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Die Zunge Europas

Die Zunge Europas

Titel: Die Zunge Europas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Siegfried Lowitz und nicht mit dem Sauspatz Rolf Schimpf) mal eine Sendung ganz. Es wird häufig behauptet, Fernsehen mache stumpf und dumm und sei eine gigantische Zeitvernichtung. Das ist natürlich völliger Quatsch. Es fällt auf, dass diejenigen, die so einen Unfug behaupten, in ihrer erdrückenden Mehrheit humorlos sind und dämlich bis ins Mark. Erdrückende Mehrheit, erdrückende Durchschnittlichkeit. Wofür nutzen die eigentlich ihre vom Munde abgesparte, fernsehfreie Zeit? Sie könnten lesen, die Abendschule besuchen, Museen besuchen, Ausstellungen besuchen, Vorlesungen besuchen, sonst irgendwas besuchen und sich Typen wie mir gegenüber einen uneinholbaren Vorteil erarbeiten. Vielleicht sind sie sogar in den gerade beschriebenen Richtungen aktiv, nützen aber tut es ihnen merkwürdigerweise nichts, sie bleiben immer gleich. Das Geld, das sie mit ihrer disziplinierten Lebensweise sparen, investieren sie vornehmlich in Reisen. Aber natürlich nicht irgendwelche Reisen. Erholungsurlaub macht die Unterschicht, sie unternehmen Trips, Expeditionen,
journeys
. Tiefseetauchen, Weltumseglungen, sorgsam ausgetüftelte Individualurlaube. Wie habe ich meinen Schulfreund Frank Riestorf für seinen Mut bewundert, direkt nach dem Abitur und noch dazu ganz allein nach Australien zu reisen. Australien!Das muss man sich mal vorstellen. 1 ganzes Jahr (in Worten: ein ganzes Jahr). Mit dem Rucksack! Den Kontinent hatte er durchquert, quasi zu Fuß. Nie im Leben hätte ich mich das getraut. Ich war gespannt wie ein Flitzebogen, als wir uns nach seiner Rückkehr zum ersten Mal wieder trafen, und felsenfest überzeugt, dass Frank Sachen erlebt hatte, von denen ein Normalsterblicher gar nicht weiß, dass es sie überhaupt gibt. Einer, der gar nicht weiß, wohin mit seinen Erfahrungen, bewusstseinserweitert, geläutert, erhellt. Dann die Ernüchterung: Er war noch langweiliger als vorher. Vielleicht fiel es mir auch nur deshalb auf, weil wir uns so lange nicht gesehen hatten, man weiß es nicht.
     
    Da lob ich mir einen rammdösigen Sonntagnachmittag mit «auto motor und sport TV». Für mich sind Autos das Letzte. Und alles, was mit ihnen zusammenhängt: ADAC, Dekra, TÜV, Autobahnraststätten, Autohöfe, Formel 1, Formel 2, Formel 3000, Cartrennen (Hitlerjugend), Reisewellen, Pfingststaus, Tuning, Brummis und die ödeste Frage der Welt, nämlich ob die aktuelle Benzinpreiserhöhung ungerechtfertigte Abzocke oder nicht ungerechtfertigte Abzocke ist. Einerseits.
    Andererseits interessiere ich mich für Autos. Das war schon immer so. Woher dieser vermeintliche Widerspruch rührt, weiß ich nicht und will ich auch nicht wissen, man kann schließlich alles tottherapieren. Ich hab Benzin im Blut, bums, Ende, aus. Erklärung: Mein Urgroßvater, den ich leider nie persönlich kennengelernt habe, ist begeisterter Automobilist gewesen. Und die Leidenschafthat eben zwei Generationen übersprungen, Mendel’sche Gesetze, kennt man doch. Egal. Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe von «auto motor und sport TV» waren Pendler bzw. Pendeln: Pendlerpauschale, Pendelzuschlag, Pendelabschlag, was weiß ich. Meine Meinung: Wer jährlich Tausende von Euros spart, weil er ins billige Umland (Speckgürtel) flieht, sich die Fahrtkosten aber von Vater Staat erstatten lassen will, der hat sie doch wohl nicht mehr alle! Nachts pennen und tagsüber pendeln, und Vater Staat soll dieses kreuzegoistische Lebensmodell auch noch subventionieren! Wenn ich mich über etwas
richtig
aufrege, kommt meistens Vater Staat ins Spiel. Ich sage Vater Staat gern auch mehrmals hintereinander: Vater Staat, Vater Staat, Vater Staat. Hier ist er zur Abwechslung mal gefragt, hier müsste er durchgreifen: Für Pendler heißt es ab sofort den Speckgürtel enger schnallen, damit daraus ein Abspeckgürtel wird, die Deutschen sind sowieso viel zu dick.
    «auto motor und sport TV», was für eine Sendung:
    «Dem Reihensechszylinder quillt der Charakter nur so aus den Brennräumen. Aufgeweckt wie ein Rennterrier, stürmisch wie ein Kampfstier, drehfreudig wie ein Formel- 1-Fahrer im Training, aber so sanft im Abgang wie bitterzarte Schokolade. Der Achtzylinder lässt sich keine Maulsperre verpassen. Er knackt angriffsfreudig mit den Gelenken und hängt hungrig am Gas. Im Schubbetrieb saugt er beruhigend, unter Last faucht er animierend, bevor er im oberen Drittel die hauchige Jazztrompete anbläst.»
    Werbepause. Schade. Fliegender Wechsel (mit fliegendenFahnen – haha, klingt

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