Die Zukunft des Mars (German Edition)
sitzend, an den Wänden, pressen die Stirn gegen die bloßen Knie. Nicht wenige haben sich inzwischen in die dunklen Seitengelasse weggestohlen, wo die nach rotem Steinsalz duftenden Matten nun zu einsam wort- und reglosem Liegen taugen müssen.
Der Bleiber sagt sich erneut, dass dergleichen noch niegeschehen sein kann. Das Große Palaver kennt kein solches, auch kein ähnliches Unglück. Aus keinem Wissen kann er, der Ratsvorsitzende, erschließen, was nun zu tun wäre. Demnach wächst seine Schuld mit jedem Atemzug. Aufrecht an der blockierten Tür der Höhle zu verharren, ist alles, was ihm noch geboten scheint. Also strafft er den fröstelnden Rücken, verschränkt die Arme, spürt an den Handgelenken peinvoll deutlich die gekräuselte Behaarung seiner Brust und erschrickt darüber, wie heftig er sich wünscht, die Zündpechfackeln würden verlöschen, die Wassersteinhöhle sänke in völlige Dunkelheit. Finster wie in den tiefsten Stollen, wie im Urgrund der Mockmock-Keimung soll es bleiben, bis dieser Traum, in den sie allesamt geraten sind, wieder in ein vereinzeltes Erwachen mündet, weil auf den Fluren der Morgengong ertönt und diese Nacht wie jede andere Doppelmondnacht, die ihr vorausging, ins Vergessen-Dürfen stürzt.
Da kommt ihm Smosmo in den Sinn. Der Bleiber schämt sich sogleich dafür, denn es gehört sich nicht, an eine andere als die amtierende Barmherzige Schwester zu denken. Aber der Schrecken des Gefangenseins hat das Bild wie von selbst hervorgetrieben. Er spürt, dass er sich jenen Smosmo herbeisehnt, den er vor Jahren, während seiner ersten Ratszeit, auf besondere Weise kennenlernen durfte. In jene Amtsperiode waren Smosmos Anträge gefallen. Unerhörte drei Mal machte er damals vom Recht der Barmherzigen Schwester Gebrauch, Veränderungen vorzuschlagen. Zweimal wurden seine Eingaben nach qualvoll stockenden, wahrlich zermürbenden Aussprachen einstimmig zurückgewiesen. Nur Smosmos dritter Vorstoß war erfolgreich, vielleicht weil er den Rat mit den beiden ersten Attacken gründlich verstört hatte. Auch ihm, dem damals unerfahrensten Ratsmitglied, dem erst seit einem Jahr hinreichend Ergrauten, erschien die Einrichtung eines Arbeitstrupps für unsichtbare Kräfte unter Leitung der blutjungen Twitwi nicht ganz so abwegigund unschicklich wie die beiden Ansinnen, die diesem Vorschlag vorausgegangen waren.
Um Twitwis Talente vor dem Rat ins rechte Licht zu rücken, hatte Smosmo eigens eine Vorführung arrangiert. Der Ziehstein war zuvor kaum mehr als ein Gerücht gewesen, eine Mär, die vermutlich bei den Mockmock-Beobachtern der untersten Ebenen, den Urgrund-Beobachtern, ihren Anfang genommen hatte. Nun stellte sich heraus, dass Twitwis Mutter von einer dort in der Tiefe Tätigen einen Ziehsteinbrocken als Geschenk erhalten hatte. Die fragliche Urgrund-Beobachterin entstamme – der Umstand wurde von Smosmo schamlos als Erklärung der Gabe angeführt – derselben Frau wie Twitwis Mutter. Diese habe den Stein dann an ihre halbwüchsige Tochter weitergereicht. Und von Smosmo in den Versammlungsraum gebracht, zeigte Twitwi den Ratsmitgliedern ohne jede Scheu, was sich damit anstellen ließ.
Der Bleiber senkt den Blick. Die Barmherzige Schwester ist zu ihnen an das Tor gekommen. Ihre Beleibtheit, für die es unter den gegenwärtigen Umständen noch weniger als sonst ein angemessenes Wort gibt, macht ihm den Atem stocken. Sie betastet die Tür, schmiegt ihren massigen Körper nacheinander an beide Flügel, beschnüffelt, auf die Zehenspitzen geschnellt und dann ganz langsam in die Hocke sinkend, die Rille, zu der die Türteile zusammenlaufen, greift sich schließlich in das hochgesteckte Haar, zieht den Splittersteindorn heraus, der es zusammenhält, und beginnt damit, seine Spitze in die Fuge zu zwängen.
Seine Ratskollegen sind, kaum dass der Barmherzigen Schwester das offene Haar über den fleischigen Rücken fiel, mit einem ganz leisen, aber doch unüberhörbaren Murren einige Schritte zurückgewichen. Den Laut, den sie wie mit einer Kehle ausgestoßen haben, hat der Bleiber sogleich wiedererkennen müssen. Das gleiche Unmutsgeräusch, halbKnurren, halb Seufzen, erklang einst auch in der Ratssitzung, als Smosmo den ersten seiner Neuerungsvorschläge vorgebracht hatte. Smosmo bat zu erwägen, wie es sich bewerkstelligen ließe, ihre gemeinsame Zahl, die Gesamtzahl aller Männer, Frauen und Kinder, zu ermitteln. Selbst jetzt noch macht den Bleiber die Kühnheit dieses Vorstoßes
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