Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
können und woher er über die Züge des Feindes so trefflich Bescheid wusste.
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Arth Mila war keine typische Metropole, wenn man sie mit manchen anderen Städten Arthiliens verglich. Angesichts der ländlichen Prägung Rhodrims mit seinen unzähligen kleinen Dörfern und vielen einzelnen, abgeschiedenen Gehöften war sie dennoch eine der größten und bedeutsamsten Siedlungen des Reiches. Die Bedeutung, die ihr in wachsendem Maße zukam, gründete zweifellos in erster Linie auf ihrer geographischen Lage, denn sie befand sich ziemlich genau in der Mitte des Landes und konnte von allen beliebigen Richtungen über gute Wege erreicht werden. Daher rührte auch der Name, den man ihr gab, Arth Mila – „Herzland“.
Die Stadt war rundlich angelegt worden und wurde von einem hohen Palisadenzaun umsäumt, der aus dicht nebeneinander angebrachten, stämmigen und oben spitz zulaufenden Holzpfeilern gebildet wurde. Jener Wall war nicht einfach zu überwinden und bot immerhin einigen Schutz. Über dem einzigen, einflügeligen Tor, welches nach Süden schaute, wachte ein einsamer Turm, auf dessen geräumiger Plattform immer mehrere Männer zugleich Ausschau hielten. Die massive Pforte, welche den Einlass versperrte, war aus dicken, mehrlagigen und mit eisernen Beschlägen verstärkten Holzbrettern gezimmert. Dahinter konnten mehrere Balken und Eisenstangen in Bügeln verankert werden, um bei Bedarf für zusätzlichen Schutz zu sorgen.
Innerhalb der Umzäunung erstreckte sich ein bunter Wald aus Häusern, Hütten und Stallungen, doch sorgten viele offene Plätze und blühender Pflanzenwuchs für eine angenehme, überaus lebenswerte Atmosphäre. Die Bürger der Stadt lebten weniger als in den übrigen Teilen des Landes üblich von Ackerbau und Viehzucht, sondern überwiegend vom Handwerk, denn namhafte Schreiner, Weber und Schmiede entstammten von hier. Weiterhin sorgte die hohe Zahl der stetig Durchreisenden und kurzzeitig Verweilenden dafür, dass reichlich Läden mit allen gewünschten Verkaufsartikeln zur Verfügung standen. Auch zahlreiche Gasthäuser und Pensionen in verschiedenen Preisklassen luden Besucher ein und sorgten dafür, dass die ein oder anderen Goldstücke und Silberlinge inmitten der eigenen Mauern verblieben.
Sogar als Erholungsort war Arth Mila mittlerweile gefragt. Dies lag neben der günstigen Erreichbarkeit sowie der Vielseitigkeit und der Abwechslung, die man hier finden und die lediglich eine Gemeinde solcher Größe bieten konnte, vorrangig an der malerischen Lage, welche den Ort umgab.
So wurde der Blick nach Osten vom Bleichsteinwald beherrscht. Dieser trug seinen Namen, da er auf den Höckern einer Höhenkette wuchs, die sich nach Osten länglich dahinzog und ihn an vielen Stellen mit kreidebleichen, von weit her sichtbaren Steinklippen durchsetzte. Die unzähligen Föhren, Fichten und Kastanien, die den Hain bildeten, zogen sich die schroffen Hänge auf allen Seiten hinauf und bedeckten die Erhebung beinahe vollständig. Entlang deren nördlichen Flanke verlief im Übrigen die Straße nach Osten, von welcher diejenige nach Norden in unweiter Entfernung abzweigte.
Nordwestlich der Stadt, getrennt von derselben nur durch einige hundert Schritt saftigen Grases, erstreckte sich weiterhin ein immenser See, dessen glattgespülte Uferhänge und Randsteine ebenfalls überwiegend weiß erglänzten. Einzeln stehende, hohe Laubbäume beschatteten das stille Gewässer, welches besonders am Abend in einem ausnehmend schönen, silbrigen Glänzen erstrahlte.
Die weiten Wiesen im Norden, Süden und Westen, deren welliger Schliff jeden Morgen unter einem goldgelben Dunst stand, machten die Idylle vollkommen.
An jenem Tag, welcher gerade anbrach, hatte sich vieles verändert in jener ansonsten so friedfertigen und glücklichen Umgebung. Im nahegelegenen Gelände lagerte ein großes Heer, eine Ansammlung von grimmigen Männern, die sich statt in leichte Reisekleidung in zähe Harnische gehüllt hatten und in denen Beherztheit und Furcht miteinander im Wettstreit lagen. Ihre Frauen und Kindern hatten sie vor ihrem Aufbruch, der sie letztlich an diesen Ort geführt hatte, vorsorglich noch einmal innig umarmt, denn vielleicht war es das letzte Mal gewesen, dass sie dazu die Möglichkeit besaßen.
Die vielen wohnlichen Häuser inmitten der Palisade waren hingegen verwaist und ohne Leben. Drei Tage zuvor bereits waren Boten aus Dirath Lum eingetroffen, welche die bittere Anweisung der Fürstin überbrachten,
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