Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
ein weites Stück von den Schmelzöfen und den Stätten der Metallverarbeitung entfernt hatten, wurde die Luft nicht nur kühler, sondern auch immer dünner und schaler. Der Schein der im Fels angebrachten Leuchten, obgleich diese reichlich an der Zahl waren, reichte kaum noch aus, um einem Menschen eine halbwegs ausreichende Sicht zu gewährleisten, und so war Braccas gezwungen, langsam und mit Bedacht zu gehen, um nicht ständig über emporragende Steine und Kanten zu stolpern.
Als sie an einem offenen Bereich vorüberkamen, in welchem mehrere dunkle Brunnenschächte eine abgrundtiefe Leere verströmten, beschleunigte Dwari mit einem Mal seine Schritte.
„Aus schwarzen Löchern und Schächten wie diesen krochen einst die Unterirdischen, diese scheußlichen Kreaturen, die Ihr die Ghuls nennt, hervor und überfielen unsere nichtsahnenden Vorfahren. Erst nach einem langen und harten Kampf gelang es meinem Volk, die Feinde zu töten und sie zu den dunklen Orte, von denen sie entstammten, zurückzutreiben. Seither kehrten sie nicht wieder, aber wenn ich an unsere Begegnungen im Wächtergebirge zurückdenke, sollte ich Bragi wohl vorschlagen, dass wir die Wachen hier unten verstärken und alle möglichen Einlässe verbarrikadieren oder zerstören.“
Braccas Rotbart wurde sogleich von Neugierde gepackt und ging einen Schritt näher auf einen der gähnenden, nicht sehr großen und deshalb wenig auffälligen Schlünde zu, die in jene Umgebung ebenso wenig zu gehören schienen wie Mäuselöcher oder Maulwurfhügel in einen gepflegten Garten. Sofort darauf spürte er, wie ein kalter Sog aus der Tiefe sein Gesicht und seine Hände berührte und einen ekligen, fauligen Atem mit sich führte. Unwillkürlich abgestoßen, wich er zurück und fühlte kein Verlangen mehr, sich die Öffnungen näher zu betrachten.
„Wahrhaftig, selbst einem alten Herumtreiber wie mir ist nicht wohl dabei, sich diesen Löchern zu nähern, auch wenn es kaum vorstellbar scheint, dass diese auf verschlungenen Pfaden geradewegs bis nach Utgorth führen. Aber wer von uns weiß schon, welche Gefahren sich in einer solch namenlosen, uralten Tiefe verbergen? Auf jeden Fall solltet Ihr gut daran tun, diese Zugänge zu verschütten und zu verhindern, dass etwas, das dort unten wohnt, den Weg in Eure Behausungen findet“, sagte der Mensch.
Sie mussten nicht sehr viel weiter gehen, um bald einen großen Durchgang zu finden, der sie in ein ausgedehntes Gewölbe geleitete. Dort fanden sie viele Wachen vor und etliche Arbeiter mit teilweise rußgeschwärzten Gesichtern, die sich zwischen den erheblichen Anstrengungen, die ihr Beruf mit sich brachte, eine kurze Erholung gönnten. Weiterhin waren einige Zwerge damit beschäftigt, eine Unmenge an Juwelen und Edelmetallen sorgsam von weniger kostbaren Materialien zu trennen, zu horten und für den Abtransport und die spätere Bearbeitung bereit zu machen. Über all dem hing ein zu keiner Zeit des Tages endendes Klopfen, Hämmern und Scharren von den in den Minen gebräuchlichen Werkzeugen wie Spitzhacken, Hammer und Meißel.
Am anderen Ende des Raumes, der eine Vorhalle der eigentlichen Mine darstellte, schloss sich eine weite Schlucht an, von der aus wiederum mehrere Schächte in dunkle, von oberhalb nicht einsehbare Bereiche des Gebirges führten. Einige derselben verliefen gerade, sodass man sie begehen oder – wenn sie minderer Höhe waren – dort hineinkriechen konnte, während andere schräg beschaffen waren oder gar senkrecht in die Tiefe abfielen. Diejenigen Schürfer, die ein solch starkes Gefälle zu bewältigen hatten, waren durch Seile gesichert, die sie vor ihrem Abstieg wiederholt auf ihre Reißfestigkeit überprüften.
Alles in allem stand dieser Ort gänzlich im Zeichen von Mühsal und Schweiß und damit erheblich im Gegensatz zu dem Prunk, den man etwa in der Hêled-Kalûm finden konnte.
„Wir befinden uns nun nicht mehr unter dem Blauen Berg, sondern weiter südöstlich, in den
Milômbur-Roril
, den
Eisenbergen
“, sagte Dwari zu seinem menschlichen Begleiter. „Dies hier ist eine Diamantmine, in der zusätzlich kleinere Gold- und Silberadern verlaufen. Sie ist schon seit langer Zeit sehr ergiebig, doch wird der Abbau ihrer Schätze zusehends schwieriger und gefährlicher, da sich unsere Arbeiter in den engen Tunneln und Schächten immer tiefer in den Fels begeben müssen.“
Die Gier der Zwerge ist wahrhaftig mehr als bloß ein Gerücht
..., dachte Braccas bei sich.
Anschließend
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