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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Neugier keinen Hehl, und Spirthoffer führte ihn bereitwillig herum, zeigte ihm einige besonders seltene Altgeräte, kostbare oder bloß noch kuriose Bauteile und freute sich an den fachmännischen Fragen des Besuchers.
    Als sie auf den zweiten Hinterhof hinausgetreten waren, wies Juri auf die Tür des imposanten Wasserturms und meinte, dort würde bestimmt etwas besonders Wertvolles aufbewahrt. Zweifellos etwas Großes. Eine Mittelstreckenrakete vielleicht? Spirthoffer war auf den Scherz eingegangen und hatte ihn schmunzelnd aufgefordert, die Höhe des Backsteinbaus in Metern zu schätzen. Die letzten beiden Stufen der einst zuverlässigsten Satellitentransportrakete, der chinesischen Legende «Bruder der Stratosphäre», könnten eben noch hineinpassen. Habe ihre ruhmreich treibstoffsparende Endversion nicht «Schwesterchen der Stratosphäre» geheißen? Und dann hatte er Juri eingeladen, einen Blick ins Innere des Turms zu werfen.
    Der Wagen mit den verletzten Wachmännern fuhr ab, und Juri ging zu Nickmüller hinüber, der inzwischen eingetroffen war, um die Eigenart des Attentats und das Ausmaß der Schäden zu begutachten. Als sie zusammen vor den zurückgelassenen Gleitschirmen standen, haderte Nickmüller, wie nicht anders zu erwarten, heftig damit, dass er diese doch absolut naheliegende Form des Angriffs nicht vorhergesehenhabe. Gemeinsam gingen sie zu dem Haus, von dessen Dach die beiden Kleinköpfe abgesprungen waren. Eine Frau hatte die beiden, als seien zwei Engel vom vorweihnachtlichen Winterhimmel gefallen, an ihrem Küchenfenster vorbeischweben sehen. Natürlich wollte Nickmüller die Ausstiegsstelle untersuchen und mühte sich stöhnend das Treppenhaus hinauf.
    Die Attentäter hatten die Ziegel, die sie aus der Dachschräge genommen hatten, in säuberlichen Reihen aufgestapelt, als wäre es ihnen als ein Gebot der Höflichkeit erschienen, den Hausbewohnern, die sie wieder einsetzen mussten, möglichst wenig Arbeit zu hinterlassen. Nickmüller humpelte an die breite Öffnung, gemeinsam schauten sie auf den Platz hinunter und dann in die diesige Weite des Dorokinschen Herrschaftsgebiets. Links erhob sich der Glockenturm der Dreifaltigkeitskirche, rechts war vor den wuchtigen Speichergebäuden des alten Flusshafens Spirthoffers Wasserturm das mit Abstand höchste Gebäude.
    «Luftraumüberwachung!», knurrte Nickmüller und rieb sich die schmerzende Hüfte. «Wir müssen uns etwas zur Luftraumüberwachung einfallen lassen.»
    Juri nickte brav und überlegte still, in welcher Höhe dieser Raum beginnen könnte und wie weit nach oben ihn der kontrollwütige Schwarzseher wohl beobachtet haben wollte.
    «Von den Dachrinnen bis zu den Wolken!», bellte Nickmüller, als hätte er die unausgesprochene Frage erraten. Juri dachte an die Maschinengewehrstellung, die der Don auf dem Dach der instandgesetzten Faulgasanlage hatte einrichten lassen, und an die leichten Boden-Luft-Raketen, die sich die Posten auf dem Glockenturm der Kirche über die Schulter würden legen müssen, falls es je gelten sollte, feindliche Flugkörper abzuwehren.
    «Dieser Turm dahinten! Was ist das? Ein alter Wasserturm? Egal! Vier Mann rund um die Uhr auf alle vergleichbarhohen Gebäude!» Juri nickte. Er verspürte keine Neigung, Nickmüller vorzurechnen, wie viele Leute für eine solche Überwachungsaktion von anderen dringlichen Tätigkeiten abkommandiert werden müssten, und noch weniger Lust, ihm darzulegen, wie schwierig es für Don Dorokin bereits war, seine gegenwärtige Mannschaft in Lohn und Brot zu halten.
    «Vielleicht geht es auch mit Kameras! Früher hat man doch die halbe – ach was! – die ganze Stadt mit Video überwacht. Ihr seid die Elektroniker. Lasst euch gefälligst etwas einfallen, bevor diese Idioten das nächste Mal aus heiterem Himmel angreifen!»
    Damals hatte ihn Spirthoffer schlicht übertölpelt. Die Einladung, ihm den Turm zu zeigen, die gut gelaunte Bereitwilligkeit, die der Greis an den Tag legte, hatte Juris Misstrauen außer Gefecht gesetzt. Sie überquerten den Hinterhof. Spirthoffer ließ ihm den Vortritt. Kurz war Juris Blick auf die ungewöhnlich hohe, eiserne Schwelle gefallen, im Nu jedoch hatte Spirthoffer die Tür hinter ihnen zugezogen, gewiss um ihn, den Eingelassenen, mit der Absolutheit der Dunkelheit zu verblüffen. Instinktiv wandte sich Juri noch einmal um, konnte aber bloß noch nach dem Türblatt tasten, dessen Kanten sich so perfekt in den Rahmen fügten, dass kein Quäntchen Licht

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