Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
geradezu zu fesseln.
Der blondhaarige Mann trat sofortig zur Seite, machte eine einladende Geste und setzte ein verlegenes Lächeln auf. Er kam sich dabei etwas unsicher und ungeschickt vor, wohl da er nicht genau wusste, wie er jene Situation zu bewerten hatte. „Es ist lange her, dass wir das letzte Mal miteinander sprachen, Prinzessin, und ich hätte nicht gedacht, dass es bei meinem jetzigen Aufenthalt in Pír Cirven zu einer neuerlichen Gelegenheit hierfür kommt. Ich muss daher sagen, dass Euch die Überraschung geglückt ist.“ Lautlos und sorgfältig verschloss er die Tür, nachdem seine Besucherin mit leichten und grazilen Schritten geschwind eingetreten war.
„Eine der Euch liebsamen oder weniger liebsamen Art?“, fragte sie, wobei sie sich unvermittelt zu ihm umdrehte und ihm auffordernd in die Augen blickte.
„Wie könnt Ihr fragen?“, erwiderte der Rhodrim wie zum Protest. „Um die Wahrheit zu sagen, habe ich mich oft nach Eurer Gegenwart gesehnt seit unserem letzten Abschied und während unserer Reise nach Lemuria eine große Vorfreude auf ein Wiedersehen mit Euch verspürt.“
Eine Weile hielt sie seinem Blick, der nunmehr stumm auf sie eindrang, stand, dann wandte sie sich ab und setzte sich auf einen nahe dem Fenster stehenden Hocker. Sie atmete daraufhin schwer, verschränkte ihre Arme in den Schoß und sah zum Boden hin. Arnhelm folgte ihr bedächtig nach und setzte sich auf das Bett ihr schräg und in gebührendem Abstand gegenüber.
„Es sind schwere Zeiten für unsere Länder“, sagte Merian. „Mein Vater ist alt und hat den Kontakt zum Volk verloren. Seine Sorge gilt dem Fortbestand der Königslinie und seine Loyalität einzig Lemuria und nicht der Gesamtheit der Menschen oder gar ganz Arthilien, so wie es sein sollte.“
Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr und verriet ihr Leiden. Sie war nicht eine Frau wie ihre Mutter und nicht diejenige, die ihr Vater von ihr erwartete zu sein. Mitnichten folgte sie den Zielen und Weisungen der sie umgebenden Männer in stillem Einverständnis nach, sondern machte sich unermüdlich eigene, tiefgreifende Gedanken, die gleichwohl in den meisten Fällen unbemerkt von ihrer Umwelt blieben und die sie niemals aussprechen konnte. Dies quälte sie und bereitete ihr eine große Gram.
„Und nun steht jene neue Gefahr vor unseren Toren“, fuhr sie zu sprechen fort, „und wenn Eure Worte stimmen und die Orks stark sind und uns angreifen werden, dann wird diese Last zuschwer für uns zu schultern sein. Denn unser Reich ist zu einem Volk der Handeltreibenden geworden, und allzu große Trägheit und Zufriedenheit haben sich in ihm breit gemacht. Nicht einmal der Oberkommandierende Beregil oder ein aussichtsreicher Mann wie Heeresmeister Falmir wird unsere Männer in einer solchen Schlacht zu einem Sieg führen können.“
„Ich sehe Eure Sorge, und viele Eurer Ansichten vermag ich zu teilen, doch solltet Ihr die Hoffnung nicht aufgeben. Und Ihr solltet auch nicht zu streng über Euren Vater urteilen, denn er will nur das Beste für sein Land und die Menschen und ist im Grunde seines Herzens ein tapferer und aufrechter Mann. Weiterhin habt Ihr von der Mission gehört, die mir und meinen Gefährten auferlegt wurde. Ich bin sicher, dass sie erfolgreich sein wird, und mit dem Goldenen Schwert werden wir eine wirkliche Chance haben, die Feinde von unseren Städten und Dörfern fernzuhalten, sollten diese sich tatsächlich zu einem Angriff entschließen.“
Nun sah sie zu ihm auf, wobei ihr Blick seltsam eindringlich, bewegt und besorgt wirkte. Gleichzeitig schob sie ihre weiche linke Hand zu dem blondhaarigen, gut gebauten Rhodrim hinüber, ergriff seine Rechte und drückte diese auf eine für ihre Verhältnisse kräftige und dennoch zärtliche und einfühlsame Weise. „Arnhelm, ich kenne dich nun schon so lange. Auch wenn du erscheinst wie die meisten anderen Männer dieser Tage, so voll Wagemut, Verlangen und Stolz, spüre ich doch, dass du weiter sehen kannst als andere, mehr Gefühle in dir trägst und dich mitunter, ebenso wie ich, an schönen, anmutigen und tiefsinnigen Dingen erfreuen magst. Wenn wir uns wiedersehen, möchte ich viele Stunden mit dir verbringen, sofern Aldu und das Schicksal es hold mit uns meinen!“
„Ich werde zurückkehren, Merian, das verspreche ich! Und niemand soll dann mehr zwischen uns stehen!“
Auch ihre anderen Hände fanden nun zueinander und berührten sich. Beide blickten sich mit einem warmen, dem Gegenüber
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