Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
Vom Netzwerk:
im flackernden Licht des Abteils gewesen, nun aber beklagte sie sich lauthals darüber, dass sie das bislang einzige Flugzeug ihres Lebens zwar gehört und auch heftig gefühlt, aber kein bisschen gesehen habe. Sie fragte ihre Mutter nach dessen Gestalt, und Elussa musste beschämt begreifen, dass es ihr schwerfiel, sich einen jener Kampfjets, von denen gewiss auch in der Nähe der Stadt noch einige in verkommenen Hangars auf platt gewordenen Reifen standen, so deutlich vorzustellen, wie es eine gute Beschreibung verlangt hätte. Ja, sie war sich nicht einmal sicher, ob sie je einem leibhaftigen Düsenjäger auf seinem Weg durch die Wolken nachgeguckt hatte oder ob das vage bleibende Bild nur denErzählungen älterer Verwandter entsprang. Und nach einigen ungeschickten Sätzen, in denen sie sich in den Gestaltvergleich mit Libellen, Wespen und Stubenfliegen geflüchtet hatte, versprach sie ihrer Tochter, Spirthoffer zu fragen, ob er ein Buch habe, in dem jene Flugzeugvielfalt, die in seinen jüngeren Jahren den Himmel bevölkert hatte, zumindest eine Auswahl der einstigen Artenfülle, abgebildet war.
     
    Die Explosion hatte Umann aus einem honiggelben, fast goldfarben warmen Traum, aus einem ins allerschönste Licht der Guten Alten Zeit getauchten Geschehen gerissen. Und obwohl er von den Nachwirkungen des Kräuterschnapses schlimm benommen war, hatte sein aufflackerndes Bewusstsein den merkwürdig dumpfen Knall sofort richtig gedeutet: Die Tür aus Semperlaminat war aufgesprengt worden, fachmännisch, mit einer auf dem Schloss platzierten, nicht allzu starken, eben hierfür ausreichenden Haftladung. Und während er, ins Finstere gaffend, das Wort «fachmännisch» dachte, verstand sein brummender Schädel, dass es nun absolut unfachmännisch, womöglich sogar todbringend dilettantisch wäre, nach der Lederjacke zu tasten, in deren Innentasche seine Pistole steckte. Stattdessen riss er beide Arme empor, begann, heißen Staub inhalierend, übertrieben laut und möglichst elend zu husten, und wurde fast im selben Moment von einem starken Punktstrahler erfasst.
    Draußen war es dann schon ein wenig hell gewesen. Und durch die getönten Scheibe des Don-Cars konnte er, an Händen und Füßen gefesselt, noch beobachten, wie die Männer des Kommandos aus dem Haus trugen, was sie für mitnehmenswert erachteten: seine Siebensachen, sogar die beiden Kanister Reinwasser, die Bücher und die Broschüren, die auf dem Tisch gelegen hatten, und, wie nicht anders zu erwarten, sämtliche Flaschen der Hausbar. Erst als der Dieselmotor ansprang, der löchrige Auspuff bollerte unddas Gebläse warme Luft ins Fahrzeuginnere wogen ließ, zog ihm einer seiner Bewacher eine dicht gewebte Wollmütze über Augen, Nase und Mund.
    Den großen Don hatte Umann in den Jahren von dessen Herrschaft, in der Dorokin-Zeit, wie man längst ganz selbstverständlich zu sagen pflegte, nie vor Augen bekommen. Aber die alte Frau, die von seinen Nachbarn die Brotfrau genannt wurde, weil sie zweimal die Woche von Tür zu Tür ging, um selbstgebackenes, wunderbar haltbares Schwarzbrot zu verkaufen, hatte ihm im Sommer, als sie über Mehl und Hefe, Gott und die Welt ins Gespräch gekommen waren, von ihrer persönlichen Begegnung mit Don Dorokin berichtet. Drei üble Brüder aus dem Nachbarhaus, die beiden jüngsten noch halbe Kinder, hatten ihr letzten Winter, nachdem sie ihnen die Zahlung einer Summe, die sie frech Schutzgeld nannten, verweigert hatte, nicht nur den vollen Korb, mit dem sie eben zu ihren Kunden aufbrechen wollte, sondern, um sie vollends einzuschüchtern, auch die neuen Winterstiefel abgenommen. In ihren alten löchrigen Schuhen, die zum Glück noch nicht im Ofen gelandet waren, hatte sie daraufhin den ganzen Tag in der Warteschlange der Bittsteller vor der Dreifaltigkeitskirche gestanden und war als eine der Letzten in den verdunkelten Audienzsaal vorgelassen worden.
    Dort befinde sich ein Hocker, sehr niedrig, aber durch ein strammes Kissen gut gepolstert. Und kaum dass ein Wachmann sie auf dieses gedrückt hatte, war auch schon ein Bild aufgeflammt – breiter als eine quergestellte Tür! – in einer Farbpracht und Schärfe, wie sie allenfalls die schönsten Erinnerungen an die Fernsehstunden der Guten Alten Zeit erreichten. In diesem leuchtenden Rechteck saß ihr der Don leibhaftig gegenüber. Und inzwischen habe ihr eine andere Frau erzählt, dass er auch bei ihrem Vorstelligwerden so dagesessen sei, dass er also wahrscheinlich stetsgenau

Weitere Kostenlose Bücher