Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
so als wäre sie eine von anbrandendemMeerwasser unten ausgehöhlte Klippe. Eine Erstürmung durch Leiter oder Belagerungstürme – selbst wenn diese in solch schwindelnde Höhe reichten – war somit nahezu ausgeschlossen, wenn die Wehrstände besetzt waren.
An der linken und rechten Seite der besagten Felsenfront schlängelten sich von unten her zwei Wege mühevoll nach oben. Der rechte davon beinhaltete eine schmale Treppe und kletterte so stark, das er nur kräftigen, forschen Personen zu empfehlen war. Der linke hingegen vollführte seinen holprigen Anstieg in ausladenden Serpentinen, sodass sich seine Steilheit in Grenzen hielt und er trotz seiner Enge mit ausreichend Geduld und Vorsicht mit Pferden, Maultieren und Karren passiert werden konnte. Auch über jene beiden Zugangswege konnte kein Feind – und sei er noch so zahlreich – einen aussichtsreichen Angriff ernstlich erwägen.
Ferner gab es zwar Gerüchte über geheime, tunnelartige Pässe und Schächte, die angeblich aus dem Inneren des Burggeländes durch dessen rückwärtigen Wände in das Innere des Milmondo Mirnors führten, doch hatte noch niemand eine Bestätigung dafür geliefert. Selbst Arnhelm oder Braccas hatten keine versteckten Gänge gefunden, obwohl sie in ihren jungen Jahren durchaus danach suchten. Der Fürstensohn hatte sogar immer wieder seinen Vater danach befragt, woraufhin ihm dieser jedoch stets ebenso wenig weiterhelfen konnte. Seine Mutter konnte von solchen Geheimnissen ohnehin keine Kenntnis besitzen, da sie nicht aus der Stadt entstammte, sondern erst in späteren Jahren dorthin gezogen war.
Dirath Lum diente als Feste, die wachsam über dem Reich thronte. Solange sie nicht fiel, konnte auch Rhodrim nicht untergehen, denn in ihr residierte die Fürstenfamilie, die das Land seit vielen Generationen mit Wachsamkeit und Zurückhaltung und zur großen Zufriedenheit seiner Bewohner regierte. Ihr Heim war ein prächtiger, palastartiger Bau aus rötlichem Stein mit einer runden, aus bronzenem Marmor gearbeiteten Kuppel und einem spitzen Turm. Durch die Anwesenheit der Herrschenden wurde die Bastion zugleich auch zur Hauptstadt, was bereits seit den Zeiten Theron Goldklinges der Fall gewesen war.
Neben der Familie der Fürstin, deren Gefolge und einigen der wichtigsten Heeresführer lebten außerdem zahlreiche Menschen ganz unterschiedlicher Berufsgruppen in der luftigen Höhe, denn das Gebiet zwischen Wall und Berg bot überraschend viel Platz. Der Zugang wurde allerdings streng überwacht und in der Regel nur denjenigen gestattet, die dort wohnten oder aber Geschäfte zu verrichten hatten. Einfache Besucher hingegen wurden täglich nur in einer begrenzten Zahl und ohne Waffen eingelassen.
Imalra ging die Stufen des Turmes hinab, der sich an den linken Flügel des Palastbautes anschloss. Dabei bewegte sie sich gewohnt vorsichtig und blickte vor jedem ihrer Schritte argwöhnisch nach unten, denn jener Gebäudeteil, in dessen obersten beiden Etagen sich ihre persönlichen Gemächer befanden, war klein an Fläche, und die weiße Treppe führte in engen Serpentinen hinab.
Schließlich fand sie den glatten Marmoruntergrund des Erdgeschosses, wo ihre samtenen, an der Sohle mit dünnen Holzplättchen verstärkten Schuhe fortan klackende Geräusche hinterließen. Sie durchquerte einen schmalen Flur, der bis auf eine einzelne große, hellgrüne Amphore weiß und kahl gehalten war.
Danach betrat sie einen größeren Raum, der bereits auf den ersten Blick angenehm und heimelig wirkte. Ein Feuer knisterte in einem Kamin, flauschige Teppiche bedeckten den Boden, zahlreiche Bücher standen in einem geräumigen Regal an einer der Wände, und mehrere Vasen mit blühenden Pflanzen sorgten für einen zusätzlichen Schmuck. Zwei mit Kerzen bestückte Leuchter an der Decke sorgten für eine ausreichende Helligkeit, denn nur ein einziges, vergittertes Fenster sorgte für den Einlass von Tageslicht. Dies war eines der Zeugnisse der Zwergenarchitektur,denn diese mochten den Schutz von dunklen Gewölben und dämmrigen Hallen und stellten darüber hinaus Aspekte der Wehrhaftigkeit immerzu an oberste Stelle.
An einer der Mauern des Saales hatte sich der umfangreiche Fries eines beeindruckenden, grimmig dreinschauenden Zwergenkopfes befunden. Dieser hatte wahrscheinlich Borgin den Großen darstellen sollen, den Erschaffer Dirath Lums und mächtigsten Zwerg der überlieferten Geschichte Arthiliens, welcher schließlich ein unrühmliches Ende im
Weitere Kostenlose Bücher