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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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beibringen solle. Daldry dachte einen Augenblick nach und sagte schließlich, die Antwort stecke bereits in der Frage. Sie sollte ihnen einfach sagen, dass sie eine Entscheidung getroffen habe, die sie glücklich machen würde. Wenn es echte Freunde seien, könnten sie Alice nur ermutigen.
    Daldry verzichtete darauf, ein Dessert zu bestellen, und Alice schlug vor, sich ein wenig die Beine zu vertreten.
    Während dieses Spaziergangs musste Alice ständig an Carol, Eddy, Sam und vor allem an Anton denken. Wie würden sie reagieren? Ihr kam die Idee, sie alle zu sich zum Abendessen einzuladen. Sie würde ihnen mehr als gewöhnlich zu trinken geben, warten, bis es spät geworden wäre, und ihnen dann – der Alkohol würde ihre Zunge lockern – von ihren Plänen erzählen.
    Sie entdeckte eine Telefonzelle und bat Daldry, einen Augenblick auf sie zu warten.
    Nachdem sie vier Anrufe getätigt hatte, kam es ihr so vor, als hätte sie die erste Etappe einer langen Reise absolviert. Ihr Entschluss stand fest, und sie wusste, dass sie ihre Meinung nicht ändern würde. Sie lief zu Daldry, der, an einen Laternenpfahl gelehnt, eine Zigarette rauchte. Bei ihm angelangt, fasste sie ihn bei der Hand und begann, sich im Kreis zu drehen.
    »Lassen Sie uns so schnell wie möglich aufbrechen. Ich möchte dem Winter entkommen, London und meinen Gewohnheiten. Ich wünschte, es wäre schon so weit. Ich werde die Hagia Sophia besichtigen, durch die Gassen des Großen Basars schlendern, mich an den Düften berauschen, auf einer Fähre den Bosporus überqueren, Ihnen zusehen, wie Sie die Passanten an der Kreuzung zwischen Okzident und Orient skizzieren. Ich habe keine Angst mehr, und ich bin glücklich, Daldry, unendlich glücklich.«
    »Auch wenn Sie mir etwas beschwipst vorkommen, bin ich hocherfreut, Sie so fröhlich zu sehen. Das sage ich nicht, um Ihnen zu schmeicheln, meine liebe Nachbarin, es ist ernst gemeint. Ich begleite Sie zu einem Taxi und begebe mich dann zum Reisebüro. Dabei fällt mir ein: Haben Sie einen Reisepass?«
    Alice schüttelte den Kopf wie ein kleines, auf frischer Tat ertapptes Mädchen.
    »Ein guter Freund meines Vaters hatte einen wichtigen Posten im Außenministerium. Ich rufe ihn an, er wird die Angelegenheit beschleunigen können, da bin ich mir ganz sicher. Deshalb Programmänderung: Wir lassen Passfotos von Ihnen machen, das Reisebüro muss warten, und dieses Mal sitze ich am Steuer.«
    Alice und Daldry suchten einen Fotografen in ihrem Viertel auf. Während sich Alice zum dritten Mal vor einem Spiegel kämmte, erklärte ihr Daldry, dass die einzige Person, die ihren Pass aufschlagen würde, der türkische Zollbeamte wäre, um seinen Stempel auf eine Seite zu drücken. Mit Sicherheit würde er kein Aufhebens um ein paar rebellische Haarsträhnen machen. Schließlich nahm Alice auf dem Drehstuhl des Fotografen Platz.
    Dieser hatte sich unlängst mit einer brandneuen Apparatur ausgestattet, von der Daldry fasziniert war. Er zog ein Blatt aus dem Gehäuse, trennte es in zwei Teile, und wenige Minuten später entdeckte Alice ihr Gesicht auf vier Aufnahmen. Dann nahm Daldry auf dem Stuhl Platz. Er lächelte einfältig und hielt den Atem an.
    Ihre Fotografien in der Tasche, begaben sie sich zum Passamt im Viertel St. James. Vor dem Beamten bauschte Daldry die Dringlichkeit ihrer Reise auf, betonte, dass ihr wichtiges Anliegen zum Scheitern verurteilt sei, wenn sie nicht rechtzeitig abreisen könnten. Alice war verblüfft ob der Dreistigkeit, die er an den Tag legte. Daldry zögerte nicht, sich auf eine hochgestellte Persönlichkeit im Ministerium zu berufen, mit der er verwandt sei, deren Namen er aus Gründen der Diskretion aber lieber nicht erwähnen wolle. Der Mann versprach, die Dinge zu beschleunigen. Daldry bedankte sich und schob Alice zum Ausgang, fürchtete er doch, sie könnte seinen Schwindel enthüllen.
    »Nichts kann Sie zurückhalten«, sagte sie und trat auf die Straße.
    »Doch: Sie! Mit der Miene, die Sie aufgesetzt haben, während ich für Sie eingetreten bin, hätten Sie fast alles zunichtegemacht.«
    »Entschuldigen Sie, dass ich lachen musste, als Sie vor diesem armen Mann geschworen haben, wenn wir nicht in wenigen Tagen in Istanbul wären, würde die gerade genesende englische Wirtschaft sich nie mehr erholen.«
    »Die Tage dieses Beamten müssen von grausamer Monotonie sein. Dank meiner ist er jetzt mit einer Aufgabe befasst, die er als eine seiner wichtigsten erachtet. Ich sehe darin nur

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