Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
hineingeritten hast, Braccas Rotbart!“
Braccas reagierte nicht auf das Nörgeln seines Freundes, denn er war damit beschäftigt, ihre nähere Umgebung zu beobachten. Noch immer wimmelten dort einige Kreaturen durch die Gegend, die sie für keine Sekunde aus den Augen ließen. Wie man hin und wieder erkennen konnte, besaßen sie längliche Körper mit vielen Beinen, breiten Mäulern und Fühlern. Vor allem aber fiel ihm auf, dass sie für Insekten oder ähnliches Getier eine geradezu beunruhigende Größe aufwiesen. „Sag, Bamba, gehören diese Viecher, die uns verfolgen, ebenfalls zu deinen Haustieren?“, fragte er schließlich.
„Wie? Oho, ich nehme an, du meinst die
Fieken
, wie wir Oger diese Tiere nennen, Riesentausendfüßer heißen sie, glaube ich, in der Gemeinsamen Sprache. Die sind nur hungrig und haben lange kein frisches Fleisch mehr gekostet, müsst Ihr wissen, doch sie sind lange nicht so gefährlich wie einige andere Bewohner der Marschen und haben außerdem Angst vor Lolo und Oger. Aber Ihr solltet trotzdem aufpassen, ihnen nicht zu nahe zu kommen, einem Verwandten von mir haben sie letztes Jahr einen Finger abgebissen. Allerdings hat er daraufhin einige von ihnen zu Matsch geprügelt und fürchterlich dabei getobt, was wir anderen sehr lustig fanden, hoho!“ Bamba ließ einige tiefe, glucksende Laute vernehmen, die allem Anschein nach ein Lachen darstellten.
„Ogerhumor“, sagte Dwari und schaute sorgenvoll über die Schulter, wo die schwarzen, vielbeinigen Kreaturen weiterhin einen respektvollen Abstand hielten.
Für eine lange Zeit gingen sie, soweit die Gefährten dies zu sagen wussten, in westliche Richtung. Der Regen wurde indessen schwächer, doch wirbelte der Wind reichlich Nebel auf, sodass weiße Schwaden durcheinander wogten und überall um sie herum Strudel bildeten, die ihnen Orientierung und Sicht erschwerten. Alles, was Braccas und Dwari mitunter sahen, waren ganze Felder von Pfeifengras, das über heimtückischen Wasserlöchern und Sümpfen wogte. Dazwischen wuchsen einige ausgemergelte Bäume von gelbgrüner Farbe, die dürre Äste in den Himmel reckten, sowie Stechginster und verschiedene Farnarten. Ferner stoben bisweilen seltene Vögel, wie Kornweihen und Wachtel, in ihrer Nähe gen Himmel auf, und regelmäßig ließ ihr Dahinschreiten viele Wesen, die sich in den undurchdringlichen Dickichten verbargen, raschelnd aus dem Weg huschen. Dabei waren sie sich keineswegs sicher, dass alle derselben harmlos waren.
Plötzlich hielt Dwari abrupt inne und ließ die anderen sich überrascht nach ihm umsehen.
„Ich gehe keinen Schritt weiter in diese Richtung! Sieh doch nur, dort oben!“, sagte er, an seinen menschlichen Freund gerichtet.
In der Ferne waren wie in einem grauen, verwaschenen Nebel die Umrisse einer ausgedehnten Erhebung zu erkennen, eines Gebirges, dessen einzelne Höcker so schroff, unförmig und zerklüftet wie Reihen von heruntergebrannten Kerzen wirkten. Dennoch wiesen sie eine gewisse Gleichförmigkeit und Regelmäßigkeit auf, was ihnen wiederum den Anschein von gemauerten Türmen oder den Zacken einer enormen Krone gab. Die Felsen waren allesamt in einem tiefen, vollkommenen Schwarz gehalten, so als hätte jemand einen riesigen Kessel voll Pech über sie ausgeschüttet. Selbst auf den Gipfeln lag kein Schnee, der die Berge mit einer angenehmeren Farbe bestrichen hätte, was seltsam war, da diese in eine beachtliche Höhe ragten. Zudem war selbst am Fuß der Hänge nicht der leiseste Schimmer von Grün auszumachen, was auf einen Bestand an Bäumen oder Büschen oder anderen Formen von Lebendigkeit hingewiesen hätte.
„Dies ist Kull-Falûm * “, fuhr der Zwerg fort. „Jahrtausendelang haben Drachen in diesem Labyrinth aus zerklüfteten Hügeln gehaust und alles Leben in der Umgebung verbrannt und vernichtet. Auch der alte Fluag und ähnliche seiner Brut, mit denen mein Volk viele Scherereien hatte und die viele meiner Vorfahren getötet haben, kamen aus diesem Gebirge her.“
„Aber du musst zugeben, dass man selbst in dieser Gegend schon lange keine Drachen mehr gesichtet hat“, wandte Braccas ein. „Und abgesehen davon bin ich sicher, dass uns unser Freund hier nicht gerade dorthin führen wird. Mit dieser Annahme gehe ich doch recht, Bamba?“
„Oho, ja natürlich, wir gehen nicht bis an den Rand der Schwarzen Berge. Diese sind im Süden, wir aber gehen von jetzt an nach Norden und sind außerdem bald da. Kommt jetzt, das Unwetter ist noch
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