Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
sich, als der Abend dämmerte, gerade ineiner breiten Landfalte, deren beiden Hänge von lichten Baumzeilen bestanden waren, als einzelne Regentropfen sich zu einem stärkeren Guss vereinten. Das weitere Vorankommen schien somit ungemütlich zu werden. Da die Sonne sich überdies anschickte, am Horizont schon bald in einem Glutball unterzugehen, entschlossen sich die Gefährten zu einer letzten Rast, ehe die unvermeidliche Entscheidung über ihr weiteres Schicksal sie erwarten würde.
Kaum hatten sie sich dazu entschlossen, ließ der Niederschlag auch schon wieder nach und rückte die Farben der abendlichen Sonne in ein noch eindringlicheres Licht.
Am Rand einer Hecke aus Rhododendren, Hortensien und Koniferen, die sich die links von ihnen liegende Flanke des Tales hinaufzog, entzündeten sie ein Feuer und setzten sich im Kreis darum. Eldorin und Nurofin begannen zaghaft, über belanglose Dinge, wie die Art der Pflanzen und Bäume an diesem Platz oder das Glück, das sie während ihres bisherigen Reiseverlaufs mit Wind und Wetter hatten, zu sprechen, um eine gelöstere Stimmung zu schaffen. Jedoch blieb ihr Erfolg bescheiden.
Illidor hatte sich merklich verändert, seitdem er den Leichnam seines Bruders, den er während dessen Lebzeiten in höchstem Maße bewundert und der immer zu ihm gestanden hatte, gesehen und dessen schwarzes Schwert in seine Obhut genommen hatte. Noch immer wirkte er teilnahmslos und abweisend in einigen Situation, doch war sein Verhalten nun nicht mehr gepaart mit Hochmut sondern vielmehr mit tiefer Nachdenklichkeit.
Marcius und Ulven, dessen braunen Haare mittlerweile deutlich länger als noch einige Monate zuvor gewachsen waren, wirkten müde nach all den Strapazen, die sie an der Seite der Elben und Orks und schon vorher erlebt hatten. Immer wieder musste sich Eldorin in Erinnerung rufen, dass Menschen nicht über die elbische Leichtfüßigkeit oder deren Gabe, bei Bedarf mit einem äußerst geringen Maß an Nahrung und Schlaf auszukommen, verfügten.
„Es tut mir leid“, sagte Eldorin zu den jungen Rhodrimn, als diese Erkenntnis wieder einmal in ihm aufstieg, „wir haben den ganzen Tag noch nichts gegessen, und ich vergaß, dass zwar uns Elben dadurch kein Nachteil entstehen mag, die Körper von Euch Menschen aber sehr wohl auf tägliche Nahrung angewiesen sind. Und niemals kann eine solche Schwächung unwillkommener sein als kurz, ehe das Aufeinandertreffen mit einem starken Gegner bevorsteht.“ Er ging zu seinem schönen Isabell, holte von dort seine Tasche und nahm daraus fünf in Eichenblätter eingewickelte Backwerke hervor. „So lasst uns alle etwas essen, denn die letzten Talas, die wir bei uns haben, sind fünf an der Zahl und scheinen für uns gerade abgezählt zu sein. Sie begleiten uns schon seit einiger Zeit, doch sollten weder ihre Nahrhaftigkeit noch ihr guter Geschmack dadurch gelitten haben.“
Die beiden Menschen nahmen die elbische Kost dankbar entgegen, denn fürwahr wurden sie seit Stunden schon von einem schlimmen Hunger geplagt, auch wenn ihr Stolz ihnen verboten hatte, dies zur Sprache zu bringen. Schließlich wollten sie ihren Freunden helfen und ihnen nicht in irgendeiner Weise zur Last fallen, wie sie fanden.
Nachdem sie die rundförmigen, durch Öle konservierten und durch zahlreiche seltene Kräuter verfeinerten Laibe genossen hatten, besserte sich ihre Stimmung augenblicklich und sie hielten sich nicht mehr mit Fragen zurück, deren Antworten sie die ganze Zeit schon interessierten. Vor allem wollten sie mehr über den Ered Fuíl erfahren, dessen Bekanntschaft sie schon einmal gemacht und den sie angesichts dessen nicht in bester Erinnerung behalten hatten.
Eldorin und Nurofin freuten sich über das Interesse der Menschen und die Ablenkung, die sie dadurch von ihrem unerfreulichen Auftrag erfuhren. Bald erzählten sie, wie ihr Volk vor langer Zeit nach der Flucht vor den Ogern das erste Mal in dem sonderbaren Hain angekommen war und sich mit dem Misstrauen der uralten Bäume auseinandersetzen musste, bald berichteten sie mit ihren wohlklingenden Stimmen von Aím Tinnod, dem wunderbaren Land, das sie fortan besiedelten. Sie versprachen ihren jungen Freunden mit großer Vorfreude, ihnen als erste Angehörige des menschlichen Volkes ihre Heimat zu zeigen, sobald sich die Zeit dafür ergeben würde. Auch ließen sie Vello Wisantor nicht unerwähnt, den wahren Herrn des Stillen Waldes, unter dessen Schutz die Lindar und Nolori standen und welcher der
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