Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
seinen Schlund zu einem triumphierenden Grinsen verzerrte und seine gebleckten Zähne entblößte, befreite er den klobigen Spieß und richtete ihn mit beiden Klauen in die Höhe, um ihn anschließend erneut mit roher Gewalt zu senken und sein Werk zu vollenden.
Wie ein eiliger Wind, der in einzelnen, höchst zerstörerischen Wirbeln daherkam, flog plötzlich eine geschleuderte Kriegsaxt heran, sich viele Male um die eigene Achse drehend und letztendlich dennoch sicher ihr Ziel findend. Mit ungeheurer Wucht traf das schon schartige Blatt auf das weiche, wirbellose, wenn auch nicht minder widerstandsfähige Haupt des Ghuls, grub sich tief in dessen Gehirnmasse hinein und spaltete es vom Nacken bis zu Nase und Kinn in zwei gleichartige Hälften.
Kaum war die unschädlich gemachte Kreatur vornüber in den trüben Schnee gekippt, da war auch schon Dwari zur Stelle, welcher der Urheber des Wurfes gewesen war. Und obgleich seine Fehde mit Bolombur unvergessen war, zweifelte doch niemand an der Aufrichtigkeit seines Mitgefühls mit seinem Rivalen, der immerhin einer der bedeutsamsten Anführer des Zwergengeschlechts dieser Tage war. Neben ihm her kam Boîmbur, der Sohn des Versehrten, das Gesicht, das er nun von seiner Maske befreite, über alle Maßen von Sorge gezeichnet.
„Vater!“, stieß Boîmbur mit großer Bestürzung hervor, als er das Unglück seines Vaters gewahrte und an Dwaris Seite neben den tödlich Verwundeten zum knien kam.
„Mein ... Sohn ...“, brachte Bolombur unter größter Überwindung hervor. Dabei fühlte er die Anwesenheit seines engsten Verwandten vermutlich mehr als dass er sie auf sonstige Weise wahrnahm, denn es gelang ihm nicht mehr, seinen Kopf zu erheben, und seine Augen blickten unter ihren buschigen Brauen starr und glasig in den düsteren Himmel empor. „Einigkeit ist nun die einzige Hoffnung für uns Zwerge ..., darum bediene dich ihrer weiser, als ich es getan habe, und beende den Zwist innerhalb unseres Volkes! Lass Dwari den Gürtel Bragis mit dem dibilnâla tragen, und halte ihm die Treue, so wie ein aufrechter Zwerg seinem König nachfolgen sollte! …” Danach verstummte er, seine Glieder erschlafften, und das Leben verließ ihn.
Boîmbur, der bis zuletzt die Hand des Gestorbenen gehalten hatte, stand auf und suchte mit seinen Blicken, bis er Gorin, den nahen Verwandten des alten Mellwin, fand. Diesem war nach dem Tod König Bragi Stahlhammers die Verantwortung zugefallen, über dessen Insignien und so auch über den einzigartigen Edelstein als mächtigsten Wahrzeichen der Herrschaft über das Volk Zwergenauens zu wachen.
„Gorin, war es nicht deine Aufgabe, den dibil-nâla bis zur Ankunft eines neuen Königs zu verwahren?”, fragte er. „Ich denke, du bist nun davon entbunden, denn mein Vater ist tot, und es gibt keinen Wettstreit um die Nachfolge Bragis mehr. Nichts hält dich daher länger davon ab, sein Erbe an Dwari weiterzureichen. Vielleicht vermag uns dies außerdem einen entscheidenden Vorteil in dieser Schlacht zu bringen, womit das Opfer, das mein Vater brachte, immerhin nicht ganz vergebens gewesen wäre.“
Gorin nickte, eilte hinfort und kehrte schon kurze Zeit darauf mit einem verschnürten Bündel zurück, welches er rasch und dennoch vorsichtig und repektvoll öffnete. Zum Vorschein kam der Kriegsgürtel des kürzlich getöteten Königs, verziert von Flammenranken und einer steinernen Schnalle, auf welcher wiederum ein prunkvolles Tigereisen prangte. Der Zwerg verlor keine Zeit und reichte den Gegenstand an Dwari weiter, der sich angesichts der Ehre, die ihm so unerwartet zuteil wurde, nicht ganz wohl in seiner Haut zu fühlen schien.
„Meint Ihr wirklich, dass es eine gute Idee ist, ausgerechnet jetzt das Erbe meines Vetters anzutreten?”, meinte er vielsagend und verzog unschlüssig das Gesicht. „Ich weiß nicht einmal, ob mir der Gürtel passt, schließlich bin ich deutlich schlanker, als es Bragi war!“
Irgendjemand war ihm jedoch behilflich, und so ward ihm die breite Koppel plötzlich um die Hüfte geschlungen. Augenblicklich, da dies der Fall war, entfachte der Edelstein, den er somit an sich trug, einen weiten Leuchtkegel aus gelben und braunen Tönen nach allen Richtungen hin. Dies, was den Angehörigen der freien Völker Arthiliens unbeschreiblich bemerkenswert und prächtig erschien, wirkte auf die Wesen Tuors wie das Losbrechen einer Flut, die über sie kam, um sie zu ertränken und die Erde reinzuwaschen von dem Hass, mit dem man
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