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Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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Schmuckborte. Ein Kranz aus hauchzarten, gelben Sidhurnas-Blättern, die miteinander durch ein braunes Band verwoben waren, ruhte auf ihrer Stirn und über ihren spitz zulaufenden Ohren. Dazwischen wallte ihr glattes Haar hinab, welches eine Bräune wie die eines jungen Haselnussstrauches aufwies und in dem gegenwärtig das rotgoldene Licht des Kaminfeuers schimmerte. Ein leichter Windzug, der durch das undichte Astwerk, das Wände und Decke bildete, hereinblies, fächelte über ihr schmales Gesicht und ihre in einer makellosen Blässe erstrahlende Haut. Ihre Züge waren alterslos, und ihre Miene zeigte ein Lächeln, das geduldig und aufrichtig war und darauf hoffen ließ, dass sie eine frohe Botschaft mit sich brachte. Alles in allem erweckte sie bei den beiden jungen Rhodrimn den Eindruck, dass sie auf eine seltsame, bemerkenswerte Weise Schlichtheit, Eleganz und Geheimnis miteinander zu vereinen wusste.
    Das jedoch, was an ihrer Erscheinung die Aufmerksamkeit der versammelten Elben vielleicht am meisten gefangen nahm, war ein großer Edelstein, den die Herrin der Nolori an einer langen, goldenen Kette um ihren Hals trug und der vor ihren Brüsten baumelte. Es war ein Lapislazuli, dessen bläulich-violettes Antlitz mit einer geradezu unfassbaren Macht und Inbrunst strahlte und der den unbedingten Anschein von Leben und Bewusstheit erweckte. Es war gerade so, als ob Aldu persönlich durch ihn schaute und sich ihm wie ein Fenster bediente, welches ihm von einer Welt in die andere zu blicken erlaubte.
    Sicheren, lautlosen Schrittes und mit einem Lächeln, das vermuten ließ, dass sie sich der Beachtung, die man ihr schenkte, wohl bewusst war, passierte Nimroël die Elben und Menschen, die in dem edlen Gemach verteilt saßen. Schließlich ließ sie sich auf dem freien Thron an der rechten Seite ihres Gemahls nieder. Auch er bedachte sie mit einem Interesse, das er nur unzureichend verbarg, so als ob er sie gerade das erste Mal in seinem Leben erblickte. Gleichzeitig aber wirkte er augenblicklich etwas gelöster und weniger bekümmert als noch einige Augenblicke zuvor.
    „Ihr kennt die Geschichte dieses Juwels sicherlich nicht, unsere menschlichen Gäste, und könnt darum die Zuwendung, die man ihm bei unserem Volk entgegenbringt, nur schwerlich verstehen“, setzte die Gattin Thingors zu einer Erläuterung an, die sich auf das Kleinod bezog, das sie als Schmuck trug. „Vor langer Zeit, als wir Elben soeben an den Gestaden Arthiliens gelandet waren, entschloss sich Aldu, drei Edelsteine mit einer unsäglichen Macht zu versehen und diese drei seiner liebsten Völker anzuvertrauen. Auf diese Weise wollte er dafür Sorge tragen, dass Harmonie, Frieden und Gleichgewicht geschaffen und auf Dauer Bestand haben würden. Ferner, so sagt man, wohnt diesen drei Gaben die Eigenheit inne, dass derjenige, der sie zusammenführt, mit ihrer Hilfe selbst den übelsten Mächten Tuors, des großen Feindes der Schöpfung, gewachsen ist. Auch aus diesem Grund kommt ihnen eine kaum zu schätzende Bedeutung zu.
    Diesen Stein, den Ihr hier seht, ist der erste der drei, ein Lapislazuli, so blau wie das ewige Wasser, welches alles Leben einst gebar und das die Kontinente formte. Wir nennen ihn
simbelya pennín

reinstes aller Juwele
. Uns Elben hat man ihn vor vielen Tagen anvertraut, und die Lindar und Nolori ließen daraufhin mir die Ehre zuteil werden, als seine Hüterin zu dienen. Der zweite der Steine Aldus ist ein Tigereisen, gelb und braun schimmernd wie gute Erde und Fels, ohne die weder Elben noch andere Lebewesen dauerhaft existieren könnten. Dieser wurde Borgin für die Zwerge gegeben. Hingegen gibt es über den Aufenthaltsort des dritten, eines Jaspis, der so rot leuchtet wie die Sonne, ohne die nichts wachsen und gedeihen kann, keine Gewissheit, auch wenn ich eine gewisse Vermutung darüber hege.
    Weiterhin hat es sich ergeben, dass ich erst kürzlich eine dritte Kraft und Bedeutung dieses einen, der Obhut unseres Volkes überlassenen Steines gefunden habe. Wie ich nämlich mehr aus Zufall, denn aus Erwartung, wie ich gerne zugebe, feststellte, verschafft er mir die Gelegenheit, über eine innere Stimme Dinge zu erfahren, die entweder vergangen oder zukünftig sind oder aber sich gegenwärtig sehr weit entfernt zutragen. Zudem verhilft er mir bisweilen, vor allem, wenn die Umstände dies verlangen, dazu, meine Gedanken mit verschiedenen anderen Wesenheiten austauschen, die teils lebendiger, teils sogar höherer Natur sind.

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