Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Die zweite Fahrt zur Schatzinsel

Titel: Die zweite Fahrt zur Schatzinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Leeson
Vom Netzwerk:
eigenen Knochenkameraden bei sich bei
Tisch zu behalten, mit aufgelegten Bestecken und allem!
    Dick
Johnson, Tom Morgan, diese Namen schlugen einen vertrauten Ton in meinem
Schädel an. In Master Jims Geschichte wurden drei Männer auf der Schatzinsel
ausgesetzt, als die ganze mörderische Schatzsuche vorbei war. Ich war sicher,
Dick Johnson war einer von ihnen, und etwas Besonderes war mit dem Namen
verbunden. Er hatte etwas Eigentümliches getan, ganz gewiß, aber man hätte mich
erschlagen können, ich konnte mich nicht erinnern, was es war. Und was immer
die andern getan hatten, konnte mir völlig schnuppe sein, denn sie waren jetzt
nichts weiter als ein Beutel voll Knochen. Doch wer hatte sie zu Knochen
gemacht? War es das Werk von Mutter Natur, oder waren es „Suff und Teufel“, wie
es im Lied heißt? Hatte jemand der Natur hilfreich unter die Arme gegriffen?
Wenn ja, dann könnte es Freund Dick sein. Doch wenn er sie umgebracht hatte,
würde er sie dann nicht versteckt, die Leichen beerdigt haben?
    Ich
hatte nicht die Absicht zu bleiben und es herauszufinden und strebte deshalb
zur Laufplanke, als mich etwas anhalten ließ. Unten zwischen den Pflanzen sang
jemand. Eine Stimme, schlimmer als meine, aber die Wörter waren vertraut. Ich
erinnerte mich aus meinen Werkstattagen gut an sie.
    „Alle
Menschen, die auf Erden leben.“ Aber dieser Sänger kam nicht weiter als bis
dorthin. Die nächste Zeile bestand nur aus Lauten, rum-didi-rum und so weiter
durch die Strophe. Dann fing er wieder an mit: „Alle Menschen, die auf…“ und so
weiter. Das Geräusch kam näher. Das Singen hörte auf, dann ertönte eine Stimme
im klagenden Ton eines Pfarrers.
    „O
Herr, öffne du unsere Lippen.“
    Und
eine antwortende Stimme, natürlicher:
    „Und
unser Mund soll dein Lob kundtun.“
    „O Herr la la da da da.“
    „O
Herr la da da da“, und so ging es weiter und kam dabei näher und näher. Dann
wurden die Büsche neben der Laufplanke mit einem: „Lasset uns beten“
auseinander gebogen, und heraus kam ein Mann, lang und dünn, der einen
Ziegenbock wie einen Hund an der Leine führte. Er war so stark von der Sonne
verbrannt, daß man ihn für einen Schwarzen hätte halten können, doch seine
lange, dünne Nase sah mehr wie die eines weißen Mannes aus. Er trug eine Hose
und Jacke aus Ziegenfell, seine Brust war nackt und ebenso braungebrannt wie
sein Gesicht. Haar und Bart waren lang, doch gestutzt und saubergehalten
worden. Wie sein Heim war er auf eine merkwürdige Weise ordentlich. Ich begann,
meine Angst zu verlieren. Ich räusperte mich und wünschte ihm guten Tag. Er
blickte auf und sah mich, winkte aber mit der Hand und antwortete: „Treffe Euch
nach dem Gottesdienst, junger Mann.“
    Damit
schritt er fort und an der Küste entlang, und die Worte des Vaterunser stiegen
hinter ihm auf. Er verschwand hinter den Büschen, und ich begann zu glauben,
daß ich mich vielleicht verdrücken sollte, wenn er wieder auftauchte. Diesmal
sang er wieder, als er in den Büschen auf dem Achterdeck verschwand. Als er
zurückkam, hatte er mit einer Predigt begonnen. Als er zum fünftenmal
vorbeiging, redete er den Gläubigen wegen der faulen Armen und der Belastung
für die Gemeinde ins Gewissen. Es war eine Predigt, die ich oft zu Hause gehört
hatte, und plötzlich war mir alles klar.
    Dick
Johnson lebte wieder in seiner Jugend, in den Tagen, als er ein Junge war,
lange bevor er je ein Matrose und Pirat war. Er mußte glauben, es wäre Sonntag.
Ich dachte einen Augenblick nach. Hol mich der Teufel, wenn er nicht recht
hatte. Es war Sonntag. Das Großartige war, es war Sonntag, und Dick Johnson,
der seit fünfzehn verflixten Jahren auf dieser Insel lebte, wußte es.
    „Nun,
junger Mann, was kann ich für Euch tun?“
    Dort
kam er mit seiner Ziege die Laufplanke hoch.
    „Ihr
seid Dick Johnson, nicht wahr?“ fragte ich.
    Er
hielt dicht vor mir auf der Laufplanke an.
    Es
war, als ob die Erinnerungen aus seinem Kopf verschwunden wären. Er löste die
Muskete, die er sich auf den Rücken gebunden hatte, und sagte: „Wer zum Donner
seid Ihr?“
    „Ich
heiße Tom Carter. Ich habe Schiffbruch erlitten und will Euch nichts Böses.“
Ich hielt die Hände hoch, um zu zeigen, daß sie leer waren und ging ein paar
Schritte rückwärts aufs Deck. Er folgte mir und hielt dann und fing an, mich zu
berühren, hier und dort auf der Brust und im Gesicht.
    „Bist
du wirklich, Tom Carter?“
    „Ebenso
wirklich wie du, Dick

Weitere Kostenlose Bücher