittersalzgrube zu hören, wo meine Mutter und ich an diesem Nachmittag nach Altmaterial gruben. Der Rat beschloss noch in der folgenden Nacht, dass alle Feuerwerker, die Geschirrbrenner wie die Blechschmelzer, ihre Arbeit einstellen mussten. Ein volles Jahr lang wurden sie ausnahmslos als einfache Allesmacherunter die Erde geschickt. Erst der nächste Rat erlaubte ihre Rückkehr, und als erste Tätigkeit wurde ihnen das Ausschachten der bis heute benutzten Schutzgruben aufgetragen.
    Als ich und Smosmo das gemeinsame Treiben der beiden Feuerwerkertrupps aus der Nähe beobachteten, wurde meinem Lehrer schließlich doch noch der gebührende Respekt erwiesen. Der Blechschmelzer, für dessen geplante Versorgung ich den Salbentopf in Händen hielt, kam zu uns und bat Smosmo mit Worten, die der Würde der Barmherzigen Schwester angemessen waren, sich nun wie alle an den Rand der Grube zu begeben. Erst als wir wieder oben standen, bemerkte ich die lange, in den Braunsteingrund geschnittene Rille, die auf den Ofen zulief. Heute, wo das Verfahren verbessert und erprobt ist, lernt jedes Kugelhauskind, womit eine solche Zündrille gefüllt wird: mit Klebsteinbröcklein, braunem Steinschmalz und Bittersalz, alles verknetet zu einer körnigen Paste.
    Ausgerechnet unser brandverletzter Blechschmelzer gab das Zeichen. Er pfiff auf zwei Fingern. Alle sahen zu ihm hin, und er hob die Hände über den Kopf. Unten in der Grube stand nur noch ein junger Kerl, eine brennende Klebfackel in der Rechten. Langsam klappte unser Mann einen Finger nach dem anderen in den Handteller und nannte, laut rufend, mit Neun beginnend, die Anzahl der verbleibenden Finger. Als er «Eins» gerufen hatte und der kleine Finger seiner Linken nach innen knickte, entstand ein merkwürdig dringliches Schweigen. Ich fürchtete damals, das Sinken des letzten Fingers ziehe nun gleich mit unwiderstehlicher Gewalt etwas herbei, was schon die ganze Zeit unsichtbar in der Luft gehangen war und sich gleich auf seine besondere Weise, vielleicht in einem gemeinsamen Schrei, Luft machen, ja Erlösung verschaffen müsse. Aber stattdessen beugte sich bloß der

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