Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
Böschung, welche er daraufhin hinab beging, war mit einem dichten Filz von Grashalmen bedeckt, die besonders weich und wattig waren. Ihr Grün war etwas voller und dunkler als der Rasen, den er zuvor gesichtet und überschritten hatte. Wie wenn die dicken Halme, die hier standen, Federn in ihrem Innern besäßen, richteten sie sich, nachdem der Elb und sein Reittier über sie hinweg gewandert waren und sie eingeknickt hatten, augenblicklich wieder zur vollen Größe ihres Wuchses auf. Es war ein besonderes Gras, welches alleinig in der Nachbarschaft des Tanim Anglóras existierte, wie Furior wusste, und einen ungemein stattlichen und stolzen Eindruck vermittelte.
Der Besucher schritt zwischen mehreren Linden hindurch, die zerstreut auf der abwärts führenden Fläche wuchsen. Mit ihren weit ausladenden Ästen und ihren zahllosen, vielblättrigen Zweigen spendeten sie ihrer Umgebung ein großes Maß an Schatten und verbargen außerdem weite Teile dessen, was sich dahinter verbarg. Dann wurde das Gefälle steiler, und eben in der Richtung, in welche der Elb gehen mochte, rückten die Bäume dichter zusammen, als ob sie ihn nach links oder rechts abdrängen wollten. Zwar geschah dies nicht in einer böswilligen, aggressiven Art, wie es die Gewächse des äußeren Mantels des Ered Fuíl zu tun pflegten, doch bemühten sich die prächtigen Linden immerhin, den beiden Reisenden einen anderen Weg als den von ihnen gewünschten schmackhaft zu machen. So versperrten sie die Passage in diejenige Richtung, in welcher der einzigartige See in Frieden ruhte, nicht vollständig, sondern erschwerten lediglich deren Begehen und ließen stets genügend Freiraum offen.
Das Pferd, das noch vor wenigen Tagen inmitten seiner wilden Herde im entfernten Osten des Kontinents gelebt hatte, bemerkte die Veränderung und wurde ein wenig unruhig, doch sein Herr ließ sich nicht beirren. Furior wusste, dass der See ein Heiligtum, eine besondere Kostbarkeit war, der es für die Pflanzen und Bäume, die in seiner Nähe gediehen, Schutz zu gewähren galt. Auch wenn selbst er das Rätsel, das mit dem Gewässer zusammenhing, niemals hatte vollständig lüften können, bestand für ihn dennoch kein Zweifel daran, dass die außergewöhnliche Schönheit und Lebendigkeit, welche an diesem Ort noch größer war als an anderen Teilen des Herzgebietes des Stillen Waldes, auf den Tanim Anglóras zurückzuführen war. Der Zauber, der hier wirkte, mochte eine Folge der natürlichen Entwicklung der Dinge sein oder aber das Zeugnis früherer Bewohner, die längst vergessen waren und keine anderen Spuren hinterlassen hatten. Oder aber, und dies hielt der einstmals gelehrteste und bedeutendste des Stammes der Lindar für die wahrscheinlichste Möglichkeit, verfolgten Aldu und seine Engelswesen eine ganz bestimmte Absicht mit der Erschaffung jener Oase inmitten der rauen Wildnis der Lande, welche sich zwischen dem Milmondo Mirnor und dem östlichen Ozean erstreckten. Und vielleicht war es auch kein Zufall, dass ausgerechnet er jenen Ort entdeckt hatte und die Überlebenden seines Volkes letztlich durch ihn, wie er längst erfahren hatte, hierhergeführt wurden.
Auf jeden Fall wurde Attim, sein alter Freund, stets ungewöhnlich still und flüchtete sich in wenig sagende Worthülsen, wenn das Gespräch auf den geheimen Ursprung von Forst und See kam. Immerzu hatte der weise Baumriese sich letztlich mit der Aussage begnügt, dass es hier einst, viele Jahrtausende vor dieser Zeit, nur drei Dinge gab. Diese waren Nuwenas See, der Monolith, welcher das Zentrum des Stillen Waldes markierte, und eben er selbst. Weiterhin sagte er, dass einige der Bäume und Büsche voller Neid und schlechter Gedanken waren, undzwar aus dem Grund, dass sie nicht wie andere Wesen auf Beinen laufen und sich begeben konnten, wohin sie wollten. Zur Strafe verbannte man diese aus dem Herzen jenes Landes und gab ihnen auf, das unberührte, wundersame und ewig fröhliche Innere der Bewaldung gegenüber allem Fremden zu bewachen. So entstanden das wunderbare Aím Tinnod der Elben und der jenen versteckten Ort umhüllende Ring aus missgünstigen, hinterlistigen Gewächsen, die von allen Bewohnern des Kontinents gemieden wurden. Darüber, wessen Plan dies Geschehen gehorchte, schwieg sich die uralte Eiche hingegen aus.
Die Linden, die weiter unten am Fuß des Hanges standen, wurden von einem sachten Wind bewegt, sodass die langen Schatten, die sie warfen, sich langsam hin und her schoben. Furior
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