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Die Zunge Europas

Die Zunge Europas

Titel: Die Zunge Europas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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schönen Fraun, mit Musik und Tanz.
    Doch der Schein hält nie, was er dir verspricht.
    Kehr endlich um. Tränen lügen nicht.
    Karina hat eine Ausstrahlung, wie NIKE sie noch bei keinem anderen Mädchen gesehen hat. Das nächste Stück ist von Roy Black:
    Mona, Mona, es kann Liebe sein.
    Sicher ist es nicht die Nacht allein,
    Was wir versäumen, wenn wir nur träumen,
    Mona, das kann Liebe sein,
    Mona, Mona, sag jetzt nicht «vielleicht»,
    Es wär schade um die Nacht, bleib nicht allein,
    Da ist ein Feuer in deinen Augen,
    Mona, es kann Liebe sein.
    Das finden die Mädchen scheiße. Roy Black ist: absolut no go. Sie sind noch zu jung, um zu wissen, dass er der größte Schlagersänger in der Geschichte Deutschlands ist, sie haben keine Ahnung, dass die Amerikaner Elvis haben und die Deutschen Roy Black, sie finden Roy Black genauso scheiße wie Heino, sie kennen sich allgemein nicht so aus mit Deutschland. Aber darüber können sie sich auf der Heimfahrt Gedanken machen. Oder auch nicht. Sie steigen von den Tischen herunter und signalisieren Aufbruchbereitschaft. Endlich. Endlich geht’s ab nach Haus.
     
    NIKE steht ein paar Minuten wie betäubt da, dann schleicht er raus, seine Kollegen schleichen hinterher. Zurück nach Bergedorf. Er besorgt sich von seinem letzten Geld einen Flachmann (Nordhäuser Doppelkorn) und leert ihn in großen, wütenden Schlucken. Alles egal jetzt. Trinken, um runterzukommen, aber er ist so aufgeladen, dass er Passanten anrempelt, um eine Schlägerei anzuzetteln. Die meisten riechen den Braten schon von weitem, sie huschen ängstlich davon oder verdrücken sich in eine der vielen Spielhallen. Seine Kollegen folgen ihm in gebührendem Abstand. Jetzt bloß nichts Falsches sagen oder machen. Sie steigen die Treppe hinunter zur S-Bahn , Haltestelle Reeperbahn. Rasend vor Wut tritt NIKE gegen den Fahrkartenautomaten.
    «Ihr Scheißfotzen, wenn ich euch erwisch, ey, ich schwör’s euch.»
    Seine Kollegen haben Schiss vor dem Sicherheitsdienst, den Bullen oder Kontrolleuren oder einer wie immer auch gearteten Instanz.
    «Ey, Digga, lass doch, Digga, komm.»
    «Ey, halt die Schnauze, Alter, ich schwör’s dir, halt die Schnauze.»
    Mehrmals noch tritt er gegen den Automaten, dann dreht er ab und wankt zum Bahnsteig, auf dem sich zu dieser Zeit gerade mal eine Handvoll Leute verlieren. Er tigert herum, tritt gegen eine Bank, einen Papierkorb und haut Affe mehrmals ins Gesicht. Die Wartenden verpissen sich stumm ans andere Ende der Haltestelle.
    Zwei Mädchen kommen die Rolltreppe herunter. Die eine ist robust und kräftig, die andere klein und zierlich. Die Robuste hält ihr Handy in alle Richtungen:
    «Gibt’s doch gar nicht, es gibt mittlerweile Verstärker für den Handyempfang, ey, die Scheißstadt, Geld für die Scheißkontrolleure haben die, aber tausend Euro, oder was das kostet hier, haben die nicht. Huren!»
    Die Kleine nickt. Sie bewundert ihre Freundin dafür, dass sie so redet, sie könnte das nicht wg. Erziehung, Scheißguteerziehung, Scheißguteselternhaus, lässt sich einfach nicht abschütteln. Sie ist stolz, dass die Große sie mitgenommen hat, und dann gleich auf den Kiez, es hat endlos gedauert, bis sie ihre Eltern überredet hatte. Jetzt ist sie müde und erschöpft, aber gut drauf. Den ganzen Abend über hat sie nur drei kleine Bier getrunken, das ist ja praktisch nichts. Mit zwei Jungs hat sie geknutscht, doch dann hat der, den sie eigentlich gut fand, ihr gleich zwischen die Beine gefasst. Idiot. Schade. Sie hätte sichgern mit ihm verabredet, aber so nicht. Dass die Jungens auch alle so bescheuert sind. Ihre Freundin hat mit niemandem geknutscht, sie ist mit ihrem Schwimmerkreuz und der großen Fresse sowieso mehr der Kumpeltyp, außerdem hat sie seit einem halben Jahr einen festen Freund, und
sich mit Typen rumbeißen
kommt nicht in die Tüte. Ihr Macker kriegt das sowieso raus, und dann war’s das, er gibt jedem Menschen genau eine Chance, und wer die vergeigt, wird mit dem Arsch nicht mehr angeguckt, und zwar genau bis ans Lebensende. Die Kleine ist niedlich, sehr niedlich sogar. Ganz kindlich und süß, und riechen tut sie bestimmt auch hervorragend, überall, und zierlich, unter fünfzig Kilo, ach was, unter fünfundvierzig Kilo. NIKE denkt an die Asiatin aus dem
1900
, die Stripperin und an Karina, und an alle anderen zierlichen, süßen, unerreichbaren Prinzessinnen.
    «Fotze, blöde Fotze», murmelt er vor sich hin. Einmal wenigstens kommen die nicht

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