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Die Zusammenkunft

Die Zusammenkunft

Titel: Die Zusammenkunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Bauers
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Stufe runter, ich bin nicht Gott! Aber ich fahre gern mit Ihnen nach Rom, denn ich liebe diese Stadt. Einmal im Leben den Vatikan von innen sehen! Sie müssen eine Möglichkeit finden, dass ich das schaffe.«
    Paul richtete sich auf, Erleichterung im Blick.
    »So, und nun zum zweiten Übel, raus mit der Sprache!«
    »Ich habe schon seit Tagen mit dem Hotel in dem ich übernachte … sagen wir es mal so, es gab Komplikati onen. Meine Firma hat mir nun endlich ein neues Hotel genehmigt. Ich müsste mir heute Abend also eine neue Bleibe suchen, um mich dort für zwei Tage einzurichten, bevor ich wieder auf Hotelsuche gehe. Kurz, kann ich bis zum Abflug nach Rom Ihr Gästezimmer benutzen?«
    Sirona schwieg und wartete ab.
    »Ich verspreche, ich gehe Ihnen aus dem Weg. Sie werden mich nicht sehen und ich werde auch alle Likörsorten Ihrer Mutter brav noch einmal probieren.«
    Sirona grinste. » Da s nenne ich Einsatz. Ich ziehe den Hut vor Ihnen.« Sie lachte ihn an. »Wir holen heute Ihre Koffer und was meine Mutter angeht, nehme ich Sie beim Wort.« Dann trank sie einen Schluck Cappuccino, starrte in die Tasse und sagte leise: »Wissen Sie, Paul, ich hab Sie wirklich gern und das, was Sie über unser Gespräch am Samstagabend gesagt haben, empfinde ich genauso wie Sie. Ich glaube, wenn Sie uns wieder verlassen, werde ich traurig sein.« Damit trank sie die Tasse aus, rutschte von ihrem Hocker und ging zurück in ihr Büro.

Es war Freitag gegen fünf, als sie mit Paul zu Hause ankam. Wie befürchtet, nahm Kim ihn gleich in Beschlag. Sie hatte rasend schnell ihr Bad leergeräumt und danach auch noch alles sauber gemacht. Paul sollte ja nicht denken, dass sie ein Schmutzfink war.
    Nachdem Paul sich eingerichtet hatte, wurde er auf die charmanteste Art und Weise, die sich ein Mann nur wü nschen kann, von Kim gezwungen, ihr ausnahmsweise bei den Hausaufgaben zu helfen und mit ihr noch einmal die Matheaufgaben durchzugehen, was er auch bereitwillig tat.
    Eine Weile beobachtete Sirona die beiden aus der K üche heraus. Dann ging sie in den Garten, legte sich mit einer Decke auf ihre Liege, die wie immer mitten auf der Wiese stand, schloss die Augen und versuchte sich zu entspannen. Sie ließ ihre Gedanken schweifen, dachte an Rom, an die Spanische Treppe, an die Piazza del Popolo, auf der sie zuletzt vor zehn Jahren gesessen hatte, versuchte sich an die Wärme auf ihrer Haut und an den Geruch zu erinnern. Dann, als sich innere Ruhe in ihr ausbreitete, spürte sie, wie ihre inneren Schutzwälle allmählich nachgaben, ein Gefühl, das sie kannte, ehe sie in einen Traum glitt. Nur, dass sie hellwach war. Sie sah dunkle Augen auf sich zukommen, sie spürte Aggression und Angst. Ihr Atem veränderte sich schlagartig und Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn.
    Ihr Körper schnellte hoch und sie riss die Augen auf, in der Hoffnung, dass die Panikattacke verschwinden würde, sobald sie den Garten erkannte, in dem sie lag. Sie keuchte und als sie die Blicke wahrnahm, die durch die Scheibe aus dem Esszimmer auf sie fielen, hob sie nur die Hand und täuschte einen Hustenanfall vor. »Ich bin reiner Geist, reiner Geist bin ich, frei von allen Grenzen, sicher geheilt. Ich bin reiner Geist, reiner Geist bin ich, frei von allen Grenzen, sicher geheilt.« Sie sagte ihr Mantra immer wieder auf, bis Atmung und Herzschlag ruhiger wurden und sie auf die Liege zurückfiel.
    Ihre Augen behielt sie offen, in der Hoffnung, dass der Anblick von Rosen und Wiese sie ablenken würde. Dann schweiften ihre Gedanken zurück zum 21. März 2010, jenem Tag, an dem sie eine der ungewöhnlichsten Begegnungen ihres Lebens gehabt hatte. An diesem Tag hatte sie Claire getroffen.
    Über einen kuriosen Umweg hatte eine Bekannte ihr die Adresse und Telefonnummer von Claire in die Hand gedrückt. Sirona hatte sich mit spirituellen Wahrnehmungen ihr Leben lang auseinandersetzen müssen, nicht erst seit Karstens Tod und seiner Verabschiedung. Ihre Begabung, Dinge zu spüren, die andere nicht wahrnahmen, konnte man wie ihre Mutter Sensibilität nennen oder - wie Karsten - Einfühlungsvermögen. Sirona aber wusste, dass mehr dahinter stecken musste, als nur eine spirituelle Begabung, die neben der ihr angeborenen Aggressivität irgendwie existieren konnte, und die ihr mit zunehmendem Alter auch immer häufiger diese eigenartigen Träume beschert hatte. Sie spürte Stärke und Kraft, wo eigentlich Angst und Verzweiflung ihr Leben hätten bestimmen müssen.
    Die meisten

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