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Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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wenig enger zu ziehen.
    Sanae konnte sich nicht daran erinnern, ein so rasch fortschreitendes Naturphänomen wie das gegenwärtige Heraufziehen des Nebels und der eisigen Kälte schon einmal gesehen zu haben. Und sie wusste mit Sicherheit, dass ihr irgendetwas daran nicht gefiel.
    „Willst du mir nicht erzählen, was dich bedrückt?“, fragte Benelot unvermittelt. „Ich meine, immerhin sind wir gegenseitig unsere nächsten Verwandten und stehen als solche in einem gewissen Vertrauensverhältnis. Und wenn ich meine Hilfe anbieten kann ...“
    „Es ist nichts, Onkel, jedenfalls nichts, wobei die Hilfe von irgendjemandem derzeit nützlich sein könnte.“ Bedächtig wandte sie sich zu ihrer rechten Seite hin um und sah dem König ins Gesicht. „Du erinnerst dich, dass ich Euch berichtet habe von der Schlacht gegen die Orks vor den Toren Lemurias. Sie endete siegreich, und die überlebenden Angreifer wurden zurück in das Orkland getrieben, soweit wir wissen, und dennoch lässt mich die Gewissheit nicht los, dass ein neuer, noch weitaus größerer Krieg heraufzieht, einer, der dieses Mal auch unser Reich nicht übersehen und ungeschoren lassen wird! Und wenn ich sehe, dass die meisten unserer Landsleute ausschließlich damit beschäftigt sind, ihre Reichtümer zu horten, zu mehren und zu genießen, und sie ihr Augenmerk für alle unguten Entwicklungen außerhalb unserer Mauern verschließen, sollte dir meine Besorgtheit einleuchtend erscheinen!“
    Der ältere Mann schien für einen Augenblick bestürzt oder wenigstens sprachlos zu sein, allerdings mehr ob der plötzlich zum Ausbruch gekommenen Erregtheit seiner Nichte als aufgrund des Inhalts ihrer Äußerungen. Dann aber fing er sich und suchte nach den richtigen Worten für eine angemessenen Antwort.
    „Aber sagst du nicht selbst, dass diese grünhäutigen Kreaturen in ihre Heimat zurückgekehrt sind? Und wer sollte uns hier im hohen Norden bedrohen, ohne dass er zuerst den Widerstand der anderen Reiche zu überwinden hätte? Oger vielleicht? Oder diese Ghuls, denen du und deine Gefährten im Milmondo Mirnor begegnet sind und die in dessen Tiefen graben?“ An dieser Stelle nahm Benelot tief Luft und änderte seinen besorgten, unverständigen Gesichtsausdruck in einen beinahe väterlichen, seine jüngere Gesprächspartnerin umsorgenden Blick, den zusätzlich ein Lächeln umspielte. „Mein Kind, du hast viel erlebt während dieser Reise nach Lemuria und in die Wildnis, und wir sind alle sehr stolz auf dich, obwohl uns wohler ums Herz gewesen wäre, wenn du diese abscheulichen Gefahren nicht auf dich genommen und dich stattdessen mit schöneren Dingen befasst hättest. Doch sei’s drum, du hast dem Tod ins Auge geblickt und musstest viel Leid mitansehen; nun jedoch ist es an der Zeit, dies hinter dir zu lassen und dich an freudigeren Gedanken zu erwärmen, wie ich finde.“
    Behutsam legte der König die Hand auf die Schulter seiner Nichte und sah sie sowohl mitleidig als auch ermunternd an.
    „Ich habe Angst, Onkel“, entgegnete Sanae nach einigen Augenblicken der Stille mit leiser Stimme. „Angst um Engat Lum, Angst um uns Menschen und um alles in Arthilien, das sich seines Lebens und seiner Freiheit erfreut. Es ist ...“
    Plötzlich fuhr sie herum. Irgendetwas hatte ihr Herz gerade wie ein kalter Luftzug gestreift, sodass ihr das Atmen mit einem Mal so schwer fiel, als hätte sie dabei ein beträchtliches Gewicht zu stemmen. Zitternd schaute sie sich um, blickte über die Brüstung des Balkons nach Norden und Osten hinweg und spürte die bittere Gewissheit dessen, was sie schon eine ganze Weile als unaussprechliches Ahnen in sich getragen hatte.
    Feinde waren in der Stadt.
    „Sanae, was ist mit dir?“, fragte König Benelot und erschauderte dabei, vielleicht da auch ihn nun ein Anflug von Wissen überkam.
    In diesem Augenblick drangen aus nördlicher Richtung Schreie herüber. Es waren die Schreie vieler Menschen, die offenbarten, dass die friedliche, liebgewonnene Abgeschiedenheit derEngat Lumer von allen Sorgen und Nöten der übrigen Welt die längste Zeit über bestanden hatten.
    Ohne zu antworten, stürzte Sanae über die langen Korridore und Treppen des Königspalastes ins Freie hinaus und hielt ihr Schwert längst gezückt, als sie in den Nebel eintauchte.
    *
    Der dichte Vorhang aus grauen Wolken, der den Horizont schon seit den frühen Morgenstunden bedeckte, lichtete sich unverhofft ein wenig. Kurzerhand zeigte sich die Sonne in einem rostroten

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