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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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und weil er nicht wusste, was es zu verbergen oder in den Vordergrund zu stellen galt, tat er dies so, wie ihm das Vergangene in den Sinn strömte. Alt-Kaffee war noch eine lange Weile vergleichbar kostbar gewesen wie Alt-Alkoholika oder Zigaretten aus der Produktion vor dem Ewigen Winter. Aber ähnlich wie die Tabakwaren aus den Beständen der Guten Alten Zeit hatte das im wilden Handel erhältliche Genussmittel von Jahr zu Jahr an Qualität verloren, und irgendwann ließ sich aus den Bohnen wie aus dem vakuumverpackten Mehl nur noch eine fade, muffig riechende Brühe kochen. An die Vielfalt von Geräten, die dereinst zur Zubereitung von Kaffee im Handel gewesen waren, konnte er sich, das ungewohnte Koffein stimulierte sein Gedächtnis, plötzlich ungemein gut erinnern, und er scheute sich nicht, seine technologische Rückschau mit der Methode seiner Großmutter zu beginnen, die noch Kaffee in trichterförmige Papiertüten gefüllt hatte, um sie von einem primitiven, aber lustigerweise «Vollautomat» genannten Wassererhitzer aufbrühen zu lassen.
    Der Don bat Umann, beim Erzählen das Essen nicht zu vergessen. Er selbst sehe schon in aller Herrgottsfrühe diein der Nacht eingegangenen Nachrichten durch und neige dazu, bei dieser Lektüre und wegen der nicht selten sofort nötigen Antworten jene vernünftige, also besinnliche erste Mahlzeit zu versäumen, von der Kopf und Körper im Idealfall den ganzen Arbeitstag lang zehren könnten. So plauderten sie über mehr oder minder mechanische Kaffeemaschinen und in Vergessenheit geratene Zigarettenmarken, über Getreideschnäpse und Kräuterliköre, die, falls sie hochprozentig genug waren, auch nach Jahrzehnten noch genießbar aus staubigen Flaschen flossen. Selbst das Bier, das seit kurzem im Territorium des Weißen Khan in beachtlicher Qualität gebraut wurde, aber leider auch gekühlt nur wenige Wochen schmackhaft blieb, wurde mit den Gerstensäften der Guten Alten Zeit verglichen. Umann bemerkte, wie ihm Brot und Wurst, Butter und Marmelade immer besser zu munden begannen. Es war, als zöge sich die Angst allmählich von seiner Zunge und aus seiner Nase zurück. Sein Tastsinn allerdings, er fühlte die Eiseskälte seiner Fingerspitzen, schien der Freundlichkeit seines Gastgebers weiterhin in eigener Konsequenz zu misstrauen.
    Sobald man gute Leute zur Mitarbeit gewonnen habe, lasse sich mancherlei auf einen zukunftsträchtigen Weg bringen, meinte der Don, und im Lauf der letzten Jahre habe er zudem begriffen, wie hochdringlich es geworden sei, die letzten menschlichen Ressourcen der Guten Alten Zeit bis in den letzten Greis hinein zu erschließen. Erst zurückliegende Nacht sei ihm dies an einem schlichten praktischen Beispiel, an der Kaminkehrerkunst, überdeutlich vor Augen geführt worden. Aber hierzu ein andermal! Der Don schnipste mit den Fingern und bekam eine schwarze Mappe gereicht. Umann griff in einem nervösen Reflex nach seiner Tasse, etwas in ihm befürchtete, dass die letzte Gelegenheit gekommen war, sich den vorzüglichen Kaffee, der an diesem Frühstückstisch gereicht wurde, zu Gemüte zu führen.
    Ja, sie müssten nun leider Gottes umgehend zur Sache kommen. Die Pflichten des Tages drängten und würden wohl keinen weiteren Aufschub verzeihen. Vermutlich sei ihm der fragliche alte Herr kein Unbekannter. Umann nahm die aufgeklappte Mappe aus den Händen seines Gastgebers, und im selben Augenblick fiel ihm seine Lesebrille ein, die er am Abend des Vortags, schnell betrunken werdend, noch ein Weilchen benutzt hatte, um im Kerzenschein die eine oder andere Broschüre aus der Zeit des Großen Zappelns zu studieren. Aber bevor er sein Handicap entschuldigend vorbringen konnte, wurde ihm das schmale, abgewetzte Etui schon über die rechte Schulter gereicht. Das Foto, das die Unterlagen, offenbar eine Art Dossier, eröffnete, war ein gestochen scharfes Porträt. Umann erkannte die fragliche Person nicht. Aber er las den Namen und begriff, da er gelegentlich von der Werkstatt des Alten hatte reden hören, um wen es sich handeln musste.
    Die Angelegenheit sei heikel und anspruchsvoll, fuhr der Don nach einem geduldigen Päuschen fort. Seine Leute hätten lange nach einem Experten wie Umann, nach einem Fachmann der alten Art gesucht. Schlussendlich habe es jenes besondere Glück gebraucht, das der rußigen Kleidung der Schornsteinfeger anhafte, um ihn ausfindig zu machen. Man werde ihn nun in ein Gästezimmer bringen, damit er das Material ungestört einer

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