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Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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Feuerzorn trat durch das letzte der zahlreichen, teilweise miteinander verflochten Blätterdächer und setzte seinen Fuß auf eine großflächige Lichtung.
    Der Anblick, der sich ihm nunmehr offenbarte, war wahrlich überwältigend. Zwar hatte er den Platz, welchen er nun vor sich sah, in seiner Anordnung und seinen Formen und Farben genau ebenso in Erinnerung behalten, doch waren seine Gedanken einzig schlechte, nichtssagende Nachahmungen, ein allzu oberflächlicher und grober Abklatsch des wahrhaftigen Werkes. Obgleich er so oft schon hier geweilt hatte, dass er dies einstmals zu zählen aufgehört hatte, kam es ihm doch vor, als sähe er etwas, was der Stoff unzähliger alter Lieder und Gedichte war, in diesen Augenblicken erstmals und gänzlich unerwartet mit dem Licht seiner eigenen Augen.
    Eine Stimme erhob sich. Während er dem Gesang verzaubert lauschte, fühlte sich Furior unsagbar berauscht. Sein Herz pochte und ließ ihn sich fühlen, als wäre er in die unbeschwerten Tage seiner Jugend zurückversetzt, als er frei von jedweden Sorgen über die ewigen Wiesen und sanften Hügel Aiuras tollte und jeglicher Kummer und Kampf noch undenkbar für ihn waren. Doch jene Heimat war verloren, und ebenso würde eine Zeit, in welcher er ein unbeschwertes Glück genießen konnte, niemals wiederkehren, darüber war er sich bewusst.
    Der See, der sich in der tiefliegenden Waldschneise erstreckte, war ovalförmig, doch verjüngte er sich im Norden zu einem schmalen Flaschenhals, an welchen sich ein weiteres, rundliches Becken anschloss. Somit erinnerte er in seiner Ausformung unweigerlich an den Leib eines Lebewesens, eines Elben oder Menschen beispielsweise. Um das Gewässer herum schlängelte sich ein breiter Streifen Land, der von Moos, Laub und saftigen Gräsern überzogen waren. Die Blumen, die dazwischen sprossen, waren beinahe einheitlich weiß, sodass sie wie unzählige helle Sterne wirkten oder aber, an Stellen, an denen sie besonders dicht standen, das Gras wie nach einem Schneetreiben erscheinen ließen. Jede für sich hingegen war recht klein und unscheinbar, so als wollten sie betont dezent im Hintergrund verbleiben und keinesfalls mit der Schönheit des Sees in Konkurrenz treten. Die Ufer, die zum Wasser hin rundherum flach abfielen, waren gesäumt von Tulpenbäumen, die im jeweils gleichen Abstand von einigen Schritt auseinanderstanden. Ihre vasenförmigen Blüten waren außen makellos weiß und cremefarben in ihrem Innern. Ihre hohen Stämme schimmerten wie poliertes Graugold und waren bis dicht unterhalb der Krone so gerade wie der sorgfältig gezeichnete Pinselstrich eines Künstlers. Jedoch bogen sie sich von dort an zur Seeseite hin, sodass sich die ausladenden Äste und das Blätterdach über das Gewässer neigten.
    Zwischen den Bäumen hindurch war die stille Oberfläche des Tanim Anglóras zu erkennen. Die Strahlen der Sonne ließen das kristallklare Wasser erglänzen. Die Wipfel der Tulpenbäume und die hoch über die Lichtung hinwegsegelnden Wolken spiegelten sich darin in geheimnisvollen Farben, sodass es schien, als leuchteten versunkene Edelsteine aus der Tiefe empor. Ab und an wurde die oberste Schicht des Sees von zarten Bläschen oder kreisförmigen Bewegungen gerührt, was zeigte, dass Fische und vielleicht andere Tiere, die man niemals zu Gesicht bekam, hier lebten. Wenn man in die Höhe schaute, war zwischen dem Ring aus Zweigwerk hindurchein blaues Stück Himmel sichtbar, welches in Kontrast zum hellen Anblick des Gewässers besonders voll und satt in seiner Farbe wirkte.
    Die freie Fläche, welche den See in ihrer Mitte hatte, erschien wie ein fahlgoldenes Meer, das sanft im Winde wogt, denn neben den vielen weißen Blüten wirkte selbst die Luft ungemein reichhaltig und glühte und knisterte im Sonnenlicht. Alles an jenem Platz war merklich angereichert mit einer sonderbaren Energie, die nicht beschrieben, sondern nur erlebt werden konnte. Es war, als wehe unablässig goldener Samen oder aber der Staub von Sternen, die von einer unbekannten Beschaffenheit waren, in dem Tal zwischen den es umfriedenden Hängen umher und verliehe ihm jenen außergewöhnlichen Glanz.
    Furior machte sich auf, nach links an dem See entlang zu gehen und denselben auf diese Weise zu umrunden. Dabei betrachtete er versonnen das Spiel von Licht und Schatten am Uferrand und auf der Wasseroberfläche. Was ihn jedoch noch weitaus mehr umfing, war der unsagbar liebliche Gesang, den er gewahrte und der in seiner

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