Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
die klugen Gewächse, die in diesem Tal gediehen, die Person, die sie so viele Jahrhunderte lang in ihrer Mitte geduldet hatten, so sehr ins Herz geschlossen, dass sie ihr auf diese Weise, indem sie ihren geschundenen Körper in ein natürliches Leichengewand hüllten, die letzte Ehre erwiesen.
Illidor verharrte für eine Weile, dann drückte er die stacheligen Arme der Rosen, die das Antlitz seines älteren Bruders zuvor verhüllt hatten, sanft und sorgfältig wieder in ihre alte Stellung zurück.
„Wohlan denn“, sagte er zu seinen Gefährten, als er sich erhob, „hier gibt es nichts mehr für uns zu tun. Gleichwohl ist Euer Plan bislang aufgegangen. Nehmen wir die Fährte dieses Untieres auf, und versuchen wir, unser Volk vor einem Schicksal zu bewahren, das es fürwahr nicht verdient hat.“
Während er auf diese Weise sprach, sahen die anderen mit Verblüffung, dass im rechten Augenwinkel des angeblich so mitleidlosen Elben eine kleine, schimmernde Träne einen unergründlichen See bildete.
*
Nachdem Eldorin, Nurofin, Illidor, Ulven und Marcius das Uilas Rila wieder verlassen hatten, machten sie sich zunächst auf die Suche nach einem Hinweis auf den weiteren Weg, den der Vancor genommen hatte. Sie taten dies sicherheitshalber, obwohl sie davon überzeugt waren, dass das Ziel des Dämons einzig Aím Tinnod, der verborgene Wohnort des Elbenvolkes innerhalb des Ered Fuíls, sein konnte. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, ehe Nurofin, der im Auffinden von Spuren eine große Geschicklichkeit besaß, auf Paare von sehr tiefen Eindrücken im Erdreich stieß, die sich von den häufig vorkommenden Tierfährten deutlich unterschieden. Wer immer hier gewandelt war, hatte dies auf zwei Beinen getan, Füße oder Schuhe besessen, welche die Formung vorne gespaltener Hufe aufwiesen, und außerdem über enorme Größe und Gewicht verfügt.
„Die Spur führt nach Westen, so wie wir es vermutet hatten“, sagte der Nolori zu seinen Begleitern. „Sie ist wenigstens zwei Wochen alt, sodass der Vancor nach der Tötung Furiors mit seinem Aufbruch wohl nicht gezögert hat. Außerdem macht er große Schritte, was ihm einen gehörigen Vorsprung vor uns eingebracht hat, auch wenn er, soweit wir von seinesgleichen wissen, nur des Nachts zu gehen vermag. Der Wind muss von nun an unser Gefährte sein und unsere Pferde so geschwind dahinreiten lassen wie ein wendiges Schiff auf einem reißenden Fluss in Stromrichtung segelt.“
Die Jagd hatte begonnen.
Die darauffolgenden Tage ritten die Gefährten schnell, wenn die Fährte sie über offenes Land führte, doch folgten sie ihr vorsichtig, wenn diese vorübergehend in Wald oder felsiges Gelände eintauchte, da sie einen Hinterhalt fürchteten. Oft verließen die Elben ihre Reittiere, bückten sich und suchten den Boden ab, jeweils rasch, aber gründlich, sodass ihnen gewiss kein Hinweis, der nützlich sein konnte, entging.
Am kraftlosen Glanz des Tageslichtes konnte man erkennen, dass der Herbst seine erste Hälfte längst überschritten hatte, doch war dies nicht die schlimmste aller Wahrnehmungen, denen sie ausgesetzt waren. Eine kalte, boshafte Drohung schien die ganze Zeit über in der Landschaft zu hängen und von den Überbleibseln ihres Feindes auszugehen. Ferner ließ irgendetwas sie erahnen, dass dieser längst über ihre Pläne Bescheid wusste und selbst den Zeitpunkt bestimmte, an welcher er die Falle über ihnen zuschnappen ließ. Jeder der Angehörigen der Gemeinschaft versuchte für sich, jene angstvollen und entmutigenden Gedanken zu verscheuchen, doch blieben sie stets darauf gefasst, jederzeit auf eine Gefahr zu stoßen, die ihnen alles an Mut und Kräften abverlangen würde.
Während ihres Rittes nach Westen waren polierte Flüsse und schimmernde Seen flüchtig zu erblicken, doch hatten sie kein Auge für ihre Umgebung, obwohl Ulven und Marcius diese bei anderer Gelegenheit sicherlich interessant gefunden hätten, denn ihre Route unterschied sich deutlich von derjenigen, die sie auf ihrem Hinweg in das Uilas Rila genommen hatten. Letztendlich jedoch überquerten sie den Filidël wiederum an der großen Furt, die sie nun bereits kannten. Dies zeigte ihnen, dass der Vancor sich keineswegs davor scheute, vielbegangene Wege und Plätze zu gebrauchen und anderen Geschöpfen sein furchtbares Antlitz zu offenbaren.
Es war nach Ansicht der Elben der letzte Tag, ehe sie den Stillen Wald und damit das endgültige Ziel ihrer Reise erreichen würden. Sie befanden
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