Die Zukunft des Mars (German Edition)
erfreulich. Mit beiden Augen hatte ihm die Kleine zugezwinkert, als sie sich mit artigen Worten für die Mondbroschüre bedankt hatte, wohl wissend, ihre Mutter würde dies, hinter ihr stehend, nicht mitbekommen. Und dann hatte sie ihren deutschen Worten noch ein extra für ihn auswendig gelerntes «Thank you very much, Mister Spirthoffer!» folgen lassen. Kein Wunder also, dass er den beiden, die vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein wollten, jenen zunächst noch wohlweislich zurückgehaltenen «großen Kalender der Luft- und Weltraumfahrt» an die Ladentür nachgetragen hatte.
Eine gute Stunde später war dann der hochgewachsene, graumähnige Kerl, den er bei seinem ersten Erscheinen für einen weiteren Monster-Sammler gehalten hatte, erneut unter der Türkamera gestanden. Und sein Anläuten wäre zum zweiten Mal erfolglos geblieben, wenn die Freude über den Liebreiz von Elussas Tochter, über ihr Werben um seine Gunst nicht in seinem Gemüt nachgeschwungen hätte. Ineinem Anflug fragwürdiger Generosität, letztlich aus einer Dankbarkeit, die wie ein parasitäres Insekt einfach auf das nächste Wirtstier übersprang, hatte Spirthoffer ihn schließlich eingelassen und wäre sogar bereit gewesen, ein abendliches Viertelstündchen über die Monsters of Mars und deren bautechnische Eigenheiten zu fachsimpeln. Aber statt Sammelwut und Sammlerwissen hatte dieser Umann dann etwas anderes, ein Maschinchen höherer Potenz, zur Sprache gebracht.
Gleich nachdem der neue Kunde sich wieder verabschiedet hatte, war Spirthoffer in das Geschäft seines Nachbarn hinübergegangen. Denn aus Umanns Jackentasche hatte er eine der dünnen gelben Papierservietten ragen sehen, in die der Libanese das für den sofortigen Verzehr Bestimmte einzuschlagen pflegte. Der Araber versicherte, dass ihm der Lange zum ersten Mal vor Augen gekommen sei, rief aber, weil ihm die Dringlichkeit von Spirthoffers Erkundigen nicht entging, zwei seiner Söhne nach vorne, um auch sie zu fragen. Der Ältere hatte Umann erkannt und rückte damit heraus, er wisse auch die Straße, in der dieser schon länger wohne.
Als sein Vater in strengem Ton alles zu hören verlangte, erzählte er, dass die Spitzel der Dreifaltigkeitskirche schon eine Weile nach einem ungewöhnlich hochgewachsenen, grauhaarigen Kerl namens Umann geforscht hätten. Erst heute Nachmittag habe ihm die alte schwatzhafte Brothändlerin, die ihr Mehl bei ihnen kaufe, eine bekannte Zuträgerin des Dorokinschen Sicherheitsdienstes, erzählt, dass die Sache als erledigt gelten könne, da der Gesuchte aus freien Stücken in der Kirche erschienen sei und das mit ihm verbundene Problem aus der Welt geschafft habe.
Endlich wurde es draußen hell. Bis Umann bringen würde, wovon er gestern so verheißungsvoll gesprochen hatte, blieb noch ein wenig Zeit. Spirthoffer ging ans Regal,um sich den ersten Ordner an den Tisch zu holen. Er hatte alle Anschläge, in denen der Wille Dorokins bislang kundgetan worden war, säuberlich gelocht und abgeheftet. Gut möglich, dass es keinen zweiten gab, der über eine vergleichbare Sammlung dieser Verlautbarungen verfügte. Das älteste Blatt stammte aus einer schlimmen Zeit. Als die Kämpfe um die Vorherrschaft in den südöstlichen Vierteln kein Ende nehmen wollten, als sogar der vorsichtige Alte Ogo seinen letzten flugfähigen russischen Helikopter geschickt hatte, um die Hauptquartiere der ineinander verbissenen Kombattanten mit kostbaren Raketen zu beschießen, war die erste Bekanntmachung des Don auf Haustüren und auf die Scheiben verödeter Schaufenster geklebt worden.
Spirthoffer studierte das vergilbte Papier, und so unvermittelt, als wäre seitdem kein Tag vergangen, erquickte es ihn noch einmal, wie stilsicher der Don bereits damals, kurz nachdem seine erdbraun gekleideten Kampfgruppen aus dem Irgendwo des Umlands in den hiesigen Straßen erschienen waren, jenen väterlichen Tonfall angeschlagen hatte, der auch heute noch durch jede seiner Verordnungen schwang. Er, Vladimir Dorokin, habe seine Männer darauf verpflichtet, die unschuldige Zivilbevölkerung zu schonen, und als Don Dorokin werde er, sobald der Sieg errungen sei, ohne Verzug jene Fürsorge walten lassen, für die seine Herrschaft dann in alle Zukunft bekannt sein solle. Reinwasser, Brot, Holz und Kohle stünden bald wieder in hinreichender Menge und zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung. Allen Bewaffneten, die sich auf diese Bekanntmachung hin den Dorokinschen Verbänden
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