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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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ohne?«
    »Und es heißt immer, die Frauen könnten sich nicht entscheiden«, erwiderte sie und kehrte in ihre Wohnung zurück.
    Daldry erschien gegen Mittag bei Alice. Er trug einen Anzug, war gekämmt und parfümiert, aber nicht rasiert. Bevor Alice etwas sagen konnte, verkündete er, was den Bart betreffe, gebe er sich Zeit bis zu ihrer Abreise. Er lud seine Nachbarin in den Pub ein, um auf neutralem Terrain zu diskutieren, wie er präzisierte. Doch am Ende der Straße angekommen, zog er Alice zu seinem Auto.
    »Gehen wir nicht mehr zum Essen?«, erkundigte sich Alice.
    »Doch«, erwiderte Daldry, »aber in ein richtiges Restaurant mit Tischdecke, Stoffservietten und erlesenen Gerichten.«
    »Und warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    »Ich wollte Sie überraschen. Außerdem hätten Sie wieder Einspruch erhoben, und ich habe Lust auf ein gutes Stück Fleisch.«
    Er öffnete ihr die Tür und forderte sie auf, hinter dem Steuer Platz zu nehmen.
    »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist«, gab sie zu bedenken. »Letztes Mal waren die Straßen völlig leer …«
    »Ich habe Ihnen eine zweite Fahrstunde versprochen, und ich pflege meine Versprechen zu halten. Und wer weiß, ob wir in der Türkei nicht so manchen Kilometer zurückzulegen haben. Ich will nicht der Einzige sein, der fahren muss. Also machen Sie die Tür zu und warten Sie, bis ich auf dem Beifahrersitz Platz genommen habe, bevor Sie die Zündung einschalten.«
    Daldry ging um den Austin herum und stieg ein. Alice befolgte genauestens jede seiner Anweisungen, und sobald er sie aufforderte abzubiegen, hielt sie an, um sicherzugehen, dass Sie nicht einem anderen Fahrzeug die Vorfahrt nahm, was Daldry zur Verzweiflung brachte.
    »Bei dieser Geschwindigkeit werden wir noch von einem Fußgänger überholt! Ich lade Sie zum Mittag-, nicht zum Abendessen ein.«
    »Sie brauchen ja nur selbst das Steuer zu übernehmen. Sie sind nervig, wenn Sie die ganze Zeit nur kritisieren. Ich tue mein Bestes!«
    »Na gut, dann treten Sie ein wenig fester aufs Gaspedal.«
    Kurz darauf bat er Alice, am Bordstein anzuhalten. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Ein Restaurantangestellter eilte auf die Beifahrertür zu, bis er bemerkte, dass die Dame am Steuer saß. Er lief sogleich um den Austin herum, um Alice beim Aussteigen zu helfen.
    »Aber wohin haben Sie mich geführt?«, fragte Alice, die so viel Aufmerksamkeit einschüchterte.
    »In ein Restaurant«, seufzte Daldry.
    Alice war überwältigt von der Eleganz des Ortes. Die Wände des Speiseraums waren mit edlen Holztäfelungen verkleidet, die Tische in perfekter Ordnung aufgereiht und mit Damastdecken versehen, auf denen so viel Silberbesteck lag, wie Alice in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen hatte. Ein Butler führte sie zu einer Nische und bat Alice, auf der Bank Platz zu nehmen. Sobald er sich zurückgezogen hatte, reichte der Oberkellner ihnen die Karten, begleitet von einem Sommelier, der gar nicht die Zeit hatte, Daldry zu beraten, denn dieser bestellte sogleich einen Château-Margaux, Jahrgang 1929.
    »Was ist denn nun schon wieder?«, fragte Daldry an Alice gewandt, nachdem der Sommelier gegangen war. »Sie sehen wütend aus.«
    »Ich bin wütend!«, sagte Alice im Flüsterton, um nicht die Aufmerksamkeit der Nachbarn zu erregen.
    »Das verstehe ich nicht. Ich führe Sie in eines der berühmtesten Restaurants von London, ich bestelle einen selten erlesenen Wein von einem geradezu mythischen Jahrgang …«
    »Das ist es ja eben. Sie hätten mir Bescheid geben müssen. Sie haben einen Anzug an und ein Hemd von einem Weiß, das den erfolgreichsten Wäschereibesitzer vor Neid erblassen lassen würde. Ich dagegen sehe aus wie eine Schülerin, die an der nächsten Straßenecke eine Limonade trinken geht. Wenn Sie die Höflichkeit besessen hätten, mich von Ihrem Vorhaben zu informieren, hätte ich mir wenigstens die Zeit genommen, mich ein wenig zu schminken. Die Leute an den Nachbartischen müssen sich sagen …«
    »Sie sind eine reizende Frau, und ich kann mich glücklich schätzen, dass Sie meine Einladung angenommen haben. Wer würde seine Zeit damit vergeuden, auf Ihre Kleidung zu achten, wenn doch Ihre Augen die ganze Aufmerksamkeit der Männerwelt auf sich ziehen. Nun machen Sie sich keine Gedanken, sondern genießen Sie bitte, was man Ihnen servieren wird.«
    Alice sah Daldry zweifelnd an. Sie kostete von dem Wein, wie berauscht von dem samtigen, nachhaltigen Aroma.
    »Sie sind doch nicht etwa gerade

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