Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
beiden Seiten von peitschendem Wasser umtoste Schlauch aus erdigem, steinüberwuchertem Land unmittelbar vor ihren Füßen, kaum einige Hundert Schritt entfernt. Und wenn sie ihre Sinne anstrengten und die aufkeimende Düsternis mit scharfen Blicken durchstachen, vermochten sie bereits die leuchtend grünen Wipfel der Bäume am anderen Ufer des Wasserarmes auszumachen.
Kein Ashtrog hatte sich jemals zuvor in die Nähe jenes Ortes gewagt. Und spätestens seit dem lange zurückliegenden, gescheiterten Versuch der Takskalls, auf dem jenseitigen Land in kriegerischer Absicht Fuß zu fassen, war er von allen Orks gemieden worden. Nur allzu deutlich verspürte Bullwai eine ihm innewohnende Abneigung gegenüber dem nördlichen Kontinent,welchen der Eine sicherlich nicht ohne Grund den Elben anvertraute, während er den Orks Dantar-Mar als Lebensraum gab. Dasselbe hatte zwar ein raues und karges Gesicht, doch war es immerhin ihre Heimat.
Die Krieger befanden sich gegenwärtig immer noch auf dem südlichen Kontinent, doch war die Vegetation bereits in dieser grenznahen Gegend weitaus reichhaltiger und vielfältiger als in allen weiteren Teilen Dantar-Mars, sofern die Ashtrogs dies beurteilen konnten. Eine Ausnahme stellte allein der breite Küstenstreifen dar, denn dieser war unbewachsen und von einem Teppich aus unzähligen Kieselsteinen bedeckt.
Nachdem die in etwa vierhundert Köpfe zählende Horde vor vier Tagen aufgebrochen waren, hatten die Marschierenden zunächst eine Landschaft durchquert, die für ihre Heimat typisch war, denn weitläufige Gebirgszüge wechselten sich mit einsamen Schluchten ab und führten sie unablässig über einen staubigen, geröllhaltigen Untergrund hinweg. Dann aber, als sie weiter nach Norden vorstießen, begann das Leben der Trockenheit zusehends zu trotzen, sodass zunächst viele dornige und kakteenartige Pflanzen sowie immer dichter stehende Grasbüschel hervortraten. Am vorläufig letzten Tag ihrer Wanderung nun waren sie gar ganzen Flächen von Grün und mehreren Wasserstellen, die von Schilf und Pfeifengras umstanden waren, begegnet. Und schließlich hatten sogar einige hochgewachsene Nadelbäume ihren Weg gesäumt, was von jedermann ausgiebig bestaunt wurde, da jene Exemplare ausnehmend gesund und stark wirkten, und Bäume in Dantar-Mar ohnehin nur selten zu finden waren.
Mittlerweile dämmerte der Abend, und die Sonne senkte sich in einer roten Glut hernieder. Die Orks brauchten nicht sehr lange, um ganz in der Nähe ihres Standortes im Schatten einiger moosbewachsener Felsen, die sie vor dem strengen Wind schützten, eine geeignete Bleibe für die Nacht zu errichten.
Die Einteilung der Wachen und auch die Aufsicht über das Aufschlagen des Lagers übernahm Uchnoth. Mehr noch als alle anderen schien er von einer nervösen Vorfreude auf die bevorstehenden Aufgaben erfüllt zu sein. Seiner überschüssigen Energie machte er dadurch Luft, dass er die gemeinen Angehörigen des Trupps unermüdlich zu mehr Schnelligkeit und besserer Arbeit antrieb und sich dabei einer derben Wortwahl bediente. Allerdings nahm dies niemand allzu ernstlich oder ärgerte sich gar darüber, da alle das großspurige Wesen des Befehlsgebers allzu gut kannten und jeder seine jeweilige Aufgabe ohnehin so gut und gewissenhaft wie nur möglich zu verrichten suchte.
Schließlich verschwand die Sonne im fernen Westen gänzlich und wurde vom schwarzen Schleier der Nacht verschluckt. Es herrschte ein so klarer Himmel, dass die Sterne als unzählige Leuchtpunkte ungetrübt erstrahlten und von der Ferne her eine gedämpfte Helligkeit verbreiteten, was im Zusammenspiel mit der milden Witterung eine überaus angenehme Atmosphäre schuf.
„Glaubst du immer noch, dass es richtig ist, Dantar-Mar den Rücken zu kehren?“, fragte Bullwai Ogrey, während er mit seinem väterlichen Freund etwas entfernt der anderen dasaß. Beide hatten sich an einen großen, glattkantigen Findling gelehnt und blickten in die Nacht hinaus, da sie sich vorerst nur mäßig müde fühlten.
„Vielleicht“, gab der ältere Ork nach einer Weile zur Antwort, „ist es tatsächlich unsere Bestimmung, ewig in Dantar-Mar zu bleiben, das steinige Land zu zähmen und einzig zu versuchen, der jeweils nächsten Generation die Chance auf ein Fortbestehen des Stammes zu hinterlassen. Und wenn wir wollen, wird sich diese unsere Aufgabe womöglich auch niemals ändern, denn wenn wir zurückkehren zu unseren Frauen und Kindern, können wir ihnen
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