Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
einem grauen Hintergrund, nicht wirklich bedrohlich, doch auch keinerlei Trost oder Geborgenheit spendend.
Als sie einen Platz erreichten, an dem sich der Wald nach beiden Seiten hin einige Schritt weit öffnete, setzten sie sich auf ein paar moosbedeckte Steine, um sich ein wenig auszuruhen. Widerwillig entschlossen sie sich dazu, ihre Jagd vorerst ruhen zu lassen, denn wenn sie schon bei Tage nicht die winzigste Spur ihres Gegners zu sichten vermochten, so würde ihnen die Dunkelheit kaum einen größeren Erfolg verheißen.
Wortlos beobachteten sie die verblassenden Sonnenflecken auf dem Gras und die Schatten der Wolken, die über den Grund der kleinen Lichtung hinwegsegelten und bald kaum noch zu sehen waren. Gleichzeitig wurde die Nacht immer schwärzer, und einige der Gefährten betteten sich zur Ruhe, erschöpft und hungrig, denn immerhin hatten sie seit dem vergangenen Abend nichts gegessen.
Zuerst vernahm Nurofin nichts weiter als den Wind, der ganz in der Nähe durch den Wald wehte, kaum mehr als ein schwaches Lüftchen, das in den Blättern wisperte. Irgendetwas sagte ihm jedoch, dass hinter jener Erscheinung eine tiefere Ursache steckte.
Dann ertönte ein leises Zischen. In einer gewöhnlichen Umgebung hätte man es für ein natürliches Geräusch halten können, für den Stillen Wald jedoch war es ungewohnt. Wie um jeden Zweifel zu zerstreuen, erklang das Zischen neuerlich, wiederholte sich mehrfach, ein Mal länger, ein anderes Mal kürzer.
Vielleicht handelte es sich um die Äußerung eines der seltenen Tiere des Ered Fuíls. Ebenso gut konnten die Laute aber auch von dem Dämon herrühren.
Der Nolori war zu diesem Zeitpunkt der einzige, der wachend und nachsinnend herumwanderte. Eldorin hingegen saß auf einem der mit Moos begrünten Findlinge und war wie zum Schlummer in sich versunken, während sich die anderen auf der überwiegend wurzeldurchwirkten Erde zusammengerollt hatten. Nun aber schlugen sie mit einem Mal allesamt die Augen auf, so ob sie sich lautlos darüber verständigt hätten oder aber eine innerliche Stimme sie zur gleichen Zeit gerufen hätte. Jeder von ihnen hörte sein Herz pochen, denn sie alle empfanden eine seltsame, Gefahr verheißende Erwartung. Und obwohl sie sich selbst gerne von etwas anderem überzeugt hätten, wussten sie, dass sich ihnen etwas näherte, etwas, das eine Macht besaß, die gleichermaßen gewaltig und bedrohlich war und nur aus undurchschaubaren Gründen bislang noch verborgen gehalten wurde.
Plötzlich schüttelte ein großer Nadelbaum, der sich einige Dutzend Fuß zur Rechten der Elben und der Menschen befand, seine gewaltigen Äste, so als wäre er ein Lebewesen, das ein Laut oder die Gegenwart von irgendjemandem aufgeschreckt hate. Sofort wirbelten alle in jene Richtung herum.
Das, was die Angehörigen der Gemeinschaft dort sahen, ließ ihnen für mehr als einen Augenblick das Mark in den Knochen erstarren.
Dort, wo die Bäume am dichtesten standen, glänzten unter dem Schirm aus herbstbraunen Blättern und Nadeln Augen im Schein des fahlen, nächtlichen Lichtes. Ihr rotes Erglühen hob sich wie ein loderndes Feuer in einem steinernen Kamin vom Dunkel ihrer Umgebung ab. Hinter ihrer rissigen, schwarzgeäderten Oberfläche schien ein Abgrund wie ein gewaltiger Brunnenschacht zu gähnen und in eine unergründliche Tiefe hinabzuführen, angereichert mit den Erinnerungen unendlich vieler Zeitalter. Ansonsten waren das, was sie widerspiegelten, nicht einfach die Instinkte eines wilden Tieres, das aus Hunger auf Beutezug war, sondern eine Grausamkeit, deren Maß unfassbar war und die sich paarte mit einem klugen, beharrlichen Denken.
Die Bestie nickte mit dem Kopf und entblößte eine Reihe nadelspitzer Zähne zu einem Grinsen, so als grüße sie spöttisch. Dann verschwamm sie wieder mit den Schatten der Umgebung und ließ einen Kälteschauer wie von einer eisig kalten Winterbrise und außerdem einen fauligen Geruch nach verwestem Fleisch zurück.
„Ihm hinterher!“, rief Nurofin. „Er hat lange genug sein Spiel mit uns getrieben!“
Mit diesen Worten sprang der Nolori als erster der Elben und Menschen zwischen die Bäume und Äste an diejenige Stelle, an welcher unmittelbar zuvor noch der Vancor gestanden hatte. Dann verschwand auch er, vom Jagdfieber gepackt und die warnenden Stimmen der anderen nicht hörend, in den wabernden Schatten.
Eldorin, Illidor, Ulven und Marcius hatten sich mittlerweile gerüstet und versuchten, Nurofin zu folgen,
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