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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Wangenknochen, Kiefer, die Krümmung des Kinns. Und einen Schimmer von goldenem Haar.
    Manchmal kann man ein Lieblingslied erkennen, auch wenn man nur drei Töne hört, weil die Melodie einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen hat. So erkennt er nun in diesem teilweise sichtbaren Profil, das er in einem Huschen von Schatten und Licht erblickt hat, in einer verschwommenen Bewegung, seine geliebte Frau. Unbekannte haben seine Erinnerungen an sie gelöscht, aber die Fotografie, die er gestern gesehen hat, ist in sein Herz eingeprägt.
    Er flüstert: »Paige.«
    Er läßt den Camry an, fährt aus der Parklücke und biegt Richtung Einkaufszentrum ab.
    Die hektargroße Asphaltfläche ist zu dieser frühen Morgenstunde menschenleer, da nur der Supermarkt, ein Imbiß und ein Geschäft für Bürobedarf geöffnet haben. Der BMW rast über den Parkplatz, weicht einer Gruppe geparkter Autos in großem Bogen aus und hält auf die Zufahrtsstraße vor den Geschäften zu. Da biegt er links ab und fährt zum nördlichen Ende des Zentrums.
    Er folgt ihm, aber nicht aggressiv. Wenn er sie verliert, kann er sie aufgrund der geheimnisvollen, aber zuverlässigen Verbindungen zwischen sich und dem verhaßten Mann, der sein Leben übernommen hat, leicht wiederfinden.
    Der BMW erreicht die nördliche Ausfahrt und biegt nach rechts auf die Straße ab. Als er an derselben Kreuzung eintrifft, ist der BMW bereits zwei Querstraßen entfernt und steht kaum sichtbar vor einer roten Ampel.
    Über eine Stunde lang folgt er ihnen diskret auf verschiedenen Straßen, nach Norden auf den Santa Ana und Costa Mesa Freeways, dann nach Osten auf dem Riverside Freeway, wobei er sich weit hinter ihnen hält. Inmitten des dichten morgendlichen Pendlerverkehrs ist sein kleiner Camry so gut wie unsichtbar.
    Auf dem Riverside Freeway, westlich von Corona, stellt er sich vor, daß er den übersinnlichen Strom zwischen sich und dem falschen Vater fließen läßt. Er stellt sich den Dimmer vor und dreht ihn auf fünf Grad von dreihundertsechzig möglichen. Das reicht aus, um die Präsenz des falschen Vaters vor sich im Verkehr zu spüren, aber eine präzise Ortung ist nicht möglich. Sechs Grad, sieben, acht. Acht ist zuviel. Sieben. Sieben ist ideal. Wenn er den Dimmer auf sieben Grad eingestellt läßt, ist der Sog so stark, daß er als Leuchtsignal für ihn dient ohne den Gegner darauf aufmerksam zu machen, daß die Verbindung wiederhergestellt wurde. Im BMW fährt der Betrüger nervös und aufmerksam Richtung Osten, merkt aber nicht, daß er überwacht wird.
    Doch im Kopf des Jägers wird das Signal der Beute empfangen wie ein blinkendes rotes Licht auf einer elektronischen Karte.
    Nachdem es ihm nun gelungen ist, diese seltsame Anziehungskraft zu meistern, kann er vielleicht mit einem gewissen Überraschungseffekt gegen den falschen Vater vorgehen.
    Der Mann im BMW rechnet mit einem Angriff und befindet sich auf der Flucht, um ihm zu entgehen, aber er ist auch gewohnt, daß er vorgewarnt wird. Wenn genügend Zeit ohne eine Störung im Äther verstreicht, wenn er keine beängstigen den Sondierungen mehr spürt, wird er sein Selbstbewußtsein wiedererlangen. Mit wiedererlangtem Selbstbewußtsein wird seine Wachsamkeit nachlassen, und er wird verwundbar werden.
    Der Jäger muß nur auf der Fährte bleiben, der Spur folgen, sich die Zeit vertreiben und auf den geeigneten Augenblick für einen Angriff warten.
    Als sie Riverside passieren, wird der morgendliche Verkehr um sie herum dünner. Er fällt weiter zurück, bis der BMW nur ein fernes, farbloses Pünktchen ist, das manchmal wie ein Trugbild im Flimmern von Sonnenlicht oder Staub verschwindet.
    Weiter nach Norden. Durch San Bernadino. Auf die Interstate 15. In die nördlichen Ausläufer der San Bernadino Mountains. In einer Höhe von vierzehnhundert Metern über den El-Cajon-Paß.
    Wenig später, südlich der Stadt Hesperia, verläßt der BMW die Interstate und folgt dem U.S. Highway 395 in die westlichsten Ausläufer der lebensfeindlichen Mojavewüste. Er folgt ihm, bleibt dabei aber in einer Entfernung, daß sie in dem dunklen Fleck im Rückspiegel unmöglich dasselbe Auto erkennen können, das ihnen nun schon durch drei Countys folgt.
    Nach wenigen Meilen passiert er ein Hinweisschild mit Entfernungsangaben bis Ridecrest, Lone Pine, Bishop und Mammoth Lakes. Mammoth ist am weitesten entfernt – zweihundertzweiundachtzig Meilen.
    Der Name der Stadt weckt sofort Assoziationen bei ihm. Er verfügt über

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