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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Mitleidenschaft gezogen, recht oft sogar irreparabel ruiniert.
    «Sie meinen, das Wasser ist unser ärgster Feind?» Umann lachte, als wäre ihm mit dieser Frage ein Scherz gelungen. Und während Spirthoffer, ohne darauf zu antworten, gleich damit begann, die Rückwand des Apparats abzuschrauben, erzählte er, um kein peinliches Schweigen entstehen zu lassen, wo er das Stück gefunden habe und was er sich, vielleicht sei es nur eine nostalgische Marotte, eine recht kindische Sehnsucht, von dessen Wiederinbetriebnahme erhoffe.
     
    Als Elussa zum Unterricht erschien, fiel ihr schon an der Tür auf, dass Spirthoffer in besonderer Stimmung war. Seine Wangen waren gerötet, die feinen Äderchen, die sie durchzogen, bildeten scharf gezeichnete, scheinbar symmetrische Labyrinthe, und während er ihr die Hand gab, fingerte die Linke über sein Käppi, als wollte er dessen Sitz prüfen und gegebenenfalls korrigieren. Mitten auf dem Tisch, der sonst stets ordentlich für die Unterrichtsunterlagen freigeräumt gewesen war, stand ein großes graues Gerät. Und anstelle der Teekanne und der beiden hübschen, dünnwandigen Tassen, aus denen sie während der Sprachstunden den Tee des Alten tranken, entdeckte sie eine kantige Flasche und ein halbvolles Glas, in dem ein goldfarbener Bodensatz schimmerte.
    Spirthoffer bemerkte ihre Verlegenheit und entschuldigte sich dafür, dass er ausgerechnet heute, wo es so heftig schneie wie noch nie in diesen bemerkenswerten Adventstagen,keinen heißen Trunk bereitstehen habe. Er wolle sich sogleich darum kümmern, er habe über einer interessanten Arbeit, die ihm heute in aller dämmrigen Frühe in die Werkstatt gebracht worden sei, die Zeit vergessen. Wie denn ihrem Töchterchen der Kalender gefallen habe? Alide sei übrigens ein ebenso ungewöhnlicher wie der Eigenart der Kleinen angemessener Name. Aus welcher Sprache er denn stamme? Ihm hätten die drei Silben, so wie sie gestern von Elussa ausgesprochen worden wären, anrührend deutsch, ja märchenhaft altdeutsch im Ohr geklungen.
    Zurückliegenden Abend war Elussa nicht entgangen, wie erwartungsfroh ihre Kleine unter die Bettdecke geschlüpft war. Offensichtlich unterschätzte Alide ihre mütterliche Wachsamkeit. Koketterie war Elussa bereits bei erwachsenen Geschlechtsgenossinnen ein Gräuel. Wie absichtsvoll ihre Tochter dem alten Spirthoffer die Niedlichkeit ihres Mädchenseins präsentiert hatte, war ihr nicht entgangen, und sie hatte sich darüber bis ins Mark geärgert. Zur Strafe, aber auch weil sie den Aufschub von Genuss für eine den Charakter stärkende Erfahrung hielt, hatte sie Alide erklärt, mit dem Kalender, der ihnen von Herrn Spirthoffer geschenkt worden war, habe es noch Zeit. Im neuen Jahr würden sie einen Nagel für ihn in die Wand schlagen und dann seine Blätter Monat für Monat umwenden, um das jeweils aufgedeckte Bild gemeinsam zu studieren.
    Während Elussa ihr schmollendes Töchterchen alleine in den Schlaf finden ließ, war der Kalender unberührt auf dem Küchentisch gelegen. Aber als sie dann, nach einem letzten Lauschen am Spalt, die Kammertür geschlossen hatte, zog es sie mit einer Neugier, für deren Heftigkeit sie sich ein wenig schämte, auf einen Küchenstuhl und über das Spirthoffersche Geschenk. Dessen Deckblatt schien auf den ersten Blick nahezu geometrisch abstrakt. Erst im deutenden Betrachten offenbarte sich ein bräunlich unscharferHorizont und ein blassgrau reiner, wolkenloser Himmel, über dessen ganze Breite sich, von links nach rechts abfallend, eine weiße Spur zog. Deren Bahn war an ihrem oberen Ende noch dicht, riss dann auf, fiel in große Stücke auseinander und zerwölkte schließlich zu kleinen, ins Blau verwischenden Fleckchen.
    Elussa dachte an einen Absturz und daran, dass ihre Tochter sie bestimmt, wäre es zu einem gemeinsamen Anschauen gekommen, gefragt hätte, was oder wer da als weißer Streifen und dann bloß noch in weißen Fetzen zur Erde fiel, als sei es oder er mit Gewalt aus einer noch größeren als der abgebildeten Höhe hinabgestoßen worden. Und während Elussa für sich allein nach einer Erklärung suchte, nachdem sie Meteoriten oder Kometen verworfen und ihr aus dem letzten Unterrichtsgespräch mit Spirthoffer die einstige Existenz von Wetterballonen und Fernsehsatelliten in den Sinn gekommen war, begriff sie plötzlich ihren Irrtum. Ob Alide die gleiche Fehlschau unterlaufen wäre? Natürlich war es genau andersherum: Da flog etwas hinauf. Was sie für die Spur

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