Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
hatte sie sich zunächst durch Blickkontakt mit der Fragestellerin vergewissert, dass diese tatsächlich von ihr eine Antwort erwartete. Ganz offensichtlich war sie es nicht gewohnt, in Anwesenheit ihres Gemahls an dessen Stelle zu reden. Gleichwohl klang ihre Stimme überzeugend und fest.
Sanae nickte, doch verriet ihr Gesicht angesichts jener Auskunft keine endgültige Zufriedenheit.
Das Mahl verlief des Weiteren in einer allzu beschaulichen, beinahe ein wenig beklommen wirkenden Atmosphäre. Was Dwari zu der Bemerkung veranlasste, dass in seiner Heimat selbst bei Begräbnissen mehr Heiterkeit herrschte. Kogan konterte dies mit dem Hinweis darauf, dass Zwerge wohl vor allem lauter seien und außerdem weitaus mehr Bier in sich hineinschütten würden. Daraufhin bekam Dwari nur noch mehr Durst und verlangte einen weiteren Kelch Met. Nachdem er das Trinkgefäß anschließend mit einem einzigen Zug fast gänzlich geleert hatte, verzog er das Gesicht, lästerte über die Süße des Honigweines und den Geschmack der Lemurier und stieß schließlich einen herzhaften Rülpser aus.
Dies wiederum veranlasste Sanae, die ihm geradewegs gegenüber saß, zu einer angewiderten Reaktion und einigen derben Mutmaßungen über die Manieren und Umgangsformen der Zwerge. Der hünenhafte Kogan brach darüber in Gelächter aus und hielt den Zwerg zu einer Erwiderung an. Dwari ereiferte sich jedoch nicht weiter über die Schelte, vielleicht da er durch die üppigen Speisen und den reichlich genossenen Wein für den Augenblick zu sehr zufrieden gestellt war. Oder aber, da er freiweg eingestehen musste, dass die Engat Lumerin nicht Unrecht hatte. Denn wahrhaftig waren seine Artgenossen weder für geschliffene Manieren noch für eine übermäßige Körperpflege berühmt. Und da sie sich auch keineswegs dafür schämten, hielten sie mit ihren Gewohnheiten auch in Gegenwart anderer Leute selten hinter dem Berg.
Alles in allem entwickelte sich das abendliche Zusammensein im Torindo Isa Nuafa doch noch zu einem unterhaltsamen und ein wenig chaotischen Ereignis. Mit ein wenig Beobachtungsgabe konnte man dabei darüber hinaus viele interessante Details erkennen.
Beispielsweise beschwatzte Beregil die ganze Zeit über unvermindert die ermüdete Merian, was allmählich peinlich wirkte. Währenddessen hörte der dicke Marbun nicht auf, das Gespräch mit Sanae zu suchen, die ihn jedoch ihrerseits hartnäckig ignorierte und stattdessen weitaus lieber mit Arnhelm, Kogan und Braccas sprach. Vor allem stellte sie viele Fragen über die Städte, Landschaften und Gebräuche Rhodrims sowie über Fürstin Imalra, der sie noch nie begegnet war.
Während die Rhodrim in dem Maße, wie sie Bier und Met genossen, zusehends an Gelöstheit und Lautstärke gewannen, blieben die wenigen anwesenden Lemurier hartnäckig zurückhaltend und reserviert. Kheron betrachtete das Treiben und Geschwafel um ihn herum missmutig und ohne große Anteilnahme. Es schien, als wäre er nach seinem letzten Bissen am liebsten unverzüglich aufgestanden und hätte sich zurückgezogen.
„Ach, jetzt einen schönen Krug Schwarzbier aus Zwergenauen, serviert von zwei prächtigen, gutgebauten Zwerginnen! Das wäre eine wahre Freude ...“, seufzte Dwari vor sich hin und schnalzte mit der Zunge. Unterdessen hatte er damit begonnen, sich mit einem seiner Fingernägel Fleischreste zwischen den Zahnlücken herauszupulen.
*
Es war kaum fünf Minuten her, da Arnhelm seine Bleibe für die Nacht betreten hatte, als es zweimal sanft an die Tür pochte. Ehe er reagierte, sann er kurz darüber nach, wer zu dieser späten Stunde wohl als Besucher in Frage käme, doch entschied er schließlich, dass er zu müde zum Nachdenken war.
Er schlenderte zur Tür, öffnete und erblickte zu seiner Verblüffung das makellose Antlitz einer Frau, die er sehr wohl kannte, doch gegenwärtig nimmer erwartet hatte. Ihr Kopf war von einem Überwurf aus weichem, hellem Stoff bedeckt, sodass ihre dunklen, unwahrscheinlich schönen Haare nur an den Rändern ihres Gesichtes hervorglänzten.
„Sagt mir, ob ich eintreten darf, Arnhelm von Rhodrim. Denn falls nicht, sollte ich mich rasch zurückziehen, da mein Vater mein Hiersein keineswegs billigen würde und ich mich nur mit Mühe aus meinem Gemach davonschlich, ohne dass die Wächter mich sahen“, sagte Prinzessin Merian mit langsamer, wohlklingender Stimme. Währenddessen schien sie ihr Gegenüber mit einem stetigen, festen Blick ihrer weichen, rehbraunen Augen
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