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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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eines katastrophalen Sinkens, ja in altgläubiger Zuspitzung für einen Engelssturz gehalten hatte, war im Gegenteil der Rückstoß, der energetische Schweif eines gelungenen Aufstiegs. Hierfür hatte es früher einen Namen gegeben, der entsprechend der Häufigkeit dieser Himmelserscheinung allgemein geläufig gewesen war. Aber der eigens für diesen dampfartigen Rauch geprägte Ausdruck wollte ihr nun in keiner ihrer Sprachen einfallen. Sie holte sich Spirthoffers technische Wörterbücher an den Tisch. Die abendliche Müdigkeit war verflogen, sie stellte noch einmal frisches Teewasser auf den Allesbrenner. Ihr Ehrgeiz als Lehrerin hatte die Augen aufgeschlagen.
    Nun staunte Spirthoffer mit offenem Mund, als sie ihn, bevor er selbst etwas hierzu hatte sagen können, beim Auspacken ihrer Unterrichtsunterlagen fragte, ob es sich beidem grauen Kasten auf dem Tisch um ein Flugfunkgerät handle. Er hatte inzwischen die Schnapsflasche verschwinden lassen und per Don-Phon Gebäck beim Libanesen bestellt, und während sie die noch ofenwarmen Plätzchen in den orangen Tee tunkten, erläuterte er ihr bereitwillig, was ihm da von einem neuen Kunden in den Laden getragen worden war. Elussa beschränkte sich nicht aufs Zuhören, sondern verstand es, die Früchte ihres nächtlichen Studiums in die eine oder andere Zwischenfrage zu verpacken, was dem Reden des Alten zusätzlichen Auftrieb gab. Ja, er lobte sie sogar, nannte sie gönnerhaft ein kluges Mädchen, und so deutlich wie nie zuvor hatte Elussa den Eindruck, dass ihr vormittägliches Lernen auf eine Weise wechselseitig vonstattenging, die sie nur begrenzt durchschaute. Vielleicht hatte Spirthoffer einst selbst gelehrt, an einer technischen Ausbildungsstätte, und nun kehrte das frühere Erklären-Wollen, ja Erklären-Müssen wie ein Wandelstern nach jahrzehntelanger Absenz in das Planetensystem seines Dahinlebens, seines greisenhaften Immer-Weiter-Werkelns, zurück.
    Der fragliche Kunde, verriet ihr Spirthoffer, verstehe nicht viel von dem, was er da zur Wiederinbetriebnahme ins Elektronische Hospital geschleppt hatte. Schon bei weit einfacheren Apparaten merke man schnell, ein schlichtes Plaudern genüge, inwieweit die Benutzer Ahnung von deren Innenleben, vom verborgenen Eigensinn der jeweiligen Geräte hätten. Dies sei übrigens auch in seinen jungen Jahren nicht besser gewesen. Im Gegenteil: In der Guten Alten Zeit habe es zuletzt nicht nur an tiefergehenden technischen Kenntnissen, sondern vor allem auch an Respekt vor der hohen Leistungsfähigkeit und der erzbraven Zuverlässigkeit der damaligen Maschinen gefehlt. Zumindest darin habe sich einiges zum Guten hin verändert. Wenn er heute den schlichten, mattgrauen Blechwürfel eines Lichtradiosauf die Verkaufstheke stelle, sei es nicht bloß der hohe Preis, jene tausend Eurorubel, die er leider wegen der Rarheit einiger Bauteile verlangen müsse, der die potenziellen Käufer in Scheu, ja Ehrfurcht erstarren lasse. Und komme es schließlich zum Erwerb, sei es ihm eine Selbstverständlichkeit, dem frischgebackenen Besitzer auch eine kleine, der jeweiligen Auffassungsgabe angemessene Einführung in die Funktionsweise des Radios und in die Besonderheit des Übertragungswegs zu geben. Ob sie und Alide denn bereits ein solches Empfangsgerät besäßen? Zufällig habe er gestern von einem lang schon säumigen Ratenzahler einen tadellosen Gebrauchtapparat zurückerhalten.
    Elussa dachte daran, wie froh sie bei ihrer Ankunft in der Stadt darüber gewesen war, dass sie in der Wohnung ihres Bruders einen Don-Phon-Anschluss vorgefunden hatte. Allerdings war ihr auch bald klar geworden, wie stark die halbjährliche Phon-Dankabgabe ihr kleines Budget belastete. Selbst wenn ihr der alte Spirthoffer als Schüler treu bleiben sollte, die Anschaffung eines Lichtradios kam vorerst nicht Betracht, so gut sie sich Alides Freude an den dann möglichen gemeinsamen Radio-Abenden vorstellen konnte und so verblüffend günstig das Angebot auch war, das ihr Spirthoffer, bevor er wieder auf das Flugfunkgerät zu sprechen kam, beiläufig noch machte.

Im Advent: Sieben
    J uri besah sich in aller Ruhe das Ausmaß des Schadens. Dann verließ er den von der Explosionshitze schneefrei geleckten Fleck, marschierte über die knackenden Kunststoff- und Metallsplitter zurück an das Don-Car, das erst im zurückliegenden Sommer weiß lackiert und zum ersten und bislang einzigen Dorokinschen Krankenwagen umfunktioniert worden war. Er wollte noch einmal

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