Die Zusammenkunft
entgegengenommen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hans-Heinrich Syren
Die Reaktionen auf diese Einladung hätten unte rschiedlicher nicht ausfallen können, und Sirona war überrascht, als sie sah, wie über Paul Bennets Gesicht für einen Augenblick ein dunkler Schatten zog. Es hatte fast den Anschein, als würden seine Zähne hinter fest verschlossenen Lippen kräftig zu mahlen beginnen. Lora dagegen klatschte begeistert in die Hände und strahlte.
»Oh das hört sich ja wunderbar an, so viele Menschen und dann Abendgarderobe. Ich war noch nie auf einem Sommerfest in diesem Stil. Oh, habt ihr den Namen des Hotels gelesen? Ich habe noch nie in so einem teuren H otel übernachtet. Aber ich habe gar kein Kleid! Was mach ich denn mit meinen Haaren, ob das Hotel einen eigenen Friseur hat? Ich habe gehört, dass die italienischen und französischen Männer die romantischsten und hübschesten Männer der Welt sein sollen«, und an Paul gewandt: »Na ja, vielleicht mit Ausnahme von kanadischen Indianern.«
Paul schaute zu ihr hinüber, aber sein Gesicht blieb reglos. Er stand auf und verließ mit den Worten »Sorry, bin gleich zurück!« das Büro.
Dies alles bekam Sirona gar nicht richtig mit. Ihr Blick blieb an drei Wörtern in der Einladung hängen: »Dre sden« und »Hotel Suitess«. Sie hatte das Gefühl, als könne sie nicht mehr richtig atmen. Lora brabbelte immer noch vor sich hin.
Sirona stand auf. »Ich brauche mal frische Luft, ich habe den ganzen Morgen schon Kopfschmerzen.«
Draußen im firmeneigenen Park setzte sie sich auf eine Bank. Kaum hatte sie die Augen geschlossen, war alles wieder da. Der schwere Mann auf ihrem Körper. Seine dunklen, blauen Augen. Das krachende Geräusch der Nase, die sie gebrochen hatte. Ihr Hass, ihre Wut, als sie sich erinnerte, dass er sie getötet hatte, irgendwann in einem Leben, an das sie sich nicht erinnern konnte. Die Panikattacke auf der Toilette, die Panik, als sie ihren blutüberströmten Körper im Spiegel sah. Die Male auf ihrem Rücken und in ihrem Gesicht. Das irritierende Gefühl von Angst und gleichzeitiger Sicherheit. Es schien ihr sogar, als könne sie ihn riechen, sein Blut schmecken.
Die Erinnerungen überwältigten sie, ihr Körper schnellte nach vorne. Sie würgte, aber ihr Magen hielt alles eisern fest, lediglich ein paar Tropfen Speichel rannten ihr über die Lippen. Sie hatte seit Dresden nie lange über diesen Vorfall nachgedacht, hatte ihn einfach verdrängt und war damit eigentlich ganz gut gefahren – bis jetzt. Die Wörter »Dresden« und »Hotel Suitess« aber beschworen alles wieder herauf, alle Gefühle, alle Ängste, die Panik und die Wut.
Keuchend umklammerte Sirona ihren Oberkörper, sie würgte und betete gleichzeitig, dass niemand sie sah, bis diese Attacke vorüber war .
Sirona hatte nicht geahnt, wie lange sie brauchen wü rde, um ihren Puls wieder zu beruhigen. Als sie auf die Uhr schaute, erschrak sie. Es war fast eine Stunde vergangen. Sie stand auf und fühlte sich auf einen Schlag um zehn Jahre gealtert.
Im Büro saßen Paul und Lora wie gewohnt zusammen vor dem Bildschirm und diskutierten über Zahlen. Als Lora das Büro verließ, um neuen Kaffee zu holen, stand Paul auf und kam auf Sirona zu.
»Ich frage nur ungern, aber ich habe ein Problem, privater Natur, und würde Sie gern um Hilfe bitten. Hätten Sie vielleicht ein paar Minuten Zeit für mich, eventuell unten in der Meetingzone?«
Sirona sah zu ihm hoch. »Selbstverständlich, gehen Sie schon mal vor. Sie können mir einen Kaffee aus dem A utomaten ziehen.«
Sie lächelte.
Paul Bennett hatte ihre Reaktion vorausgeahnt. Sie würde sicher versuchen, vor den Blicken der anderen zu flüchten.
Er stand im Schatten eines Baumes, beobachtete sie, r egistrierte jede ihrer Reaktionen, analysierte sie und speicherte sie ab, jedes kleinste Detail.
Er würde nicht bis heute Abend warten können, um mit Kanada Kontakt aufzunehmen , Er musste unbedingt näher an sie heran, sofort, er musste ihr Vertrauen erlangen, koste es, was es wolle, denn in diesem Zustand war die Frau die reinste Zeitbombe. Das war nicht schwer zu erkennen und er musste verhindern, dass sie explodierte, bevor er sie sicher in den Schutz von Castello Del Guardiano Della Spada gebracht hatte. Er würde sie jetzt nicht mehr aus den Augen lassen dürfen. Er würde jetzt zu ihrem unsichtbaren Schatten werden müssen. Fragte sich nur, wie weit es in seiner Macht lag, sie zu schützen.
Als er das Gefühl
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